Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
eine sonderbare Vorstellung. Hmm. Aber sie gefällt mir. Es klingt sehr verlockend.« Gisela hielt einen Moment inne und schaute nachdenklich. »Ich wette, Herm erzählt dir so manches nicht, wovon du findest, du solltest es wissen. Hab ich Recht?« »Die Dinge, die mir Herm im Laufe unserer Ehe nicht erzählt hat, sind bereits jetzt sehr zahlreich, und ich bin ziemlich wütend auf ihn.« Sie unterbrach sich, bevor sie noch mehr ausplauderte, selbst überrascht von ihrer Offenheit. Sie kannte Gisela nicht sehr gut und hatte bereits erfahren, dass die Frau sehr bösartig sein konnte und bestenfalls eine unsichere Verbündete war. Aber sie musste mit jemandem reden, und bisher hatte sie außer ihrer neuen Schwägerin niemanden gefunden.
»Wir haben bis jetzt eine glückliche Ehe geführt, doch nun fühle ich mich … betrogen.« »Arme Katherine.« In den Worten schien echte Anteilnahme zu liegen. »Herm ist ein guter Mann, aber er war immer recht heimlichtuerisch, schon als Kind. Ich glaube, das war seine Art, mit unserem Vater zurechtzukommen, der selbst zu seinen besten Zeiten ein schwieriger Mensch ist.« Sie lachte freudlos. »Und auf Burg Aldaran gibt es keine guten Zeiten! Schon lange vor meiner Geburt haben die anderen Domänen unserer Familie misstraut und sie ausgestoßen. Das hat meinen Vater zur Weißglut getrieben. Dann beschloss Regis Hastur, man dürfe die Aldarans nicht für Dinge bestrafen, die längst Vergangenheit sind, und seine erste versöhnliche Geste war die Berufung von Hermes in die Abgeordnetenkammer.
Das war nur eine Kleinigkeit und hat meinen Vater nicht zufrieden gestellt, der ein Machtfaktor sein wollte, mit dem man auf Darkover zu rechnen hatte, anstatt wie ein Falke oben in den Hellers zu sitzen. Er hat wohl erwartet, dass Herms Berufung augenblicklich zu Ergebnissen führt, aber das war natürlich nicht der Fall. Und ich glaube auch nicht, dass Vater den Charakter meines Bruders je verstanden hat.« »Und wie ist der?« Katherine zeigte sich jetzt äußerst interessiert. Sicher, Gisela hatte Herm seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen und war einige Jahre jünger als ihr Bruder.
Aber der erste Teil ihres Ausflugs hatte Katherines Meinung über die Frau beträchtlich gebessert. Darüber hinaus war sie immer neugierig auf die Geschichte ihres Mannes gewesen und enttäuscht, dass er nicht mit ihr darüber sprechen wollte.
»Das ist nicht leicht in Worte zu fassen. Ich würde sagen, er ist ein ziemlicher Einzelgänger. Tatsächlich war ich überrascht zu hören, dass er Frau und Kinder hat – das sah dem Hermes, den ich kannte, so gar nicht ähnlich. Auf Darkover existiert ein Tier namens Aaswolf, es lebt in Rudeln und heult bei Nacht. Aber aus Gründen, die niemand kennt, verlässt eines der Tiere manchmal sein Rudel und geht eigene Wege. Als ich klein war, fand ich immer, dass Herm wie einer von diesen Wölfen ist,«
»Ein einsamer Wolf, ja, das klingt plausibel. Und euer Vater hat das nicht verstanden?«
»Es war ihm unangenehm, weil er Herm nicht nach Belieben herumkommandieren konnte. Aber ich glaube, das war gar nicht das Problem, denn mein Vater ist niemand, der sich selbst beobachten würde, und auf andere achtet er ohnehin nicht sehr. Nein, die Sache lag völlig anders.« Sie holte tief Luft. »Wieder ist es schwer, es genau auszudrücken. Ich glaube, mein Bruder liebt Darkover mehr, als er eine Person aus Fleisch und Blut je lieben könnte, Kate. Glaub bitte nicht, dass ich das aus böser Absicht behaupte, obwohl ich dir den Gedanken nicht verübeln könnte. Aber ich sage das nicht, um dich zu verletzen – und du hast mich danach gefragt.« »Nein, ich werfe es dir nicht vor. Es stimmt mit dem überein, was ich von meinem Mann weiß. Keine angenehme Erkenntnis, aber wenigstens habe ich nicht länger das Gefühl, ihn völlig falsch eingeschätzt zu haben. Danke.« Katherine seufzte und ließ ein wenig von ihrer Anspannung abfallen.
»Und jetzt erzähl mir bitte deine traurige Geschichte.« »Die ist eigentlich gar nicht traurig, obwohl sie mir oft so vorkommt, wenn ich in einer meiner düsteren Stimmungen bin. Sie ist nicht einmal besonders interessant. Ich habe mich in Mikhail Hastur verliebt, als er auf Burg Aldaran zu Besuch war. Ich war damals sechzehn, und er war der erste Mensch außerhalb meiner Familie, den ich kennen lernte – von ein paar Terranern abgesehen, die meinem Vater ihre Aufwartung machten. Mein Vater billigte es auf seine Art. Er bestärkte mich in
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