Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
sehr bezweifle, hätte er wahrscheinlich nicht daran gedacht, dass es so viele Fachbegriffe für Maler gibt. Und ehrlich gesagt, würde ich sie selbst nicht kennen, wenn ich mich in den letzten zehn Jahren nicht derart gelangweilt hätte, dass ich alles gelesen habe, was ich in die Finger bekam, ob mich das Thema ursprünglich interessierte oder nicht. Eines der Bücher, die ich im Archiv der Burg fand, war eine rund dreihundert Jahre alte Abhandlung Über die Malkunst. Das Pergament war vergilbt und begann bereits zu zerfallen, ich musste also vorsichtig sein. Und ich glaube nicht, dass außer mir und dem Archivar überhaupt jemand von der Existenz dieser Schrift weiß. Ich habe viele Informationen daraus gezogen, von denen ich nie erwartete, dass ich sie je brauchen würde. Es war ganz lustig, endlich manches davon anwenden zu können.« Sie klang allerdings nicht belustigt, sondern eindeutig unzufrieden. Aber irgendwie beunruhigten Katherine diese Gefühle nicht. Vielleicht war diese Zurückhaltung ein Charakteristikum der Familie. Sie überlegte kurz, ob Herms Bruder, Robert Aldaran, und sein Vater wohl genauso waren.
Katherine versuchte sich ein Leben vorzustellen, das so eingeengt war, wie es das von Gisela zu sein schien, und die Frau tat ihr nicht wenig Leid. »Na, dann kann ich ja froh sein, dass dir langweilig war, denn für mich war es ein Glücksfall. Langweilst du dich denn oft?« Gisela sah sie an, ihre grünen Augen leuchteten im Licht, das durch die Fenster des Gefährts fiel, und es schien, als suchte sie nach einer versteckten Bedeutung in Katherines Worten. »Ja, meistens.« Katherine spürte eine plötzliche Anspannung bei ihrer Schwägerin und erkannte, dass sie vorsichtig zu Werke gehen musste. »Das tut mir Leid, aber ich verstehe es nicht. Ich stelle mir ein Leben in der Burg ziemlich … angenehm vor.« Als Antwort kam ein bitteres Lachen. »Mag sein, dass es dir gefallen würde, mir hat es nie gefallen.« Gisela runzelte die Stirn und schürzte die Lippen. »Ich bin dort, weil Regis Hastur irgendwie garantiert haben wollte, dass sich mein Vater anständig benimmt, nicht, weil man mich dort haben will oder braucht. Mein einziger Zweck ist der einer Schachfigur, und mehr war ich wohl nie – und das macht mich sehr wütend.« »Darüber würde ich mich auch ärgern, Gisela, aber ich verstehe es noch immer nicht ganz.« »Was verstehst du nicht?« Gisela richtete sich auf der Bank auf und verzog das Gesicht zu einer Miene, die Hoffnung und Argwohn zugleich ausdrückte.
Kate fragte sich, was diese offenkundig intelligente Frau wohl so misstrauisch gemacht hatte. »Na ja, warum du glaubst, keinen anderen Zweck als den einer bloßen Schachfigur zu haben, würde ich sagen.« »Ich bin nicht wie du, Katherine, oder wie Marguerida. Ich habe nichts, was mir so viel bedeutet wie dir die Kunst oder Marguerida die Musik. Als ich gesehen habe, wie du mit Meister Gilhooly geredet hast, wie du aufgeblüht bist, das hat mir … einen Stich versetzt.« Sie errötete beschämt und seufzte leise. »Ich bin nicht zu solchen Dingen erzogen worden. Niemand hat mich je dazu ermutigt, mir eine Beschäftigung zu suchen – etwas, das mein Leben mit Leidenschaft und Bedeutung füllen könnte. Mein Vater hat mich sehr verhätschelt, ich glaubte immer, ich könnte alles haben, was ich wollte. Erst Später habe ich begriffen, dass ich nur bekam, was er wollte, Und das auch nur, wenn ich Glück hatte. Ich bin nur eine Frau, und das zählt auf Darkover nicht viel.«
»Inwiefern hattest du dann kein Glück?« Gisela betrachtete sie einen Augenblick. »Interessiert dich das wirklich?« »Natürlich. Warum sollte ich nur so tun?« »Das würdest du wohl kaum, glaube ich. Du bist eine sehr merkwürdige Frau, Kate. Mir fällt niemand ein, der so ist wie du. Ich weiß einfach nicht, was ich von dir halten soll.« »Das ist im Grunde ganz einfach. Du musst nur wissen, dass ich auf Renney zur Welt gekommen bin, wo die Frauen die Zügel der Macht in der Hand halten, und ich habe enorme Schwierigkeiten, Darkover zu verstehen. was du mir auf der Fahrt zur Malergilde erzählt hast, hat mich einigermaßen beunruhigt, und wenn Herm glaubt, ich verwandle mich in eine Art unterwürfige Hausfrau, die ihm ohne zu fragen alle Wünsche erfüllt, dann soll er es lieber gleich sagen, damit ich ihm ein paar anständige Ohrfeigen verpassen kann. Er wirkt jetzt schon so verändert.« »Frauen halten die Zügel der Macht in der Hand … was für
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