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Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
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mir nicht vorstellen, dass die kleine Sergeant Daltry zu den wöchentlichen Pokerabenden des zukünftigen Mr. Walsh eingeladen werden würde. »Warum sitzen wir dann immer noch hier und labern?«
    Bronaghs Mundwinkel senkten sich, und sie unterdrückte einen Seufzer, der gefährlich nah an einem Schluchzer lag. Ich hörte in diesem Geräusch mehr als die Trauer über die Vergewaltigung meiner Schwester und ihre eigene Ohnmacht trotz ihres Sheriffsterns. Ich hörte zehn Monate voller Frustration über die ständigen Anschisse vom alten Sergeant Murphy und die Tatsache, dass nicht einmal rotznasige Schuljungen ihr Respekt entgegenbrachten. »Ich wollte dir sagen, dass ich jeden Stein umgedreht habe, um dem Kerl irgendwas anzuhängen. Irgendetwas. Er ist zu gut, um wahr zu sein, das weiß ich. Das wissen alle.«
    »Aber du gehst trotzdem zur Hochzeit«, fragte ich und versuchte, die verbogene Kippe, die ich in meiner Tasche gefunden hatte, so weit in Form zu biegen, dass ich sie anzünden konnte. »Stimmt's, Inspektor Colombo?«
    »Die Einladung lag heute im Briefkasten. Ich muss da hin.« Sie warf mir einen um Verzeihung flehenden Blick zu. »Habt ihr auch eine bekommen?«
    »Ich habe meine vor ein paar Minuten von Ihrer Majestät persönlich erhalten.«
    Bronagh klappte die Dokumentenmappe in ihren Händen auf. »Der Name des Mädchens war Laura Hilliard, sie stammte aus Stoke-on-Trent in England. Das Mädchen, das letzten Monat in Kenmare ermordet wurde.« Bronagh blickte auf, als zwei Männer in Gummistiefeln auf dem rutschigen Deck eines Trawlers ausrutschten und einen silberglänzenden Teppich aus zappelnden Fischen über dem Dock verteilten. »Der Mörder hinterließ keine DNA-Spuren. Bei Sarah McDonnell und Mrs. Holland aus Drimoleague ebenfalls nicht, falls du dich das fragst. Verstehst du, was das bedeutet? Keine Hautfetzen, kein Sperma, nicht einen einzigen verdammten Blutstropfen. Entweder trägt er die ganze Zeit Gummihandschuhe und Kondom, oder niemand wehrt sich gegen ihn.«
    Ich schaute die sterbenden Heringe an, die vor dem Auto zappelten, und dachte an den Gesichtsausdruck der Mädchen, denen Jim neulich über die Straße geholfen hatte. Wahre Ergebenheit. Man hätte neben ihnen eine Kanone abfeuern können, und sie hätten von fernem Donner gefaselt. »Wehrt sich in dieser Stadt irgendjemand?«
    Sie zog ein Blatt Papier heraus.
    »Bis heute. Auf einer Tasse im Haus von Mrs. Holland wurden bei der zweiten Untersuchung Speichelspuren gefunden. Bisher haben wir keine Übereinstimmung gefunden, aber es ist männlicher Speichel. Die Forensiker sagen, das Opfer hatte geschützten Sex, bevor ihr der Kopf eingeschlagen wurde. Keine Spermaspuren.«
    »Klingt nach einer tollen Party.«
    »Bring Aoife dazu, Anzeige zu erstatten. Dann verhafte ich den Mistkerl und hole mir wenigstens eine legale DNA-Probe, um sie mit ... «
    »Sie wird das nicht machen, und das weißt du. Ich liege ihr ständig damit in den Ohren, zu dir zu gehen. Sie geht lieber nach draußen und hört ihren Bäumen zu.«
    »Vielleicht finden wir ja Spuren an ihr ... «
    »Da bist du ein paar Duschen zu spät dran, Sergeant.« Bronagh steckte das Blatt wieder in die Mappe und stopfte sie unter ihren Sitz. Wir saßen schweigend im Auto und lauschten dem Klatschen der Fischschwänze auf dem heißen Asphalt. Ich erinnerte mich daran, dass ich kaum einen Meter von hier mit ihr meine erste Zigarette geraucht hatte. Als ich aufsah, weinte sie.
    »Hey, Bronagh, ganz ruhig«, sagte ich erschrocken. Ich kam mir wie ein eiskaltes Miststück vor, wusste aber wirklich nicht, wie ich sie trösten sollte. »Es wird alles gut.«
    Sie wischte sich die Nase an ihrem gestärkten blauen Ärmel ab und schickte mir einen wütenden Blick, der mir verriet, dass sie wusste, wovon ich heimlich träumte. »Das ist gelogen, und das weißt du auch.«
    »Kann ich bitte noch ein Murphy's haben, Jonno?«
    Die Stimme gehörte mir. Das wusste ich, weil meine Kehle bei den Worten vibrierte. Aber die Frau, die das sagte, war bis zur Unkenntlichkeit verkleidet. Ich spielte nämlich die Rolle der mysteriösen Stadtkurtisane, deren Mythos sich die meisten Stammkunden hier so gerne zuflüsterten. Besonders den Teil, dass ich angeblich nie einen Mann ranließ. Da ich dieses Image ohnehin nicht los wurde, würde ich es heute Abend wenigstens ausnützen. Als Bronagh endlich aufgehört hatte zu heulen, war ich nach Hause gegangen, hatte meinen kürzesten schwarzen Rock gesucht und noch

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