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Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)

Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition)

Titel: Darkyn: Versuchung des Zwielichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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Dublin brachte.
    Aber ich bin auch nicht mehr der, der ich früher war.
    Der Gedanke, dass er bald keinen Einschränkungen mehr unterliegen würde, bescherte ihm einen kurzen, beißenden Moment der Freude. Wohin würde er gehen, ins Schloss oder in den Wald? Egal, was er tat, er würde auf jeden Fall augenblicklich zur Legende werden. Doch was würde er sein wollen, eine große, bösartige Bestie aus dem Wald oder der Mörder von zukünftigen Königen?
    Und wo er schon dabei war, was würde mit Durand passieren, wenn Lucan ihn von seinen Ketten befreite?
    Liliette hatte Thierrys Schicksal vorhergesagt, als er die Kupferketten von ihren zarten Gliedern löste und sie aus ihrer Zelle führte. Ich danke Euch dafür, Lucan. Aber Richard wird das nicht tun.
    Stets ein Gentlema n – zumindest in dieser Inkarnatio n – reichte Lucan ihr ein Seidentaschentuch mit sauberem, kaltem Regenwasser. Das spielt keine Rolle, Mylady .
    Ah, aber bis vor sieben Stunden hatte es eine Rolle gespielt. Machte es Lucan vor der schönen Liliette zu einem Lügner oder zu einem Verräter an seiner eigenen Art, dass es ihm egal war? Oder war er tatsächlich zum Laufburschen geworden?
    Was, wenn ich niemals etwas anderes war?
    Er blickte zu den Turmfenstern hinauf. Zwei leuchteten golden von den Kerzen, die innen brannten. Sie versprachen trockene Kleider, ein weiches Bett und eine willige Partnerin für die Nacht. Eine Frau blickte durch das Sprossenfenster aus geriffeltem Glas. Nicht Lady Elizabeth, sondern ein kleines, dünnes irisches Mädchen, dessen blasses Gesicht von langem, glattem braunem Haar umrahmt wurde. Seinem Gesichtsausdruck war anzusehen, dass es sich an einem weichen und dunklen und tiefen und Lichtjahre von Dundellan entfernten Ort aufhielt.
    Lucan hob eine Hand, was, ebenso wie er, unbemerkt blieb. »Welche Entrückung die Engel bringen.«
    Irgendwo im Schloss warteten noch mehr wie sie. Ehemalige Drogenabhängige, Prostituierte, Durchreisende, die eingesammelt, gewaschen und angezogen worden waren wie Puppen. Irgendjemand holte sie von der Straße und brachte sie zu Tremayne. Nachdem sie ihren Gastgeber getroffen und sein einzigartiges Talent kennengelernt hatten, verhielten sie sich allesamt ruhig und waren gute, wenn auch etwas katatonische Diener.
    Richard war derjenige gewesen, der sie die Entrückten nannte. »Denn die Entrückung, die ich ihnen gebe, Lucan, ist ewig.«
    Sie wurden nicht schlecht behandelt; man kümmerte sich um sie und gab ihnen zu essen, bis sie an der Reihe waren, einen wichtigen Gast zu unterhalten. Wenn sie verbraucht waren, verschwanden sie einfach. Niemand beschwerte sich. Die Entrückten waren nützliche, entbehrliche Seelen, geistlos und gehorsam und für den Haushalt ungefähr so bedeutsam wie das Minzschokoladentäfelchen nach dem Essen.
    Lucan war etwas angewidert davon, dass er sie tatsächlich beneidete.
    Die massiven Eichentüren des Schlosses schwangen auf, als er dagegendrückte. Die kalte Luft drinnen war feucht und roch nach Holzrauch und Zitronenölpolitur. Obwohl es unten im Dorf Strom gab, wurden die Lichter in Dundellan von einem eigenen Generator hell erleuchtet. Richard hatte erlaubt, dass die Strom- und Wasserleitungen intakt blieben, aber das Heizungssystem war abgeklemmt worden, und man hatte stattdessen fünfzehn Kamine wieder geöffnet, die für große Torffeuer genutzt wurden.
    Viele Dinge unter diesem Dach mussten verbrannt werden.
    Lucan ging langsam durch das Foyer und hinterließ dabei Wassertropfen von seinem Mantel und blasse schlammige Schuhabdrücke auf dem Buchenparkett. Er blickte nach vorn in den Salon, in dem geladene Gäste willkommen geheißen wurden, und in das herrschaftliche Zimmer, wo sie nicht erwünscht waren. Er lief an beiden vorbei, bog um eine Ecke und gelangte in die alte Bibliothek. Hier mischte sich der Geruch von Talgkerzen mit dem von altem Leder und staubigem Papier. Eine winzige rote Glut tanzte in den Schatten hinter dem Tisch des alten Earls. Der Kirschduft des Tabaks war leicht, aber durchdringend.
    Er hat auf mich gewartet. Lucan machte eine Verbeugung. »Der verlorene Meuchelmörder kehrt zurück, Mylord.«
    Lucan hätte bei der Begrüßung etwas mehr Respekt zeigen sollen. Er müsste es eigentlich. Richard Tremayne war der Seigneur von Großbritannien und seit Harolds frühzeitigem Ableben der Highlord der Darkyn. Tremayne hatte bereits ein Königreich gewonnen und wieder verloren; dieses würde er nicht aufgeben. Und er verdiente es

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