Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
Menschen wie Menschen zu behandeln und nicht wie Leibeigene des untergegangenen Maddox-Imperiums, desto besser… «
» Halt deinen Mund! « , kreischte sie. » Seit zehn Generationen ist die Familie Maddox führend in allen Bereichen in Salem– und manchmal in Boston– gesellschaftlich, künstlerisch, intellektuell! Alle in unseren Kreisen sagen… «
» Wer genau gehört zu euren Kreisen, Margot? «
» Von denen kennst du sowieso niemand. «
» Da bin ich mir sicher! Aber wenn zu euren Kreisen drei reiche Männer gehören, dann greift zu. Ich habe mein ganzes Leben mit Menschen verbracht, die Talent und Manieren hatten, aber du und deine Schwester reichen nicht an die heran, weder so noch so. Und wenn du glaubst, ich würde dich heiraten und den Rest meines Lebens damit verbringen, deine gemeinen kleinen Schwestern zu verkuppeln, dann hast du dich… «
» Mich heiraten! Du kleiner aufgeblasener Madison-Avenue-Flegel und diese strohdumme Neureiche, die sich als deine Tante ausgibt und versucht, sich in eine echte begabte, aristokratische Familie einzuschmeicheln! «
» Moment mal… «
» Um nichts in der Welt würde ich dich heiraten! Und wenn es das Einzige ist, was ich je zustande brächte, aber meine Schwestern und mich werde ich an die Spitze der intellektuellen Bewegung führen. «
» Es wird das Einzige bleiben. «
» Raus hier, verdammt noch mal! Verschwinde sofort von meinem Besitz! «
» Also gut, Margot, ich gehe. Nur noch eins zur Klarstellung– das ist nicht dein Besitz. Es ist Tante Mames Besitz bis einschließlich Labor Day. «
» Dieser Besitz gehört mir, so, wie mir die Insel gehört! Ich bin eine Maddox, und eine Maddox ist… «
» Alles Gute, Margot. Und meine herzlichsten Grüße an die Leute auf Ischia. «
Ich rannte über den Rasen, nur weg von den Maddoxes. Als ich am Haus vorbeikam, flog Tante Mames Fenster auf. » Patrick! Warte! « , rief sie heiser.
Im nächsten Augenblick kam sie, eingehüllt in Schals und Decken, über den Rasen gelaufen.
» Lady Macbeth? « , fragte ich.
» Ach, mein lieber Kleiner. Tante Mame fühlt sich ganz elend. Nach der grässlichen Szene gestern Abend ist mein Nervenkostüm ruiniert. Außerdem habe ich mich erkältet, und… Ach, übrigens, wo warst du eigentlich? Und wo willst du in dieser Aufmachung hin… «
» Ich war mal wieder im Wunderland mit dir, wie üblich. Und jetzt fahre ich mit dem nächsten Schiff zurück nach New York. «
» Und was ist mit dir und Margot, Darling? Euren Hochzeitsplänen? Sie war den ganzen Nachmittag oben bei mir und hat mir von der niedlichen kleinen Villa vorgeschwärmt, die ich euch als Hochzeitsgeschenk kaufen soll– Platz für zwei verliebte Turteltauben, zwei jüngere Schwestern und eine senile Tante. Es klang alles so lustig, und sie sprach auch noch von einem pied à terre in Paris und einem Haus auf… «
Sie hatte etwas Unechtes an sich, das mir nicht gefiel. » Margot und ich– das hat sich in Luft aufgelöst « , sagte ich.
» Was habt ihr? «
» Es ist aus und vorbei mit uns. «
» Vorbei? Aber Patrick– was wird nun aus meinen Plänen für dich? Meinem goldenen Sommer? Meinen Enkeln? Ein halbes Jahr lang belege ich diese wunderschönen, intellektuellen vornehmen Mädchen mit Beschlag. Ich werfe dich in ihre Mitte. Ich gebe dir jede Gelegenheit, das Urteil des Paris noch mal durchzuspielen, und du… «
» Paris hätte besseren Geschmack bewiesen. «
» Mein Psychologielehrer hat mir ausdrücklich gesagt, dass… «
» Dein Psychologielehrer hat nicht damit gerechnet, dass du in einem Schlangennest landen würdest. Ich hätte ihm gleich sagen können, dass von allen zerstreuten, vertrottelten, weichherzigen Menschen nur du allein dich wie eine Gans ausnehmen lässt von diesen verlogenen, geldgierigen, reaktionären Patriziern, die nicht den Anstand haben… «
» Na ja, ich sehe ein, dass ihr Wortwechsel mit dieser hübschen Rothaarigen gestern Abend grauenvoll war, aber diese alteingesessenen Aristokraten sind eben… «
» Grauenvoll, da hast du allerdings Recht. Es war das schäbigste, lauteste Gekeife, was ich je gehört habe. So was würde man eher von einer Horde Nutten in einem Puff in Barcelona erwarten, aber nicht… «
» Du hast vollkommen Recht, Darling « , sagte sie mit einer Ruhe, die einen zur Weißglut treiben konnte.
» Warum gestehst du nicht auch gleich, dass die Maddox-Schwestern, seit du sie kennen gelernt hast, auf deine Kosten leben? «
» Sie sind keine,
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