Darwin - Das Abenteuer Des Lebens
Welt man da steht, so stark in die Gedanken. Vielleicht liegt es an der Ahnung von etwas Bleibendem, wenn die Bilder den Worten gleichen, die 175 Jahre vorher ein junger Abenteurer zu Papier gebracht hat. Die hohen Berge an der Nordseite … sind von einem breiten Mantel ewigen Schnees bedeckt, und zahlreiche Kaskaden führen ihr Wasser durch die Wälder in den schmalen Kanal darunter.
Darwin sieht hier endlich auch die Schönheit des ewigen Eises. Wir erreichen den Abzweig des nördlichen Arms des Beagle-Kanals. Mächtige Eisfelder liegen auf den Bergen im Norden. An vielen Stellen reichen prachtvolle Gletscher von den Berghängen bis zum Wasserrand. Etwas Schöneres als das beryllartige Blau dieser Gletscher ist kaum denkbar. Die Eisflächen scheinen regelrecht zu leuchten. Selbst in der Dämmerung strahlen sie wie kalte Sterne. Die Bruchstücke, die vom Gletscher ins Wasser gefallen waren, trieben davon, und der Kanal mit seinen Eisbergen bot auf einer Strecke von einer Meile ein Miniaturbild des Polarmeers. Alles wie damals. Ein Stückchen Welt, das noch sein altes Antlitz trägt.
Hier wird Darwin an seinem 25. Geburtstag eine besondere Ehre zuteil. Der Kapitän benennt den vermeintlich höchsten Berg nach ihm. Die Cordillera Darwin mit dem 2488 Meter hohen Mount Darwin steigt wie ein Bollwerk nach Norden steil aus dem Wasser empor. Selbst wenn er nie seine Theorie formuliert hätte - von diesem Moment an gehört Darwins Name unauslöschlich auf die Karten der Welt. Die ganze Gegend wirkt wie ein abgesoffenes Gebirge, von dem allein die Spitzen aus dem Wasser ragen. Vermutlich verdankt sich dies einer Ursache, an die man zunächst nicht denkt, nämlich dass man die ganze Masse vom Gipfel bis zum Wasserrand meist vollständig vor Augen hat.
Es wird nie ganz hell und fast nie richtig dunkel. Manchmal scheint der Mond durch die Wolken. Tümmler begleiten uns. Im fahlen Licht zischen sie heran wie ein Schwarm von Silberpfeilen, die blitzschnell überholen oder lange auf gleicher Höhe bleiben, als suchten sie Kontakt. Der Kanal führte nun zwischen Inseln hindurch; und dieser Teil war völlig unbekannt; es regnet unablässig. Ein Norweger an Bord fühlt sich an seine Heimat erinnert. Wir fahren am Cabo Froward vorbei, dem südlichsten Punkt des amerikanischen Festlands.
Da hob sich … allmählich der Nebelschleier vom Sarmiento und bot ihn unseren Blicken dar. Dieser Berg, einer der höchsten in Feuerland, hat eine Höhe von 6800 Fuß - 2073 Meter . Unten ist er auf ungefähr einem Achtel seiner Gesamthöhe von dunklen Wäldern eingehüllt, darüber erstreckt sich ein Schneefeld bis zum Gipfel. Das haushohe Kreuz »Cruz de los Mares«, wo die Magellanstraße sich wie ein Binnenmeer öffnet, bleibt im Dunst verborgen. Diese Szenen haben etwas sehr Erhabenes … die Stille der Nacht wird nur vom schweren Atmen der Seemänner unter den Zelten und zuweilen vom Schrei eines Nachtvogels unterbrochen.
Ich habe versucht, in drückender Enge bei verbrauchter Luft neben einem Schnarchenden zu schlafen. Unmöglich. Dann lieber draußen frieren und Bilder tanken. Das einzige halbwegs geschützte Plätzchen liegt unter der Treppe zur Brücke. Gegen Mitternacht öffnet sich die Tür zur Lotsenkabine. Wärme dringt aus dem Innern. Sergio, der Erste Offizier, tritt ausgeschlafen, frisch geduscht und angekleidet seinen Dienst an. Bevor die Tür sich schließt, sehe ich das Bad, einen Tisch mit Stuhl und ein Etagenbett.
Da nehme ich all meine Chuzpe zusammen. »Sie haben zwei Betten?« - »Ja.« - »Wer schläft denn im anderen?« - »Niemand.« - »Könnte ich nicht …?« - »Tut mir leid, ich habe kein Bettzeug.« - »Aber ich habe einen Schlafsack.« Ich muss ziemlich durchgefroren und bedürftig aus der Wäsche geschaut haben. Oder ist es die chilenische Form der Gastfreundschaft, die ich in den kommenden Wochen noch häufiger erfahre? Jedenfalls fackelt Sergio nicht lange und sagt: »Hol deinen Schlafsack. Ich habe sechs Stunden Schicht. Aber sag niemandem etwas.«
Er hat mir das obere Bett in der Lotsenkabine gegeben, der »Camarote Pilotos«, Raum 203. Morgens kommt er so leise herein, dass er kaum in meinen Schlaf vordringen kann. Seit achtundzwanzig Jahren fährt er auf der Bahia Azul. Ein ausgeglichener Mann, den scheinbar nichts aus der Ruhe bringen kann. »Warum bist du nicht Kapitän?« - »Die Verantwortung sollen andere tragen.«
Als solch einen Anti-Alpha, der die Macht über sein eigenes Leben der Macht
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