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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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Padraic. Bitte fahrt fort.“ Starke Hände lösten Euans Fesseln und legten ihn erneut in das Netz. Er wurde unzählige Granitstufen hinaufgetragen. Die ganze Zeit schwebte die Gestalt der Frau vor ihm her, und der Schwung ihres Rückens und ihrer Hüften ließ seine Todesangst verebben. Hinter ihm hörte er, wie hartes Holz auf Fleisch und Knochen traf und dumpf im Burghof widerhallte. Das Schreien und Winseln der Tiere ertrank in dem begeisterten Johlen der Menge, die froh war, dass das nachmittägliche Spektakel noch nicht beendet war.
    Bald öffnete sich eine Tür, und Euan wurde in ein Zimmer getragen, das er kannte. Entsetzen breitete sich in ihm aus.
    Dies waren seine alten Gemächer. Die letzte Frau, die er hier gesehen hatte, war vier Tage lang an die Bettpfosten gefesselt gewesen und hatte ihn angefleht, sie zu töten, als er mit ihr fertig gewesen war.
    „Kettet ihn dort an“, sagte die Frau, setzte sich auf das Bett und sah ihn an.
    „Wie Ihr wünscht, Eure Hoheit,“ sagte der Wächter und legte Euan die Hundekette an, die dieser selbst an der Wand angebracht und oft für die Jungfrauen aus der Stadt verwendet hatte. ,Lasst uns allein“, befahl die Frau und ließ Euan nicht aus den Augen. Der Wächter schloss die Tür, und seine Schritte verhallten.
    Zuerst hatte Euan nur Erleichterung verspürt, weil er dem sicheren Tod entronnen war. Aber nun tobte ein Sturm widersprüchlicher Gefühle in ihm, der seinen Kopf schmerzen ließ. Warum saß sie nur da und starrte ihn an? Hatte sie ihn hier hergebracht, um ihn hinter verschlossenen Türen zu foltern? Euan wusste nicht, ob er versuchen sollte, zu fliehen oder aufs Bett zu springen und sich mit ihr zu paaren. Der Gesang seines Blutes, der ihm im Wald immer den richtigen Weg gewiesen hatte, wenn er Beute jagte oder vor Verfolgern flüchtete, klang nun verstimmt und unsicher. Er spürte ein Verlangen in sich, das er nicht benennen konnte: Sehnsucht nach der Frau mischte sich mit dem Wunsch, sich noch vor Beginn der Nacht an ihrem Blut zu laben. Er wusste nicht, wie ihm geschah, denn die beiden Euans in dem grauen Fell fochten aus, wer die Oberhand behalten würde, der Wolf oder das Menschliche, das noch in ihm existierte. Er sprang auf das Bett zu, so weit die Kette reichte. Dann winselte er und legte sich der Frau zu Füßen.
    Sie löste die Spange in ihren Haaren, und rötlich blonde Locken fielen ihr über die Schultern. In Euans Lenden regte sich ein Gefühl, das gleichzeitig vertraut und beängstigend war. Die Frau beugte sich vor und legte dem Wolf eine Hand auf die Stirn. Angst um ihre Finger schien sie nicht zu haben.
    „Ich kenne dich, Vetter“, sagte sie mit ihrer süßen Stimme. ,Ich kenne dich gut. „
    „Wer bist du?“, hörte Euan sich sagen und sprang selbst überrascht auf.
    ,Als du im Wald verschwunden warst, begann die Burg zu verfallen. Der Burgvogt bat meinen Vater um Hilfe, aber der trieb gerade die Normannen nach Leinster zurück. Also versammelte ich alle, die zurückgeblieben waren, kam mit einer Handvoll Bogenschützen und Reitern hierher und übernahm die Herrschaft über die Burg.“ Sie beugte sich noch weiter vor, und Euan konnte ihren Ausschnitt und die schwellenden Brüste unter ihrem Kleid sehen. „Ich bin deine Base Aisling. Unsere Väter waren keine großen Krieger, aber es sieht ganz so aus, als hätten wir beide uns redlich bemüht, diesen Makel auszugleichen, nicht wahr?“
    Euan schwirrte der Kopf. Sein Schädel fühlte sich an, als wolle er zerbersten, und sein Körper schien sich umzustülpen, um den Pelz abzulegen und nur die helle, weiße Haut zu zeigen, mit der er geboren worden war. Faser um Faser wartete gespannt darauf, ob bald wieder eine Verwandlung bevorstand.
    „Du leidest Schmerzen“, sagte sie und tätschelte ihm den Kopf. „Ich kann aus dir wieder einen Menschen machen und dir zurückgeben, was rechtmäßig dein ist.“
    Er erkannte das Glitzern in ihren Augen. Es war die gleiche Freude, die er früher verspürt hatte, wenn ein anderes Wesen Schmerzen litt. Erneut stieg Furcht in ihm auf, stärker als zuvor. „Was hast du mit mir vor?“, fragte er.
    „Ich habe heute in deine Augen geblickt und erkannt, dass du zu meiner Familie gehörst“, sagte sie und legte den Gürtel ab. „Padraic erzählte mir wieder und wieder, du seist spurlos verschwunden, aber ich glaubte ihm nicht. Er ist zwar süß, aber nicht sehr klug. Ich kenne die alten Legenden und habe ein kleines Vermögen für Wahrsager

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