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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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Stimmen im Raum für die Liebe. Nur ein paar offenbar sehr Verbitterte empfanden Prinzessin Aisling als ein bisschen zu schamlos und schlugen vor, Euan solle sie zum Abendessen verspeisen.
    »Lieben«, hatte eine Stimme, die ich kannte, eine halbe Sekunde vor allen anderen geschrien.
    Tante Moiras Wangen waren flammendrot, und ihre Augen leuchteten wie die einer wahren Gläubigen.
    »Nun, Ladys, auf das Ende der Geschichte müsst ihr leider noch eine Woche warten«, sagte Jim mit der tiefen Verbeugung eines Zauberers, bei der seine Fingerspitzen den Boden streiften. »Mein Assistent und ich müssen uns von unserer langen Reise erholen. Aber habt keine Angst, die Abenteuer von Euan und Aisling werden nächsten Sonntag in O'Shea's Pub im schönen Eyeries fortgesetzt, wo die Farben der Häuser so fröhlich sind wie die Menschen, die in ihnen leben.« Und dann beugte er sich vor und zwinkerte seinen Zuhörern doch tatsächlich zu. »Und sagt es nicht weiter, aber ich glaube fest daran, dass die Liebe den Sieg davontragen wird.«
    Nun brach endlich donnernder Applaus los, auch wenn ein paar Damen enttäuscht »Oooh« riefen, weil der attraktive Elvis-Imitator sie schon wieder hinhalten würde. Eine streckte sogar die Hand aus und berührte ihn am Revers, als wäre er der heilige Bono höchstpersönlich.
    Der griesgrämige Tomo hatte es aufgegeben, freundlich wirken zu wollen, und ging stumm mit dem Hut durch die Zuschauerreihen. Jim sprang von seinem Hocker, warf sich die Jacke über und schlenderte in meine Richtung. Ein paar Mädchen wichen ehrfürchtig zur Seite, und ich holte eiligst meinen Taschenspiegel heraus und überprüfte meinen Lippenstift, der völlig verwischt war. Als ich wieder aufsah, war Jim verschwunden.
    Ich drehte mich um, als ich seine sanfte Stimme direkt hinter mir hörte.
    »Kelly? Schöner Name. Rollt so weich über die Zunge.«
    Und da stand er und strich dem hübschesten Mädchen im Raum leicht über den Arm. Sie hatte zwar einen Typen bei sich, aber das schien ihr plötzlich egal zu sein. Jim war es auf jeden Fall egal, das wusste ich, und statt sich den mitleidigen Blicken Dutzender Frauen auszusetzen, gab der gehörnte Freund bald auf und räumte kampflos das Feld.
    Ich wollte wirklich zu ihm gehen. Ehrlich. Aber nicht, solange Tante Moira noch hier war und auf eine Chance lauerte, selbst mit Jim zu sprechen. Ich klaute dem Mädchen neben mir ihre Schachtel Zigaretten, als sie nicht hinsah, und zündete mir eine an, während ich wartete. Meine liebe Tante streckte als Erste die Waffen, da ihr klar war, dass sie gegen Kellys üppigen Busen, ihr teures Outfit und ihre Schlauchbootlippen keine Chance hatte. Sie verzog sich mit dem gleichen niedergeschlagenen Gesichtsausdruck, den sie an dem Abend gehabt hatte, an dem Harold sie verließ und ihr nichts geblieben war außer Scham und einem überzogenen Konto.
    Auch ich fühlte mich nicht gerade blendend, als Jim Kelly eine halbe Stunde später nach Hause begleitete. Sie stieg hinter ihm auf die Vincent, und ich folgte ihnen so unauffällig wie möglich. Ja, du hast richtig gehört. Was hätte ich denn sonst tun sollen? Mich zu Hause verkriechen und heulen? Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt bereits rettungslos in Jim verknallt. Ich suchte nach dem weißen Lieferwagen, als ich den Benz aus der Parklücke lenkte, aber ich sah nur Jims begeisterte Zuhörer, die angeregt plaudernd den Heimweg antraten wie dressierte Pinguine auf dem Jahrmarkt.
    Das rote Motorrad fuhr die Küstenstraße Richtung Glengariff entlang und bog dann nach links in die heufarbenen Caha Mountains ein. Häuser sind dort recht dünn gesät, deshalb musste ich etwas weiter zurückbleiben. Das Auto stotterte und zuckte, als ich dem Bike durch die Haarnadelkurven folgte und mich an blaugrauen Klippen vorbei manövrierte, die größer waren als VW-Käfer. Ginster, den der starke Wind entwurzelt hatte, wehte wie gelbe Gischt über meine Motorhaube. Der Sommer stand vor der Tür; an jedem anderen Abend hätte ich das Schauspiel wunderschön gefunden.
    Jim bog in ein Steintor ein, hinter dem ich ein Cottage erkennen konnte, ein zweigeschossiges Häuschen aus Kalkstein, das ziemlich gut in Schuss war. Die Fenster und Türen sahen neu aus, und in der Einfahrt stand ein blitzblanker Audi. Sie hatte den Zweitwagen wohl in der Stadt gelassen. Zweifellos neureich. Sie knutschten schon, bevor der Motor ausgegangen war, und ich suchte sofort nach einem geeigneten Stein, den ich Jim an den Kopf

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