Darkside Park: Mystery-Thriller (German Edition)
ich einen Motorradfahrer erkennen, der langsam das Haus umkreiste. Wieder und wieder. Es schien, ein junger Mann zu sein, vielleicht Anfang zwanzig. Er trug schulterlange dunkle Haare und eine helle Wildlederjacke. Sein Gesicht konnte ich nicht erkennen. Die Unruhe im Raum wurde immer größer. Die Furcht der Menschen war regelrecht mit Händen zu greifen.
Dann gab es einen abrupten Szenenwechsel. Der junge Mann mit der hellen Jacke war nun bei uns im Raum. Er kniete zitternd und weinend vor einer merkwürdigen Klappe im Boden, die in den Keller zu führen schien. Unter den teilnahmslosen Blicken der Gruppe glitt er plötzlich durch die schmale Öffnung in die schwarze Tiefe. In diesem Moment begann die liegende Frau mit einem leisen, fremdartigen Gesang.
Ich brauchte lange, um nach diesem wirren Albtraum wieder zur Ruhe zu kommen, und der anschließende Schlaf war nur flüchtig und ohne Erholung. Am nächsten Tag kämpfte ich mich übermüdet von Termin zu Termin. Nach Feierabend entschied ich mich, Misses Falkner einen Besuch abzustatten. Sie bewohnte noch immer dasselbe kleine Haus gegenüber dem Hudson Tower, in das sie und Stewart vor über vierzig Jahren gezogen waren. Tatsächlich gestattete sie mir, mich im ehemaligen Arbeitszimmer ihres Mannes umzusehen. Allerdings bezweifelte sie, dass ich irgendetwas von Bedeutung finden würde. Schließlich hatte die Polizei ja schon einmal alles durchsucht. Dennoch wollte ich nichts unversucht lassen, um dem düsteren Geheimnis von Mr. Falkner auf die Spur zu kommen. Nach etwa einer Stunde vergeblichen Suchens machte ich plötzlich eine Entdeckung: Unter einer hölzernen Einlegeplatte in der Schublade seines Schreibtischs befand sich ein schmales Fach, in dem eine zerschlissene Ledermappe lag. Diese war von der Polizei entweder nicht entdeckt oder für unerheblich befunden worden. Ich öffnete die Mappe und durchblätterte mehrere dunkelgrüne Pappordner, in die unzählige Zeitungsausschnitte, Bilder und Fotokopien eingeheftet waren. Nach kurzem Überfliegen entschloss ich mich, Misses Falkner zu fragen, ob ich mir die Mappe ausleihen durfte, um ihren Inhalt in Ruhe zu untersuchen. Sie hatte nichts dagegen, und so saß ich wenig später zu Hause am Wohnzimmertisch und breitete die zahllosen Zettel und Notizen vor mir aus.
Schnell wurde klar, dass Stewart Falkner über Jahre hinweg akribische Nachforschungen betrieben hatte. Offensichtlich ging es dabei um ungeklärte Vermisstenfälle, die sich seit der Gründung Portervilles 1877 hier ereignet hatten. Falkners Unterlagen zufolge waren bis zum abrupten Ende seiner Untersuchungen insgesamt 45 Menschen aus dieser Gegend unter rätselhaften Umständen verschwunden! Von diesen 45 Personen waren nur vier nach kurzer Zeit auf ebenso seltsame Weise wieder aufgetaucht. Nach ihrer Rettung litten sie offenbar alle unter schweren psychischen Störungen, die eine Aufklärung der Ereignisse unmöglich machten. Auffällig war dabei, dass alle Vorfälle sich in einem eng abgegrenzten Gebiet ereignet hatten:
Der Trapper Andrew Thomas verschwand am 26. Juli 1882 auf dem Weg nach Denton, wo er Fleisch und Felle verkaufen wollte. Er wurde fünfzehn Stunden später nördlich von Porterville im Shaden Forest gefunden. Thomas war vollkommen verstört und nicht ansprechbar.
Anfang September des Jahres 1894 machte sich Raymond Charlton zusammen mit seiner Frau Clara und drei Kindern auf den Weg von Porterville nach Mayfield. Er wollte dort einen Erbschaftsanspruch geltend machen und mit seiner Familie ein neues Leben beginnen. Sie kamen jedoch nie in der Stadt an. Drei Tage später fand man ihren leeren Planwagen in den Wäldern bei Beaver Creek. Clara Charlton wurde in einiger Entfernung auf einer Lichtung gefunden, unfähig, sich zu bewegen oder zu sprechen. Ihr blondes Haar war vollkommen weiß geworden. Die restliche Familie blieb spurlos verschwunden.
Im Frühsommer des Jahres 1916 kehrte der zwölfjährige Brad Mallock eines Tages vom Angeln am Cale River nicht nach Hause zurück. Sechs Tage später fand man ihn schreiend durch den Shaden Forest laufen. Im Krankenhaus fiel er in tiefes Koma, aus dem er erst einen Monat später wieder erwachte. Er litt seitdem unter schwerer Amnesie, die ihm alle Erinnerung an seine ersten zwölf Lebensjahre nahm.
Die Magd Fanny Sullivan war am fünften August 1931 nicht zur Arbeit erschienen und blieb zwei Tage lang verschollen. Erst am frühen Morgen des dritten Tages wurde sie zuckend in der
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