Darling Jim
Mary Catherine mit einem Lächeln, das breiter war als das der Grinsekatze. »Und auch alles, was wir verpasst haben, wenn sie sich mit ... ihm getroffen hat.«
Niall nahm das Heft und blätterte es durch. Keinerlei Informationen zu dem, was er wirklich wissen wollte. Wie hatte es Jim geschafft, alle Spuren zu verwischen, die er in der Gegend hinterlassen hatte? Wie war es ihm gelungen, alle Menschen zu blenden, die es eigentlich besser wissen sollten? Er hätte direkt zu Father Malloy gehen sollen, um sich das nächste Kapitel in der Geschichte der Walsh-Schwestern zu besorgen. Jims Opium brachte offenbar noch aus dieser Entfernung selbst ihn dazu, wider alle Vernunft zu handeln.
»Dieser Jim«, sagte Niall in einem Tonfall, der für die Situation viel zu fröhlich war, während er so tat, als studiere er Mary Catherines Versäumnisliste mit großem Interesse, »ist er sehr plötzlich verstorben? «
Mary Catherines Beifall heischender Stolz verschwand aus ihrem Gesicht, und ihr Lächeln wurde bösartiger als ein Sommergewitter. »Alle hier wissen, was mit ihm passiert ist«, sagte sie und musterte Nialls schlecht sitzende Kleidung zum ersten Mal aufmerksam. Sie ahnte, dass er ein falscher Fuffziger war. »Ich dachte, Sie seien ein Freund von Miss Walsh gewesen? Warum wissen Sie es dann nicht?«
»Wir haben uns ... lange nicht gesehen«, stotterte Niall und fühlte sich auf einmal, als wäre er ein Wurm an einem Angelhaken, der in ein sehr tiefes Meer gehalten wurde. Dazu trug auch Mary Catherines eisiges Lächeln bei, das ihre Zahnspange zum Glitzern brachte. Sie zog ihm ihr pinkfarbenes Klassenbuch heftig aus der Hand.
Die Glocke schrillte los. Niall fragte sich, warum noch keine anderen Kinder ins Klassenzimmer gestürmt waren. Er lauschte und registrierte beunruhigt, dass auch auf dem Flur kein Kindergeschrei zu hören war.
»Sind Sie wirklich Mr. Breen? «, fragte Mary Catherine und legte ihren pflichtbewussten Kopf so schief, als säße er auf Sprungfedern.
»Das habe ich nie behauptet«, antwortete Niall und lächelte sie entschuldigend an, was sie überhaupt nicht beeindruckte. »Tut mir leid. Ich bin nicht euer neuer Vertretungslehrer.«
Das Mädchen richtete sich so stolz auf wie die Königin von Saba auf ihrem Thron, wenn sie über gefangene Feinde urteilte.
Niall folgte ihrem Blick aus dem Fenster und sah, wie die Polizistin, die er heute Morgen gesehen hatte, die Schultreppe heraufkam.
»Das habe ich auch keine Sekunde geglaubt. Und jetzt bin ich gespannt, was die da draußen von Ihnen halten«, zwitscherte Mary Catherine, rannte aus dem Zimmer und ließ Niall mit Fionas toten Pharaonen allein.
Bronagh studierte den Ausweis, der den langhaarigen Streuner als einen Angestellten der irischen Post deklarierte, sehr sorgfältig.
»Also, nach Briefmarkenräubern suchst du hier sicher nicht«, sagte sie seufzend. »Was hattest du also in der Schule zu suchen? Wolltest du zum Spaß ein paar Kinder erschrecken? Wahrscheinlich bist du ein Exhibitionist!« Sie saßen in dem Streifenwagen, den sie übernommen hatte, nachdem Sergeant Murphy, der ewige mahnende Zeigefinger in ihrem Leben, endlich in Rente gegangen war. Vor dem Auto stand in einiger Entfernung Mrs. Gately, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte Niall wütend an. Mary Catherine, die darauf achtete, immer in Sichtweite zu bleiben, stand neben ihr und phantasierte zweifellos eine gruselige Geschichte zusammen, die dem Spektakel seiner Verhaftung noch die Krone aufsetzen würde.
»Das stimmt überhaupt nicht!«
Bronagh fing Mary Catherines Blick auf. »Ich habe da etwas anderes gehört. Was machst du dann hier?«
»Ich suche jemanden.«
»Das hast du ja nun wirklich allen hier erzählt. Aber mit Details verschwendest du keine Zeit, was? Ich kenne euch Aasgeier. Auf der Suche nach Insiderinformationen bist du, nach der großen Story. Du willst herausfinden, „wie alles begann“, stimmt's?« Sie schürzte so angewidert die Lippen, als würde sie ihm am liebsten eine runterhauen. »Seit Fiona und Rosie gestorben sind, umschwärmt ihr uns wie Schmeißfliegen. Elende Vampire!« Bronagh durchsuchte Nialls Rucksack mit demselben Abscheu, als enthielte er Exkremente. »Siffige alte T-Shirts, Ersatzhose, Socken. Halb gegessener Schokoriegel.« Sie sah überrascht auf. »Hast du die Kamera bei Laura gelassen? Hast du gedacht, das ist unauffälliger? Schamlos. Schamlos seid ihr.«
»Ich bin kein Journalist«, sagte Niall und
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