Darkyn: Blindes Verlangen (German Edition)
passierte, trieb ihn langsam in den Wahnsinn.
»Sie sind Alexandras Bruder.«
Der Duft von Kamelien, nicht die Stimme, ließ John erkennen, dass er nicht länger allein war. Er wandte sich von dem hübschen Monet ab, den er betrachtet hatte, und sah den kleinen, schlanken, blonden Mann an, der hinter ihm stand.
»John Keller.« Er hatte den Mann nicht ins Zimmer kommen hören, aber so lautlos, wie sich die Kyn bewegen konnten, würde er das vermutlich auch niemals. Dieser hier wirkte und klang vertraut, obwohl es einen Moment dauerte, bis er ihn wiedererkannte. »Wir sind uns in Chicago begegnet, stimmt’s?«
»So ist es. Ich bin Suzerän Valentin Jaus.« Der Vampir streckte ihm nicht die Hand entgegen, wie ein Mensch es getan hätte, und als er seinen Mantel auszog, sah John, dass er Schwierigkeiten hatte, seinen rechten Arm zu bewegen. »Ich war sehr betroffen, als ich von Alexandras Entführung hörte. Gibt es schon Neuigkeiten über sie?«
»Keine, von denen ich wüsste.« Nicht, dass irgendjemand vorhatte, ihm etwas zu verraten. Er erinnerte sich, dass Alex diesen bestimmten Vampir gemocht hatte – sie und Michael waren Gäste in seinem riesigen Haus gewesen – und dass Alex ihm den Arm wieder angenäht hatte, nachdem er ihm während eines Duells abgeschlagen worden war. Obwohl die Kyn spontan heilten, schienen auch sie offenbar Grenzen zu haben. »Begleiten Sie uns nach Irland?«
»Ich wäre kaum von Nutzen.« Jaus berührte seinen steifen rechten Arm. »Ich werde zurückbleiben und die Interessen des Seigneurs bis zu seiner Rückkehr wahren. Sie sollten vielleicht besser das Gleiche tun.«
Das würde Cyprien glücklich machen, aber John war nicht daran interessiert, Alexandras Freund zu beruhigen. »Sie ist meine Schwester. Ich gehe mit.«
»Sie sind ein Mensch. Sie können einen von uns nicht besiegen, und Hunderte von Kyn bewachen Richards Festung. Sie wirken auf mich nicht lebensmüde.« Jaus setzte seine Sonnenbrille ab und warf seinen Mantel über eine Stuhllehne.
»Ich muss nicht unsterblich sein, um von Nutzen sein zu können.« Das hoffte er zumindest.
»Ihre Motive irritieren mich ebenfalls. Was glauben Sie denn, was Sie erreichen mit dieser … wie würden Sie es bezeichnen?« Jaus legte den Kopf schief. »Als Geste brüderlicher Sorge vielleicht?«
John wandte dem Mann den Rücken zu und blickte erneut auf das Bild. »Das geht Sie nichts an.«
»Ihre Schwester bedeutet mir sehr viel, genauso wie Freundschaft, deshalb muss ich Ihnen da widersprechen.« Der Suzerän stellte sich hinter ihn. »Sie sind ein katholischer Priester, ein Mitglied der Bruderschaft. Sie haben sich nicht um Alexandras Wohlergehen gesorgt, als Sie von ihr in Chicago um Hilfe gebeten wurden. Und jetzt tauchen Sie plötzlich hier auf und wollen für sie sterben. Und doch sind Sie noch derselbe Mann. Erklären Sie mir das, bitte.«
Er war immer noch derselbe Narr, den die Brüder benutzt hatten, um an sie heranzukommen. »Ich bin kein Priester mehr, und ich habe dem Orden niemals angehört. Sie haben mich nur benutzt, um an Alexandra und Cyprien heranzukommen.«
»Wie Sie meinen.« Die faszinierenden blauen Augen des Vampirs wandten sich von ihm ab. »Monet war meines Erachtens ein Genie, wenn es darum ging, Wasser und Licht abzubilden. Ich habe eines seiner Bilder von der Seine bei mir zu Hause.« Jaus streckte plötzlich die Hand aus und legte sie in Johns Nacken, und der Duft von Kamelien lag mit einem Mal schwer in der Luft. »Und jetzt sag mir die Wahrheit, Priester. Warum willst du den Seigneur nach Irland begleiten?«
»Um sie zu retten.« John wollte das nicht sagen, aber etwas zwang die Worte aus ihm heraus. »Um alles zu erklären, was ich ihr noch nicht erklären konnte. Um das Töten zu beenden.«
Jaus’ Stimme wurde seidig. »Was wirst du für die Brüder tun, während du dort bist?«
»Nichts. Sie sind schlimmere Monster als die Kyn.« Dass der Vampir die merkwürdige Macht der Kyn nutzte, um ihn dazu zu zwingen, die Wahrheit zu sagen, störte John nicht, nur, dass der Vampir überhaupt das Gefühl hatte, seine Gabe anwenden zu müssen. »Ich werde mich nicht mehr von ihnen benutzen lassen.«
»Wirst du Cyprien betrügen, um dich selbst zu retten?«
»Niemand kann mich retten.« John befreite sich aus Jaus’ Griff und starrte ihn an. »Fragen Sie das nächste Mal einfach. Ich lüge nicht.«
»Dann sind Sie kein Mensch.« Jaus betrachtete Johns Gesicht, als sich die Tür des Arbeitszimmers
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