Darling, ich bin deine Tante Mame! - Roman
nicht wie sie und Miranda. Nimm mich mit dir, und ich verspreche dir, du wirst die beiden nie wiedersehen. Wir könnten zusammen nach Rom gehen, und ich könnte mit meiner Musik weitermachen, und ich könnte bei dir bleiben. « Wieder hörte ich den melancholischen Ruf der Schiffssirene. » Ich könnte dich sehr glücklich machen. Ich habe nichts gegen Werbung und Durchschnittsmenschen und… «
Der Rest ihres Antrags prallte an mir ab. Ich setzte zu einem Spurt an und rannte die staubige Straße entlang, die Maddox Island in zwei Hälften teilt.
In dem Moment, als das Schiff ablegte, erreichte ich das Hafenbecken. Es war ein gewagter Sprung, aber ich schaffte es. Ich mischte mich unter die Wochenendgäste, meinen Koffer hinter mir herziehend, bis ich auf ein wunderschönes Mädchen in einem steifen Reisekostüm stieß. Sie hatte herrliches rotes Haar, das am Hinterkopf auf und ab wippte. Es war Pegeen Ryan. » Uff « , sagte ich.
» Oh. Sie « , sagte sie.
» Ja, ich Stadtmensch, du Einheimische. «
» Ich krieg mich nicht mehr ein vor Lachen. Sie wären bestimmt ein toller Komiker fürs Fernsehen. «
» Nur nicht übertreiben. «
» Unterwegs um einen Ehering für Margot zu kaufen? «
» Nein, um eine Fahrkarte nach Hause zu kaufen– wo ich hingehöre. «
» Oh? « , sagte sie erstaunt.
» Oh « , erwiderte ich.
Wir schwiegen eine Weile.
» Was dagegen, wenn ich mich neben Sie setze, Pegeen? «
» Das ist eine öffentliche Fähre « , sagte sie.
» Was dagegen, wenn ich mich in dem Sammeltaxi auf der nächsten Insel neben Sie setze? « , fragte ich.
» Das ist ein öffentlicher Bus. «
» Und auf der Fähre nach Eastport? «
» Das ist eine öffentliche Fähre. «
» Dann wäre da noch der öffentliche Bus nach Bangor, Pegeen, und dann das Flugzeug nach New York und der Buszubringer zum Flughafengelände und… «
» Alles öffentliche Verkehrsmittel, oder? « , sagte sie. Aber sie schmunzelte.
» Man könnte mal zusammen essen gehen– wie wär’s mit heute Abend? Selbstverständlich nur in einem öffentlichen Restaurant. «
» Das könnte man machen « , sagte sie.
Ich legte meinen Arm um sie und sah zu, wie Maddox Island im Dämmerlicht verschwand.
11. Kapitel
Tante Mame:
Auf ein Neues
D ie Lektüre über den Menschen, den man nicht vergisst, war dermaßen fesselnd, dass ich einnickte. Es war vier Uhr, als mich Telefongeläut weckte. Ich stand auf, um abzuheben, aber Pegeen war schneller.
» Es ist für dich « , sagte sie, die Sprechmuschel mit der Hand bedeckend. » Deine verrückte Tante. «
» Unmöglich « , flüsterte ich. » Die ist doch in Indien. «
» Dafür ist die Verbindung erstaunlich gut. Hier. «
» Hallo? « , sagte ich vorsichtig.
» Darling! Darling, mein Junge! Da bin ich! « , sang Tante Mame.
» Wo? «
» Im St. Regis. Ich bin erst heute Morgen gelandet, und ich bleibe nur einen Tag oder so. Habe ich dir nicht geschrieben, dass ich komme? «
» Nein « , sagte ich.
» Aber vor hatte ich es wenigstens. «
» Und? Wie war es in Indien? « , erkundigte ich mich lustlos.
» Himmlisch, Darling. Einfach himmlisch! Ich kann es kaum erwarten, dir von meiner wichtigen Arbeit dort zu berichten. Nehru meint, ich hätte mehr dazu beigetragen, Indien vom Kommunismus abzubringen als jeder andere… «
» Wahrscheinlich sind sie auch gut mit Pakistan ausgekommen, während du da warst « , witzelte ich.
» Was hast du gesagt, Darling? «
» Ach nichts. «
» Also, Darling. Ich möchte dich gerne sehen. Dich und Pegeen und dein süßes kleines Baby. Da setzt du einen hübschen Knaben in die Welt, und ich habe ihn noch nicht in Augenschein genommen, nur weil ich all die Jahre erst noch in Europa und Asien aufräumen musste. Könntest du ihn nicht in einen Korb stecken und mit ihm herkommen? «
» Tante Mame « , sagte ich. » Er ist sieben Jahre alt. Er ist so groß, der könnte beinahe mich einstecken, und… «
» Großer Gott, wie die Zeit vergeht, wenn man so viel zu tun hat. Aber kommt trotzdem. Ich gönne mir eine kleine Begrüßungsparty. «
» Wann? «
» Sobald ihr hier seid natürlich. Es kommen einige sehr interessante Leute, wirklich. Beeilt euch, Darling. Ich kann es kaum erwarten, euch drei wiederzusehen. «
» Noch ein bisschen Geduld. Wir sind in einer Stunde da. «
» A bientôt, mein Lieber! « Sie legte auf.
» Und was jetzt? « , fragte Pegeen.
» Das war Tante Mame. «
» Das habe ich mir fast gedacht. «
» Sie ist im Regis
Weitere Kostenlose Bücher