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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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neue Widersprüche kommen ihm in den Sinn, und so vergehen die Monate. Die ganze Natur ist pervers und verhält sich nicht so, wie ich es mir wünsche. Die lähmende Angst setzt wieder ein. Noch nicht genug Beweise. Er denke, vertraut er Hooker an, sein Werk für mehrere Jahre nicht veröffentlichen zu können. Um alle Argumente sorgfältig aufbauen zu können, rückt er von Lyells Idee eines schlanken Essays ab (den er praktisch fertig in der Schublade hat) und denkt über eine mehrbändige Monografie nach.

    Als er gerade mit dem Schreiben beginnt, ist die achtundvierzigjährige Emma völlig unerwartet erneut schwanger. Im Dezember 1856 wird Charles Waring Darwin geboren. Bald stellt sich heraus, dass er »ohne sein volles Maß an Intelligenz zur Welt gekommen« ist. Randal Keynes, der Ururenkel Darwins, hat Nachforschungen zur Ursache angestellt. Er geht davon aus, dass sein Urgroßonkel unter dem Downsyndrom litt. Mongolismus, eine Erbkrankheit - ein weiterer Schock für Darwin, der seit seiner Heirat die Rache der Natur für seine Cousinenehe fürchtet.
    Was für ein Buch könnte ein Kaplan des Teufels über das plumpe, verschwenderische, stümperhaft niedrige und entsetzlich grausame Wirken der Natur schreiben. Zeilen an Hooker, der längst ahnt, dass sein Freund schon bald diese Rolle annehmen wird: Kaplan des Teufels. Darwins Arbeit verliert merklich an Tempo. Wenn er so weitermacht, wird ihn sein Projekt noch etliche Jahre beschäftigen. Und die Krankheit hat ihn wieder, schlimmer denn je. Die Schmerzen werden so unerträglich, dass er sich einer Schnell-Wasserkur unterzieht. Der »Erfolg« nach einer Woche legt indes vor allem einen Schluss nahe: Darwin als Hypochonder ist besonders empfänglich für Placebobehandlungen.
    Mit der Bitte um Geheimhaltung weiht er 1857 einen weiteren Kollegen in sein Denken ein, den amerikanischen Botaniker Asa Gray. Der hat ihn mit Details über Pflanzen in den USA versorgt. Als ehrlicher Mensch muss ich Ihnen sagen, dass ich zu dem ketzerischen Schluss gekommen bin, dass es so etwas wie unabhängig voneinander erschaffene Spezies nicht gibt - dass die Spezies nur ausgeprägtere Spielarten sind. Gray zeigt sich angetan, warnt Darwin aber davor, die natürliche Auslese wie eine Person erscheinen zu lassen. Ein kluger Rat: Damit würde die Hand Gottes durch die Hintertür wieder hereingelassen. Gegenüber Hooker stellt Darwin klar, dass Organismen nicht vollkommen sind, nur vollkommen genug, um mit ihren Konkurrenten wetteifern zu können.
    Und Wallace im fernen Asien? Statt sich bedeckt zu halten und seine Arbeit abzuschließen, macht Darwin ihm jovial Mut. Ohne Spekulation gibt es kein gutes und originelles Beobachten. … Auf seine eigenen Gedanken könne er nicht eingehen. Dazu seien sie viel zu umfangreich. Ich gedenke frühestens in zwei Jahren damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Na dann, wird sich Wallace gesagt haben. In einem Fieberanfall
schreibt er die wichtigsten zwanzig Seiten seines Lebens und schickt sie als Brief an Darwin.
    Es trifft Darwin wie ein Schlag. Sollte dieser Text vor seiner Monografie veröffentlicht werden, wäre er nur Zweiter, und das heißt in der Wissenschaft: unter ferner liefen. Meine ganze Originalität, was auch immer sie wert sein mag, wird dadurch zunichte. Wallace bittet ihn, das Manuskript an Lyell weiterzureichen. Ihre Worte haben sich mit Macht erfüllt , schreibt Darwin dem Geologen, der sich in seiner Warnung mehr als bestätigt sieht. Doch Darwin weigert sich, jetzt schnell zu publizieren und den ahnungslosen Kollegen in Fernost zu hintergehen. Lieber würde ich mein ganzes Buch verbrennen, als dass er oder irgendein anderer denken sollte, ich hätte schäbig gehandelt. Er weiß, dass die Geschichte ihm eine solche Sünde nicht verzeihen würde.
    Lyell schlägt vor, die Arbeiten gemeinsam zu veröffentlichen. Doch Darwin ist nun völlig unfähig, irgendeine Entscheidung zu treffen. Sein behinderter Sohn Charles ist an Diphtherie erkrankt und nach wenigen Tagen gestorben. Ich kann nicht denken, schreibt er an Hooker, ich bin völlig am Ende. … Ich werde alles tun, was man mir sagt.
    Jetzt ist Eile geboten. Hooker und Lyell gelingt es am letzten Tag vor der Versammlung der ehrwürdigen Linné-Gesellschaft, die Beiträge auf die Tagesordnung zu setzen: Teile von Darwins Essay von 1844, der so lange geheim mit den Zeilen für Emma im Umschlag geschlummert hat, seinen Brief an Asa Gray und Wallaces Aufsatz.
    Die Sitzung findet ohne

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