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Darwin - Das Abenteuer Des Lebens

Titel: Darwin - Das Abenteuer Des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Neffe
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Atolle entstehen.

23
    Cocos-Inseln

    Die Natur der Korallen · Zwei Inseln, zwei Welten · Ein kurioses öffentliches Telefon · Ein einmaliges Experiment · Die Theorie der Riffe und Atolle
     
     
    Die Gebrauchsanweisung für diese Welt irgendwo im Indischen Ozean passt auf ein Blatt Papier. Örtlichkeiten, Öffnungszeiten, Fahrpläne. Der »Cyclone Action Plan« füllt ein Weiteres. Stufe Blau bei achtundvierzig Stunden Vorwarnzeit, Gelb bei zwölf und Rot für unmittelbare Evakuierung. »Altitude 10 Feet«, heißt es am Flughafen auf West Island, neben Home Island die einzige bewohnte der rund dreißig Inseln und Inselchen des kleinen Cocos-Atolls. Gut drei Meter über dem Meeresspiegel. Bei Sturmfluten steht die Startbahn unter Wasser. Zwei Flüge pro Woche von Perth in einem alten vierstrahligen Jet, der zwischendurch auftanken muss. Sieben Stunden im Flugzeug, die einzige direkte Verbindung zum australischen Mutterland. Zwischendrin dient das Rollfeld als Golfplatz.
    Die Hausnummern haben zwei Seiten. In ruhigen Zeiten stehen alle auf Blau. Bei Sturmwarnung dreht der Letzte, der ein Haus verlässt, von Blau auf Rot. Dann sehen die umherfahrenden Streifen, dass sich niemand mehr drinnen aufhält. José, der Koch im »Tropika«, dem einzigen Restaurant auf West Island, lebt seit achtundzwanzig Jahren hier. Siebenmal hat der Timor-Portugiese Rot gesehen und im Schutzraum der Gemeinde Zuflucht vor Wirbelstürmen suchen müssen. Bislang ist alles glimpflich verlaufen, niemand zu Schaden gekommen. Wörter wie »Klimawandel« mag man hier gar nicht erst denken.
    Dass sie sich dennoch relativ sicher fühlen, die rund sechshundert Seelen von Cocos, verdanken sie einem Phänomen, das Darwin als Erster wissenschaftlich erklärt. Der Ozean, der seine Wasser über das breite Riff wirft, erscheint als unbesiegbarer, allmächtiger Feind, doch sehen wir ihn
durch Mittel, die zunächst sehr schwach und wirkungslos erscheinen, aufgehalten und gar bezwungen. Mit seinem Buch »Über den Bau und die Verbreitung der Corallenriffe« setzt er sich fünf Jahre nach Rückkehr von der Reise als Wissenschaftler ein erstes kleines Denkmal.
    Die Idee hat er dem Publikum schon in seinem Reisejournal verraten. Die feste Korallenbank an der Außenseite bricht mittels ihrer Breite die erste Wucht der Wellen, die ansonsten diese Eilande und alle ihre Erzeugnisse an einem Tag hinwegspülen würden . Sogar ein Tsunami mit seinen haushohen Wellen scheint ihnen nichts anhaben zu können. Nicht, dass der Ozean das Korallengestein verschonte; die großen Brocken, die über das Riff verstreut liegen und am Strand aufgehäuft sind, verraten deutlich die unerbittliche Gewalt der Wellen … Dennoch widerstehen diese flachen, unbedeutenden Koralleneilande und obsiegen: Denn hier beteiligt sich eine weitere Macht als Gegner an dem Kampf. Die organischen Kräfte trennen die Atome des Calciumcarbonats eines ums andere von den schäumenden Brechern und verbinden sie zu einer symmetrischen Struktur.
    Korallen gehören zum Erstaunlichsten, was die Natur sich hat einfallen lassen. Lange war nicht einmal klar, zu welchem Großreich des Lebens sie gehören. Als festsitzende Wesen, die Sonnenlicht verwerten, scheinen sie der maritimen Flora anzugehören. Sie bilden auch Knospen und verzweigen sich wie Pflanzen. Mit ihren mikroskopischen Tentakeln dagegen fangen sie Plankton und führen es in ihren Mund wie Tiere. Denen werden sie als Polypen auch zugerechnet. Während die Weichtiere wachsen, sondern sie Hüllen aus Kalk ab. Dabei bleiben sie miteinander verbunden wie ein Superorganismus und lassen als Skelett die alten Gehäuse ihrer Altvordern zurück. Mit dem Tier wächst der Stein.
    Wir sind überrascht, wenn Reisende uns von den riesigen Ausmaßen der Pyramiden und anderer großer Ruinen berichten, doch wie vollkommen unbedeutend sind deren größte, verglichen mit diesen Bergen aus Stein, die vom Wirken verschiedener winziger, weicher Tiere aufgehäuft worden sind! Das ist ein Wunder, das zunächst nicht das Auge des Körpers in Erstaunen versetzt, sondern nach einigem Nachdenken das des Verstandes.
    An dieser Stelle verschmelzen Darwins Leidenschaften. Biologie macht Geologie. Leben schafft Land, Raum für neues Leben. So erhalten wir nun gleich einem Geologen, der seine zehntausend Jahre gelebt und daher über all die Veränderungen Buch geführt hat, eine Einsicht in das große
System, wodurch die Oberfläche dieses Erdballs aufgebrochen worden ist und

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