Darkyn: Ruf der Schatten (German Edition)
, schrie er den Penner an. »Hau ab hier .«
Doch anstatt zu gehen, stopfte sich der Penner das Sandwich in den Mund, bis seine Backen sich vorwölbten, und beugte sich erneut in die Mülltonne auf der Suche nach mehr.
»Hey .« Der Schürzenmann ging zu ihm und stieß ihn von der Tonne weg. »Bist du taub oder was, du Penner ?«
John stand auf und ging zu den beiden hinüber, stellte sich vor den Penner. »Hören Sie auf .«
»Er isst aus der verdammten Mülltonne « , beschwerte sich der Mann. »Davon wird meinen Kunden schlecht .«
John betrachtete die neugierigen Gesichter, die ihn aus dem Laden heraus beobachteten. Zwei Mädchen lachten lauthals. »Von hier sehen sie nicht besonders grün aus .«
»Hören Sie « , sagte der Mann mit der Schürze und blickte John unter finster zusammengeschobenen Brauen an. »Das hier ist ein Privatgrundstück. Es gibt städtische Verordnungen gegen Obdachlose .«
»Sie verdammter Heuchler « , sagte John, und Zorn wallte so heftig in ihm auf, dass er nicht mal darüber nachdachte, ihn zu unterdrücken. »Sie schmeißen wahrscheinlich an einem Tag so viel Essen weg, dass fünfzig Leute davon leben könnten .«
»Tja, aber das hier ist nun mal keine Suppenküche .« Zu dem Penner sagte er: »Du hast zwei Minuten, um hier zu verschwinden, bevor ich die Polizei rufe .« Er zeigte mit dem Finger auf John. »Das Gleiche gilt für dich, Arschloch .« Der Schürzen-mann murmelte etwas Abfälliges über sentimentale Liberale und ging zurück in seinen Laden.
Hass wallte in John auf. Er wäre am liebsten hinter diesem selbstgerechten Mistkerl hergelaufen, hätte ihn an der Kehle gepackt und geschüttelt, bis ihm die falschen Zähne aus dem Mund fielen.
Eine dreckige Hand legte sich auf seine Schulter.
»Lass es, Mann « , sagte der Penner. »Er ist es nicht wert, seinetwegen eine Nacht in der Ausnüchterungszelle zu verbringen .« Er betrachtete John neugierig. »Es gibt ein paar nette Plätze zum Schlafen unten bei den Docks, wenn du was suchst .«
»Ichbinnichtbetrunken,undichhabeschoneinenSchlafplatz .« JohnstarrteimmernochwütendaufdasSchaufensterdesSandwich-Ladens,währenderinseineTaschegriffundseineBrieftascheherausholte.»Hier .« ErgabdemPennerCypriensKreditkarte.»DukannstdieinjedenGeldautomatenstecken.DiePinnummerist7412.Ichglaube,dasLimitliegtbeifünfRiesen .«
»Ernsthaft jetzt ?« Der Penner nahm die Karte, als wäre sie aus purem Gold gemacht. »Die ist doch nicht gestohlen, oder ?« Sofort versuchte er, sie zurückzugeben. »Ich will nicht in den Knast wandern .«
»Sie ist nicht gestohlen .« John fühlte sich besser, erleichtert. »Meine Schwester hat einen reichen Freund. Er hat sie mir gegeben, aber ich brauche und will sein Geld nicht .«
»Wenn du meinst .« Der Penner steckte die Karte vorne in seine schmutzige Hose und streckte ihm dann die Hand entgegen. John schüttelte sie. »Danke, Mann. Du bist ein wandernder Heiliger .« Mit einem schnellen Blick in den Sandwich-Laden griff der Mann noch einmal in die Mülltonne und holte ein halb gegessenes Stück Pizza heraus. Er grinste John an. »Ich kann Peperoni und Pilzen nicht widerstehen. Das ist meine Lieblingspizza .« Er kaute darauf, während er um die Ecke des Gebäudes verschwand.
John hörte, dass sich eine Sirene näherte, und ging einen Block weiter zu der Stelle, wo er seinen Mietwagen geparkt hatte. Er duckte sich hinein und wartete, bis die Polizeistreife vorbeigefahren war, dann startete er den Motor und floh.
JohnfuhrzurCanneryRowundparktedenMietwagennebeneinemkleinenKino.ErhattenochgenugGeldinseinerBrieftasche,umsicheineEintrittskartezukaufen,ginghineinundsetztesichindiehintersteReihedesVorführraums.AlsderFilmanfing,rutschteerimStuhlherunterundschlossseinemüdenAugen.
Damals, als er mit Alexandra noch auf den Straßen von Chicago lebte, hatte John gelernt, wie man sich in Kinos schlich. Er versteckte sich so, dass er das Kassenhäuschen beobachten konnte, und wartete, bis eine große Familie Eintrittskarten kaufte. Dann kam er aus seinem Versteck und ging mit Alexandra an der Hand direkt hinter denen rein. Neun von zehn Mal überprüfte der Kartenabreißer nicht die genaue Anzahl der Eintrittskarten, die man ihm reichte, und ging davon aus, dass er und Alex zu der Großfamilie gehörten.
Kinos waren gute, sichere Orte zum Schlafen. Zwischen den Vorstellungen ging John mit Alex in die Toilette und wartete dort mit ihr, bis der Kartenabreißer mit dem Reinigen der Gänge fertig war.
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