Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Darling Jim

Darling Jim

Titel: Darling Jim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mork
Vom Netzwerk:
ein paar Zentimeter Stoff abgeschnitten. Ich besprühte mich mit irgendeinem teuren französischen Duft, den Evi bei mir vergessen hatte, und fragte mich, ob dieser Sexy-Hexy-Look ausreichen würde, um einen gewissen Jim Quick an den Haken zu kriegen. Dann radelte ich den Hügel hinab, holte tief Luft und öffnete die Kneipentür.
    Mittwochabends verloren McSorleys Gäste nämlich regelmäßig den Verstand, weil sie der gute Jim mit einer kleinen Geschichte oder einem Liedchen beglückte. Es war meine letzte und einzige Chance, vor der Hochzeit meine Klauen in ihn zu schlagen.
    Jonno stand schon vor meiner Geburt hinter der Bar von McSorley's, Gott segne seine Plastikzähne. Wie ein vom Trawler gesprungener Cowboy kam er wiegenden Schrittes auf mich zu und stellte das Glas vor mich hin. Der gute Jonno. Er schaute in mein viel zu stark geschminktes Gesicht und wollte mich gerade fragen, warum ich mich so aufführte. Aber er überlegte es sich anders und schwieg, warf mir sein strahlendstes Hollywood-Lächeln zu und ging auf seinen Posten zurück. Das werde ich ihm nie vergessen. Er hätte meinen Plan mit einem Wort ruinieren können, denn Wölfe rechnen zwar nicht damit, dass sie plötzlich von ihrer Beute gejagt werden, aber sie werden trotzdem unruhig, wenn sie spüren, dass irgendetwas anders ist als sonst.
    Ich blieb also in der Nische, über der quasi der Name meiner Schwestern und mir geschrieben stand, und trank gemütlich mein Bier. Mehr als eine Stunde lang spielte ich die gelangweilte Hausfrau, bis der einzige Mann, dessen Blick ich auf mir spüren wollte, seine Ankunft dadurch ankündigte, dass ich eine Gänsehaut bekam. Ich zündete mir noch eine Marlboro an und brach den Filter ab, damit sie besser reinzog. Castletownberes neuen Ehrenbürger beachtete ich erst, als er beinahe auf meinem Schoß saß.
    »Alleine trinken ist schlecht für die Stimmung, hat mein Vater immer gesagt.«
    »Soso«, sagte ich und starrte auf die gelbe Tapete. »Kluger Mann.«
    »Er hat auch gesagt ... «
    »Hängt hier ein Schild, auf dem steht: „Hereinspaziert, Hinz und Kunz, falls ihr ein Pläuschchen halten wollt“«, fragte ich, aber achtete darauf, nicht zu übertreiben. Wenn ich schlecht schauspielerte, würde er es sofort bemerken. Er verdiente ja schließlich sein Geld damit. Aber ich hatte ein Ass im Ärmel. Schon mein ganzes Leben lang behandelte ich Männer so. Und sie kamen immer wieder und bettelten um mehr.
    »Nein, da hängt kein solches Schild.« Er grinste und nickte, als hätte ich etwas sehr Tiefsinniges gesagt.
    »Dann verstehen wir uns ja«, sagte ich und senkte den Blick. Die Gespräche im Raum gingen in unverminderter Lautstärke weiter, Stiefel schabten über den Boden. Aber ich wusste, dass alle gespannt darauf warteten, was der seanchai als Nächstes von sich geben würde. Seit er in der Stadt war, hatte niemand mehr miterlebt, wie ich den Boden mit einem Kerl wischte, der mir an die Wäsche wollte. Außerdem hatte ich die Hälfte der Typen bereits auflaufen lassen, und sie hassten mich wie die Pest. Aber wenn sie mit ihren Ehefrauen im Bett waren, dachten sie trotzdem an mich.
    »Ich weiß, warum du wütend bist«, begann er mit einer Stimme, die so zuckersüß war, dass es sogar mir schwerfiel, mir nicht ein Stück davon abzubrechen und daran zu lecken. Ich riss mich zusammen und tat so, als sähe ich mich im Raum um.
    »Ganz alleine hier? Lässt dich deine Sugar-Mami etwa ohne Aufsicht losziehen? Sie wartet doch sicher mit dem Abendessen auf dich.«
    Sogar die Holzharfe an der Wand hielt den Atem an. Ich hörte nur das leise Klirren von Gläsern, nahm einen Zug von meiner Zigarette und blies den Rauch zu meinen grün lackierten Zehennägeln. Diese Beute hier würde nicht kampflos aufgeben, und wir waren noch in der ersten Runde.
    »Ich bin nicht derjenige, auf den du wütend sein solltest«, sagte er mit derselben Obi-Wan-Kenobi-Stimme, die offenbar seine Lieblingswaffe war. »Ich weiß, was deine Schwester wahrscheinlich behauptet, aber ich hatte damit nichts ... «
    »Warum redest du immer noch mit mir?«, fragte ich und schaute direkt zwischen seine Bernsteinmagnete, als wolle ich ihm die Lungen aus dem schönen Körper reißen. Dafür musste ich nicht schauspielern.
    »Ich habe mit Aoife geschlafen, das ist wahr«, sagte er mit erhobenen Händen, als erwarte er, dass gleich die Bullen hereinstürmen würden. »Und ich bin nicht stolz darauf. Es ist einfach ... passiert. Aber ich schwöre bei

Weitere Kostenlose Bücher