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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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ihrer Uniform prangten eingetrocknete Senfflecken. »Äh, ich dachte, es gibt nichts zu essen?«, sagte er und versteckte seinen neuen Schatz zwischen seinen Handflächen.
    »Die sollten die Kassette mal wechseln«, seufzte die Frau und zwinkerte ihm zu. »Tee?«
    »Nein danke«, lehnte Niall ab. Er genoss die Wärme des einzigen Lächelns, das in den vergangenen Tagen seinen Weg gekreuzt hatte. Sie lief weiter und winkte ihm noch mal zu. Er wartete, bis sie verschwunden war, und entfaltete dann das vergilbte Papier.
    Jims unzensierte Phantasie hatte sich in Tinte verwandelt und über das Papier ergossen.
    Hier lag die tote Frau auf dem Pfad, und dort war die für Reisende unüberwindliche Eiswand. Aber Niall fuhr mit dem Finger weiter nach Osten. Er suchte nach etwas Bestimmten. Die Tinte war verschmiert, genau wie Roisin geschrieben hatte, aber er konnte immer noch erkennen, was die Zeichnung darstellen sollte.
    Es war eine Burg, in der Ned saß und seine Wellen in den Äther schickte, wo jeder sie auffangen konnte. Und es gab noch ein weiteres Detail, das Roisin entweder nicht gesehen oder nur nicht erwähnt hatte. Zwei parallel verlaufende Linien verschwanden in Jims Papierwald. Sie waren krumm und flüchtig hingeschmiert, aber es war klar, was sie darstellen sollten.
    Schienen.
    Sie endeten in der Nähe eines Berges, an dessen Flanken Jim Blumen gemalt hatte, als würde aus dem Felsen selbst filigrane Schönheit wachsen. Magie aus dem Heim eines Zauberprinzen. Ein beinahe mädchenhafter Impuls, die sonst abweisend wirkende Landschaft hübscher zu gestalten. Niall schloss die Augen und ließ alles, was er in den bei den Tagebüchern gelesen hatte, noch einmal Revue passieren. Jim hatte Fiona doch erzählt, woher er stammte, nicht wahr? Oder hatte jemand anderes erwähnt, wo er aufgewachsen war? Niall suchte in seiner Tasche nach Fionas Tagebuch, bis ihm einfiel, dass er es der gerissenen Mary Catherine als Tauschobjekt übergeben hatte. Moment mal. Hatte nicht Roisins unbekannter Funkfreund etwas von einer Burg tief im Wald erzählt? Er wusste es nicht mehr. Ruckartig verlangsamte sich der Zug. Gleich würden sie in Thurles ankommen.
    Er sah auf die Landkarte über seinem Kopf, auf der die Strecken der irischen Zugverbindungen eingezeichnet waren, und folgte den echten Schienen von Thurles vorbei an Templemore und Ballybrophy. Dann verglich er die Plastiklandkarte mit der zerknitterten in seiner Hand und sah, dass Jims grobe Schienen genau dort endeten, wo der hilfreiche Kartograf der Zuggesellschaft den nächsten Halt eingezeichnet hatte.
    Der Zauberer, ob er nun real oder erfunden sein mochte, lebte bei Portlaoise.
    Die Slieve Bloom Mountains, die im Frühling von Glockenblumen übersät waren, lagen ganz in der Nähe. Niall hatte als Kind auf ihren Hängen gespielt. Danny und er hatten sich einmal nach Einbruch der Dunkelheit dort verlaufen und nur nach Hause gefunden, weil die Blütenblätter das Licht des Mondes so hell reflektierten, dass sie den Weg erkennen konnten.
    Niall lehnte sich vor Aufregung und Nervosität zitternd zurück und schloss einen Moment lang die Augen. Sein Jagdfieber, das die herzlosen Taxifahrer vor weniger als zwei Stunden zum Erlöschen gebracht hatten, flammte wieder auf.
    Wenn es dich gibt, sagte er zu dem Zauberer, den er sich nicht richtig vorstellen konnte, dann finde ich dich. Auf mir lasten schon mehr Flüche, als in deine Jacke passen. Also tu dir keinen Zwang an.
    Der Mond war bereits am Untergehen, aber Niall schätzte, dass er noch mindestens eine Stunde sein schwaches Licht nutzen würde. Er wählte einen Pfad, der tief in den Wald hineinführte. Es war einfach gewesen, vom Bahnhof aus zu dem südöstlichsten Zipfel der Slieve Bloom Mountains zu finden, die aus dem Boden ragten wie ein schlafendes Biest, das die Sonne erwartete. Er fand seine alten Reflexe wieder und versuchte sich wie früher als Junge nach Westen zu orientieren und dabei die erleuchteten Glockenblumen als Wegweiser zu nutzen. Aber als auch die letzten Straßenlaternen von Portlaoise hinter ihm nicht mehr zu sehen waren, begriff er, was sein erster Fehler gewesen war.
    Es war schon Ende Mai, und die wenigen verbliebenen Glockenblumen, die er neben seinen Stiefeln erkennen konnte, waren schon trocken und welk. Er sah überall nur braune Stängel, und vor ihm lag die undurchdringliche Dunkelheit, die sich nur Kinder in ihren Albträumen richtig vorstellen können.
    »Hast die Blumen verwelken lassen,

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