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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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zeigen!«, brüllte Niall in letzter Sekunde, als sie ihn gerade einnebeln wollte. Langsam zog er das inzwischen noch ramponiertere Tagebuch hervor und reichte es ihr. »Hier ist es. Siehst du? Es lag einfach so rum und war mit dem Namen einer toten Frau gekennzeichnet. Ich musste es einfach lesen. Es tut mir leid. Aber ich bin schon zu weit gegangen, um mir wegen einer Verhaftung Sorgen zu machen, weil ich öffentliches Eigentum an mich genommen habe.« Er zögerte. Bronaghs Augen hatten sich mit Tränen gefüllt, und sie öffnete das Buch so sorgfältig, als würden die Seiten zu brennen beginnen, wenn sie sie zu lange ansah. »Ich weiß, dass sie deine Freundin war«, fuhr er ein wenig vorsichtiger fort. »Aber auf meine Weise kenne ich sie inzwischen auch sehr gut.«
    Man hörte nur das Geräusch des Windes, der das Auto sanft schaukelte. Draußen in der Bucht kämpften sich zwei Trawler gegen den Wind vor, ihre Funkantennen waren so weit zurückgebogen, dass sie beinahe flach anlagen.
    »Danke, dass du mir das Buch zeigst, ehrlich«, sagte Bronagh, nachdem sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte. »Aber du hast mir immer noch nicht erklärt, warum du eigentlich hier bist. Und was du in der Schule zu suchen hattest. Bei mir werden sehr bald ein paar wütende Eltern anrufen.«
    »Dann sag ihnen, ich sei Fionas exotische Jugendliebe aus Dublin«, sagte Niall frustriert
    Frustriert, weil er immer noch viel zu wenig wusste. »Ich wollte mehr darüber herausfinden, was in dem Haus passiert ist. Und was aus Aoife geworden ist. Und aus Jim.«
    Bronagh sah ihn plötzlich sehr distanziert an, und das machte Niall mehr Angst als ihre Wut.
    »Wir reden hier nicht mehr über diesen Mann«, sagte sie. »Und daran solltest auch du dich halten.«
    »Ach, wirklich? Und was ist mit Mary Holland aus Drimo- league? Die ist sicher auf einer Bananenschale ausgerutscht und hat sich dabei den Hals gebrochen, was?«
    Bronaghs Hand wanderte wieder zu dem Tränengas. »Du hast keinen Schimmer, wovon du da ... «
    »Irgendwo in dieser Stadt gibt es noch ein Tagebuch«, sagte Niall so laut, dass das Schaf draußen zusammenzuckte und das Weite suchte. »Roisin hat ebenfalls eines geschrieben, wenn du deiner Freundin Fiona glaubst. Ich habe keine Ahnung, wie die Bücher aus diesem Haus gelangt sind, aber Roisins wurde zu Father Malloy geschickt. Und falls es jemals dort ... «
    Bronagh packte Nialls Nacken mit eisernem Griff und drückte zu. »Polizeibrutalität ist nur ein Wort, Niall. Bis ich dir beide Arme breche und dich hier liegen lasse.« Sie sah, dass er keine Angst hatte, und ließ ihn einen Atemzug später los. Danach strich sie ihm sogar den Pullover wieder glatt.
    »Ich hatte vergessen, dass du gerne eine amerikanische Fernsehpolizistin wärst«, sagte Niall mit hämmerndem Herzen.
    Die stämmige Polizeibeamtin suchte in der Ablage nach einer Zigarette und schnaubte ärgerlich, weil sie keine fand. »Ach, halt die Klappe. Ich verscheuche schon seit Wochen Grufti-Mädchen, Pressefritzen und die üblichen abartigen Souvenirjäger. Die gehen immer zuerst zu Father Malloy, weil eine Dubliner Zeitung so freundlich war, unsere Kirche namentlich zu erwähnen.« Sie klopfte an die Scheibe, um das aufdringliche Schaf noch einmal zu verscheuchen. »Das Problem ist, dass der gute Father vor einem Monat verstorben ist, Gott hab ihn selig. Wenn ihm jemand etwas geschickt hätte, wüsste ich das. Ich habe nämlich mit ein paar Schülern von Fiona sein Büro ausgeräumt. Aber Leute wie du geben einfach nicht auf. Nach dem Motto „die Wahrheit ist irgendwo da draußen“, stimmt's?«
    »Ich will nur wissen, was Fiona und ihre Schwestern mit Jim gemacht haben«, sagte Niall, ohne zu zögern. »Und ob er außer seinem alten Freund Tomo noch andere Menschen auf dem Gewissen hatte.« Er spürte, dass sein Blut wieder so schnell zu pulsieren begann wie gestern, als er fürchtete, der Barkeeper werde sich gleich auf ihn stürzen. Warum zum Teufel machte sie denn nicht endlich den Mund auf? Er hatte ihr doch bewiesen, dass seine Absichten ehrenwert waren. »Weißt du darüber zufällig etwas? Sarah McDonnell? Und noch ein Mädchen aus Kenmare, wenn man den Stimmen aus Rosies Transceiver glauben darf? Klingelt da was bei dir? Und was ist aus Aoife geworden? Ist sie ebenfalls tot? Soll ich auf dem alten Glebe-Friedhof nach ihr suchen?«
    Bronagh ließ den Motor an. Sie hatte das Kinn wieder auf ihre makellose Uniformjacke sinken lassen, und als sie

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