Darling Jim
würde. Mein Kleid war noch kürzer als mein Rock von gestern, und die Brise erledigte ihren Job vorbildlich. Als ich mich setzte, sah er mir nicht ins Gesicht.
»Na, na«, sagte er kopfschüttelnd und nahm selbst einen Schluck. »Gib dem Mann doch eine Chance.«
Ich griff in den Weidenkorb und holte einen Hühnerflügel heraus, starrte auf die knusprige Haut und wusste, dass ich es nicht schaffen würde, hier zu sitzen und Appetit vorzutäuschen. »Und was ist dein großer Plan für Aoife? «, fragte ich und knabberte ein bisschen an der Kruste. »Sie hat ihr Haus seit mehr als einer Woche nicht verlassen.«
»Kann ich mit ihr reden?«
»Tolle Idee. Bring ihr doch auch eine Flasche Weißwein mit.« Mein Mund war ausgedörrt, aber ich würde lieber sterben als mit ihm ein Glas teilen. »Vielleicht kann ich über Father Malloy in der Kirche was arrangieren.«
Jims Gesicht leuchtete auf, als hätte ich ihm vorgeschlagen, den Reißverschluss seiner Hose zu öffnen und loszulegen. »Glaubst du wirklich, sie würde ... «
»Ganz ruhig, Billy Shakespeare. Ich habe gesagt vielleicht. Aber falls du ein Wunder erwartest, bevor du mit meiner geliebten Tante zum Traualtar schreitest, dann muss ich dich enttäuschen. Das ist schon in zwei Tagen.« Ich sah mich um und erblickte nur zwei Eichhörnchen, die uns beobachteten. Und denen war alles egal.
Er lächelte auf eine Art, die mir überhaupt nicht gefiel. »Kannst sie nicht leiden, die gute Moira. Stimmt's?« »Sie gehört zur Familie.«
»Das haben die Mansons auch immer behauptet. Sag mir die Wahrheit.«
Hinter dem Glas sah ich nur seine Augen, die sich dunkel und mysteriös in meine bohrten. Dieser Penner war so widerlich, dass ich ihn gleich hätte kaltmachen sollen. Aber das entsprach nicht dem Plan. »Meine Schwestern und ich sind schon immer füreinander da gewesen, okay?«
»Weißt du, was ich mich schon lange frage?«, fuhr Jim fort, und seine Stimme klang viel weniger einschmeichelnd als noch vor einem Augenblick. »Seit jenem Abend in McSorley's, an dem ich euch drei zum ersten Mal zusammen gesehen habe. Es plagt mich wie ein Stein im Schuh, den ich nicht loswerde.«
»Wenn du sonst keine Sorgen hast ... « Meine Stimme blieb fest, aber das kostete mich viel Kraft. Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schaute dabei unauffällig zu dem Benz rüber. Weit hinter den Bäumen hörte man ein anderes Auto im Leerlauf. Aus irgendeinem Grund wollte ich nicht, dass es wegfuhr, aber bald geschah genau das. Als ich ihn wieder ansah, waren sogar die Möwen verstummt.
»Du bist klüger als deine Schwestern«, sagte er kopfschüttelnd. »Um einiges klüger, das stimmt doch, oder? Du bringst dich nie in gefährliche Situationen, selbst wenn du zehn Pints getankt hast.« Er leerte sein Weinglas und schnalzte mit der Zunge. »Und dennoch bist du hier, lesbische Liebe meines Lebens, und tänzelst vor mir herum wie eine schlechte Pornoschauspielerin. Ich habe also nur eine Frage: Worauf wartest du? Warum hast du mir das Messer in deiner Tasche nicht schon gestern Abend in die Brust gerammt? «
Ich war zur Salzsäule erstarrt. Es war Zeit zu handeln, mich auf ihn zu stürzen, aber ich starrte nur auf meine im Schoß gefalteten Hände wie eine Oma unter Beruhigungsmitteln. »Wird er sie töten oder lieben?«, fragte ich, aber so leise, dass die Wellen meine Worte übertönten.
»Wie bitte?«, fragte er und schenkte sich noch ein Glas Wein ein. Wie ein Landedelmann, der mit seiner Angebeteten im Grünen sitzt.
»Das ist meine Frage an dich. Prinz Euan musste doch diese Entscheidung treffen. Genau die Entscheidung triffst doch auch du, wenn du ein Blümchen pflückst, das dir gefällt. Was war das Problem mit Sarah McDonnell? Zu früh verblüht für deinen Geschmack? Oder hat sie einfach unter dein Make-up gelinst und den Wolf gesehen?«
Jim setzte das Glas ab und applaudierte. Sein Gesicht war eine Maske des Entzückens.
»Wir hätten uns viel früher kennenlernen sollen. Du hättest Tomos Posten übernehmen können, und gemeinsam wären uns doppelt so viele Idioten ins Netz gegangen. Mädels für mich, Jungs für dich, und die Beute hätten wir gerecht geteilt. Tja, schade.« Er erhob sich und fegte Grashalme von seiner Hose. »Gut. Bringen wir's hinter uns. Nicht, dass meine Braut noch denkt, ich treibe mich mit irgendwelchen Flittchen rum.«
»Ich bin nicht alleine hier.« Ich bewegte mich immer noch nicht, als er auf mich zukam.
Jim schaute zu dem
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