Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
zu erklären, dass es mir wehtat. Ich machte den Mund auf und hob ihm die Arme entgegen.
»Ooooh, ooohhh, oooohh.«
Der Mann wich entsetzt zurück, drehte sich um und brüllte erneut entsetzlich laut in die Richtung der anderen Leute auf der Straße. Sie drehten sich um, blieben stehen, fingen ebenfalls an zu schreien. Es tat entsetzlich weh. Ich hielt mir die Ohren zu. Der Mann merkte, dass er zu laut war und näherte sich mir vorsichtig. Ich wich aus. Er hob beschwichtigend die Hände und sagte etwas. Diesmal war er vorsichtig und leise. Doch ich verstand ihn nicht. Ich war isoliert. Abgeschnitten von der Außenwelt.
Der Mann ließ sich neben mir auf den Boden fallen und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand des Gebäudes. Die anderen Leute warfen uns Blicke zu, doch er kümmerte sich nicht um sie. Er flüsterte und streckte mir die Hand entgegen und obwohl ich nichts verstand, wusste ich, dass er es gut mit mir meinte.
Kurze Zeit später erinnerte ich mich wieder an etwas. An den Raum und den alten Mann im weißen Kittel, der mir gegenübersaß. Doch sobald ich versuchte herauszufinden, woher, vergaß ich wieder, warum ich es tat. Es gab so viele Dinge. Überall. Die Anlage, die Wind machte, zum Beispiel.
Ein Teil der Maschine drehte sich schnell und verursachte ein Geräusch. Früher hätte ich es nicht gehört. Jetzt war es angenehm, denn es waren eigentlich zwei Geräusche, die sich vermischten. Zu einem summenden Wimmern. Es beruhigte mich. Ich fühlte mich wohl. Zum ersten Mal seit langer Zeit. Wie viel Zeit war vergangen? Ich wusste es nicht.
Der Mann im weißen Kittel machte eine Bewegung, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen, und hob zwei viereckige, flache Gegenstände in die Höhe, die mit Zeichen bemalt waren. Nacheinander hob er die Gegenstände an und sah in meine Richtung, als wollte er etwas von mir wissen. Doch die Zeichen sagten mir nichts. Es gab Wichtigeres. Den Teppich unter meinen Füßen zum Beispiel. Im Teppich waren Tiere. Winzige Tiere. Ich hörte sie atmen. Links von mir war ein Fenster. Der Mann, der mich gefunden hatte, saß dahinter und starrte mich an, als würde er sich fragen, warum ich ihn sehen konnte. Ich konnte ihn nicht sehen. Die Scheibe war verspiegelt. Doch ich fühlte ihn. Ich wusste genau, wo er war, als würde er direkt neben mir sitzen.
Der Mann im weißen Kittel legte die viereckigen Gegenstände zur Seite und griff zu einem anderen, ebenfalls viereckigen Gegenstand der etwas dicker war als die anderen und balancierte ihn mit den Spitzen seiner Zeigefinger. Eine eigenartige Geste. Der Mann zögerte und sah mich an. Dann öffnete er den Mund. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass ich ihn verstehen konnte. »Sarah! Sieh – Mich – An!«
Ich sah ihn an. Wie hypnotisiert. Der Mann sprach meine Sprache. Wer war er? Der andere Mann, der hinter der Scheibe saß, hatte Angst um mich. Dieser hier, der vor mir saß, war anders, seine Gefühle waren angenehm, gleichmäßig, nicht so verworren. Er brauchte mich. Wofür? Unsere Augen bohrten sich ineinander. Ruckartig drehte er den Gegenstand, den er zwischen den Zeigefingern balancierte, und hielt ihn mir vor die Augen. Zunächst sah ich nur Linien und Farben. Dann entstand plötzlich ein Bild, wurde größer und verschluckte mich.
Ich war wieder im Keller des ›Abidias Asylum‹, lag auf dem Rücken und schwebte zwischen Stahlbetonsäulen hindurch. Der Rattenschwarm unter mir war angenehm weich. Ich wäre eingeschlafen, wenn ich nicht plötzlich festgestellt hätte, dass sie mich in die dunkelste Ecke der Halle trugen. Die Wände dort waren schwarz vor Feuchtigkeit. Der Boden bestand an einer schmalen Stelle aus poliertem Metall. Nicht so spiegelnd wie die Wände des verchromten Raumes, doch ähnlich. Auf dem Metall hielten die Ratten an und begannen, nervös zu trippeln.
Etwas wartete hinter der Wand.
Ein Summen ertönte. Die Ratten stoben auseinander und flohen in die Halle.
Ich vermisste sie schon, als sich plötzlich der Boden unter mir zu heben und die Wand vor mir zu öffnen begann. Warme, saubere Luft strömte mir entgegen. Ich glitt ins Licht, wie ein Leichnam in den Verbrennungsofen. Ich wollte den Arm heben, um meine Augen zu schützen, doch ich konnte ihn nicht bewegen. Unbemerkt hatten sich stählerne Riegel um Hand- und Fußgelenke gelegt. Ich zerrte an ihnen. Sie bewegten sich nicht. Hinter mir schloss sich die Wand. Meine Unterlage bewegte sich in die Senkrechte und rastete ein. Dann herrschte
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