Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
Vom Netzwerk:
Land und Wasser sich ausgetauscht haben. So wird Cocos zum heimlichen Höhepunkt der Reise.
    Der Verdacht, Korallen gehörten zum Pflanzenreich, war indes nicht unbegründet. Ihre Hauptnahrungsquelle stammt tatsächlich aus Photosynthese. In ihrem Gewebe leben winzige Algen, sogenannte Zooxanthellae, die wie alle Pflanzen Sonnenenergie in Zucker und Stärke speichern.
     
    Dieser bizarren Lebensgemeinschaft zwischen Licht und Fels verdankt eine kaum minder außergewöhnliche Menschengemeinschaft ihre Existenz: West Island zählt bei meinem Besuch 121 Einwohner. Wie wir zehn Gäste sind sie durchweg europäisch-christlicher Abstammung und pflegen einen westlichen Lebensstil. Die meisten arbeiten nur auf Zeitvertrag hier und gehen nach ein paar Jahren zurück nach Australien.
    Auf der anderen Seite der Lagune, auf Home Island, lebt seit Generationen die streng islamische Gemeinde der Cocos-Malaien, etwa fünfhundert, die sich selbst »Orang pulu« nennen, »Leute von den Inseln«. Die Einheimischen gehören verschiedenen Inseln des Ostindischen Archipels an, sprechen aber alle dieselbe Sprache. Alle können Englisch, die Älteren gebrochen, die Jugend perfekt. Umgekehrt spricht drüben im Westen kaum einer mehr als zwei Brocken ihres »Bahasa Cocos«, eines malaiischen Dialekts, den Darwin gehört hat und der nur auf dem Atoll bekannt ist. Beide Seiten haben Post und Bank, ein paar Stunden die Woche geöffnet, Gesundheitszentrum, Supermarkt, Feuerwehr und Hurrikanschutzhaus. Die Grundschule liegt auf Home Island. Die Lehrer kommen aus Australien, wie in der Highschool auf West Island, wo es neben Flughafen, Polizeistation und Kommunikationszentrum mit Internet auch die einzigen Unterkünfte für Touristen gibt.
    Auf einer Seite der Lagune tragen alle Mädchen und Frauen ihren Hijab, die muslimische Kopfbedeckung. Sie dürfen allenfalls in voller Kleidung am Strand baden, und die Männer gehen in ihrem traditionellen Umhang zur Predigt. Fünfmal am Tag Gesang von den Moscheen mit Andacht und Gebet. Ein paar Familienrestaurants servieren köstliche malaiische Gerichte. Es gilt striktes Alkoholverbot.

    Auf der anderen Seite herrscht tropisch leichte Kleidung vor, Badehose und Bikini am Strand, und im »Tropika«, mehr Kantine als Restaurant, bedienen sich am Abend vor allem Touristen und küchenmüde Junggesellen selbst. Danach lassen sie sich im »Cocos Club«, Gemeindezentrum und Bar in einem, von der engelhaften Emma kalt schäumende Biere und eisklingelnde Drinks servieren. Und doch gilt für die Leute von Cocos das Gleiche wie für die symbiotischen Korallen und Algen: Die einen ermöglichen die Existenz der anderen.
    Die Vorgeschichte der geteilten Gemeinschaft geht ziemlich genau auf Darwins Tage zurück. Vor ungefähr neun Jahren brachte Mr. Hare, ein wertloser Mensch, vom Ostindischen Archipel etliche malaiische Sklaven, welche nun samt ihren Kindern über hundert zählten. Der britische Erstbesiedler muss, so wie ihn die Annalen schildern, ein übler Geselle gewesen sein. Gewalt, Ausbeutung, Vielweiberei. Kurz darauf traf Kapitän Ross … aus England ein und brachte seine Familie und Güter mit, um sich dort anzusiedeln. … Die malaiischen Sklaven flüchteten bald von der Insel, auf der Mr. Hare sich niedergelassen hatte - heute Prison Island genannt -, und schlossen sich Kapitän Ross ’ Gesellschaft an. Daraufhin sah Mr. Hare sich schließlich gezwungen, die Insel zu verlassen .
    Wieder stolpert Darwin über eine Weltlinie des Schicksals, deren Ausläufer bis in unsere Tage reichen. Dazwischen liegt ein bemerkenswerter Akt britischer Kolonialgeschichte. Kapitän John Clunies-Ross, wie er mit vollem Namen heißt, nunmehr alleiniger Herrscher über das winzige Inselreich, sucht Anschluss an seine Heimat. Doch die Krone sieht nicht den Nutzen des Besitzes, gemessen an den Kosten, einer einsamen Inselgruppe im Notfall militärischen Schutz gewähren zu müssen. Da ziehen die Inselbewohner die Fahne der Holländer auf, die im nicht allzu fernen Indonesien herrschen. Doch auch die zeigen sich wenig erfreut über die freiwillige Zwangseingemeindung und zwingen Clunies-Ross mit Drohungen, die Flagge einzuholen.
    Die Cocos Islands - seit 1609 nach ihrem Entdecker auch Keeling Islands genannt - bleiben staatenlos. Die Malaien vermehren sich und den Reichtum des ebenfalls wachsenden Schottenclans, auf dessen Kokosplantagen sie arbeiten. Dann passiert etwas völlig Unerwartetes: Im Jahr 1857 taucht ein Schiff der

Weitere Kostenlose Bücher