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Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)

Titel: Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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Mädchen in einem Partykleid mit ihm zusammenstieß und an ihm vorbeidrängte. Sie war gerannt, doch jetzt wurde sie langsamer, blickte sich um und lächelte ihn entschuldigend an. »Tut mir leid, Mister.«
    John rieb sich über den Handrücken – ihre scharfen kleinen Nägel hatten sich hineingebohrt –, aber er erwiderte das Lächeln. »Schon gut.« In der Nacht wirkte die Garage dunkler, als er sie in Erinnerung hatte, und er sah sich blinzelnd nach Cypriens Wagen um.
    Unter seinen Füßen schwankte der Boden leicht.
    Eine weiße Limousine hielt abrupt vor John an, und ein großer stämmiger Mann in einem dunklen Anzug stieg aus. Er ging zu John. »Geht es Ihnen gut, Vater?«, fragte er mit einem Akzent, der seine Worte undeutlich machte.
    »Nein.« John sah eine Miniatur von sich in der verspiegelten Sonnenbrille des Mannes und blieb zwischen zwei Autos stehen. Während der überwältigende Duft von Nelken seinen Kopf füllte und der Boden sich in Betonwellen unter ihm bewegte, streckte er blindlings die Hand aus und suchte nach Halt. Etwas tropfte von seiner Nase – Schweiß? –, und seine Lungen brannten. Der Mann hatte ihn »Vater« genannt, aber John trug Straßenkleidung. »Woher wissen Sie …?«
    Das Mädchen stellte sich neben ihren Vater und grinste John an. Ein Blutstropfen färbte die Spitze ihres Zeigefingers, der aussah, als würde er in einer silbernen Klaue enden. Der Duft von Pfefferminze überdeckte alles andere. »Hey, Paps. Lust auf eine Spritztour?«
    Nick setzte den Helm auf und zog den Kinngurt stramm. Dunkelgelbe Blütenblätter von den Ringelblumen, die die Wiese vor dem Château St. Valereye erobert hatten, bedeckten die Spitzen ihrer Stiefel. Sie blickte nicht zurück zu den eingestürzten Wänden des Herrenhauses oder zu der Ecke, an der die Kapelle stand, die den Verwüstungen von Zeit und Verwahrlosung getrotzt zu haben schien.
    Sie konnte spüren, dass der alte Mann sie durch das dreckige Fenster des Verwalterhauses beobachtete. Er wollte sichergehen, dass sie wirklich fuhr, und wenn sie zurückkam, dann bezweifelte sie nicht, dass er seine Drohung wahrmachen und die Polizei rufen würde.
    Warum hat er mich angelogen?
    Wer immer er war, er benahm sich, als gehörte ihm das alles. Er konnte genau das sein, der letzte Angehörige einer alten französischen Familie, der seine goldenen Jahre damit verbrachte, dabei zuzusehen, wie sich das alte Schloss langsam in einen Haufen Schutt verwandelte. Es war schon halb verfallen und definitiv unbewohnbar.
    Aber die Kapelle war eine andere Geschichte.
    Nick hatte die Chance gehabt, sich das Innere kurz, wenn auch nicht allzu gründlich anzusehen. Im Gegensatz zum Haupthaus war die Kapelle fast ausschließlich aus Ziegeln und Steinen gebaut. Was immer die Holzbalken des Schlosses vor langer Zeit in Flammen aufgehen ließ, hatte das Innere der Kirche nur leicht mit einem rußigen Hauch überzogen.
    Der Altar war abgebaut worden, und niemand hatte sich die Mühe gemacht, die Bänke herauszunehmen und Feuerholz daraus zu machen. Sie standen vor dem leeren Platz hinter dem Geländer vorne in der Kapelle, als säße dort eine Geistergemeinde und huldige einem Gott, der sie verlassen hatte.
    Nick glaubte nicht an Geister, und das war auch nicht die Stimmung, die sie in der Kapelle wahrgenommen hatte.
    Die Kapelle war seit Jahrzehnten nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck genutzt worden, vielleicht schon seit Jahrhunderten, aber sie war solide gebaut. Nur einer der verzierten Dachsparren war eingestürzt, und der war absichtlich heruntergerissen worden, als habe jemand dafür sorgen wollen, dass das Dach kaputt wirkte.
    So authentisch es auch aussah, Nick erkannte ein abgekartetes Spiel, wenn ihr eines begegnete.
    Sie ließ das Motorrad aufheulen und fuhr zehn rumpelige Kilometer über schmale Wege, bevor sie auf die asphaltierte Straße traf, die zurück ins Dorf führte. Während sie fuhr, betrachtete sie die idyllischen Hügel, die das Château umgaben. Zwei Bauernhäuser, die beide aussahen, als wären sie um die Jahrhundertwende verlassen worden. Keine Tiere, keine Leute, nicht mal ein einziger Taubenjäger oder Bauer mit seinem Schwein, das an den Baumstämmen nach Trüffeln suchte. Die einzigen Nachbarn des Schlosses waren Bäume, dichtes Gebüsch und die Felder und Wiesen, die es langsam zurückeroberten.
    Und hier kam auch niemand her. Die Wagenspuren auf den Wegen waren vom Wind abgetragen worden. Sie begegnete keinem einzigen Auto

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