Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
Zufall (Mutation) und Notwendigkeit (Selektion) als „
Gestalter
“ der Evolution. Wohl aus Mangel an wissenschaftlich fundierten Argumenten sieht die Darwingegnerschaft in solch veranschaulichenden Ausdrucksweisen ein Lichtpünktchen am Horizont, mit dem sie ihrer oberflächlichen „Manöverkritik“ an Darwins Lebenswerk doch noch einigen Rückhalt zu verschaffen glauben. Reinhard Eichelbeck, studierter Psychologe, Kunst- und Theaterwissenschaftler und der wohl aktivste „Darwin-Hetzer“, schreibt in seinem Hauptwerk, dem „
Darwin-Komplott
“: „Die schöpferische Instanz, die der Darwinismus in Gestalt des alten Mannes mit dem weißen Bart zur Vordertür herausgetrieben hat, wurde durch die Hintertür der Sprache wieder hereingelassen. Und auch hierin zeigt sich, dass der Darwinismus kein wissenschaftliches Denkmodell ist, sondern ein verkappter Schöpfungsmythos.“ Herr Eichelbeck hat offenbar ein sehr eigenes Verständnis von „Wissenschaftlichkeit“. Es sieht wirklich nach einer krampfhaften Suche nach dem berühmten „Härchen in der Suppe aus“, wenn die Verwendung von Vokabeln mit kreativem Wortsinn instrumentalisiert wird, um das Funktionsgetriebe des Formenwandels zum Einsturz zu bringen. Ein wahrlich bescheidener und zur Erfolglosigkeit verdammter Versuch. Wenn Herr Eichelbeck meint, Entwicklung und Veränderung bestehender Strukturen durch den Mechanismus von Mutation und Selektion dürfe dem Sinne nach nicht mit Begriffen wie Gestaltung oder Konstruktion in Verbindung gebracht werden, weil derartiges Vokabular einzig der vorausgeplanten Neuentstehung aus dem Nichts vorzubehalten sei, möge man ihm das zugestehen. Daran wird aber das Darwin’sche Deszendenzmodell keinen Schaden nehmen. Die Evolutionstheorie ist, wie bereits mehrfach betont, kein Erklärungsversuch der möglichen Anfänge des Lebens – also kein Neuschöpfungsmodell. Und dass hinter dem „gestaltenden“ Wechselspiel zwischen Zufall und Notwendigkeit eine übergeordnete Kraft wirken könnte, ob als Schöpfer, als Gott oder gar nicht begrifflich erfasst, will doch kein Darwinist bestreiten – der Autor des vorliegenden Buches am allerwenigsten. Der Gottesglaube bleibt jedem selbst überlassen, ist schon per definitionem kein Thema für einen wissenschaftlichen Disput. Aber den Darwinismus lässt er ganz gewiss nicht zum Einsturz bringen. Es sei noch einmal klar herausgestellt: EVOLUTION UND DAS WIRKEN GOTTES SCHLIESSEN EINANDER NICHT AUS! Ganz im Gegenteil wird das genial von der Natur praktizierte Evolutionsgeschehen bei Annahme einer dahinter stehenden Kraft enorm gestärkt. Wie diese Kraft beschaffen sein könnte, entzieht sich in Gänze unserem Wissen, sollte es auch bleiben – ist eben Glaubenssache. Warum aber versucht die Darwingegnerschaft mit aller Macht einen Keil zwischen Glauben und Naturwissenschaft zu treiben, wenn sich doch beides so harmonisch vereinen lässt?
Das Evolutionsmodell ist mit dem Glauben an eine göttliche Kraft widerspruchsfrei vereinbar – es kommt aber auch ohne ihn aus.
Neodarwinismus oder der Lamarckist in Darwin
In der Einführung haben Sie bereits Grundlegendes über die Lehre des Evolutionsavantgardisten Jean-Baptiste de Lamarck (1744 - 1829) erfahren, der 1809 erstmals ein Modell zum Mechanismus des Artwandels publizierte. Dessen prägende Punkte sind eine aktive Umweltanpassung durch Gebrauch und Nicht-Gebrauch von Organen (z. B. der lange Giraffenhals als Ergebnis einer gezielten Streckung zwecks erfolgreicher Futtersuche) sowie die Vererbung auf derartige Weise erworbener Eigenschaften. Dass es sich bei den Lamarck’schen Grundannahmen um Fehleinschätzungen handelt, ist mit unserem heutigen Wissensstand nachgewiesen 5 , ließ sich aber zu Darwins Zeiten mangels fehlender molekularbiologischer Kenntnisse und Analysemethoden nicht wissenschaftlich überprüfen. Vor diesem Hintergrund darf es nicht verwundern, dass Darwin zumindest partiell den Vorstellungen Lamarcks zustimmte. Wenn er auch nicht die aktive Umweltanpassung als Instrument der Variantenproduktion ansah, so glaubte er doch an die Vererbung individuell erworbener Eigenschaften. Bezüglich des Evolutionsmechanismus (Lamarck: aktive Anpassung + Vererbung; Darwin: zufällige Variation + richtungsweisende Selektion) waren beide Forscher also unterschiedlicher Auffassung. Einigkeit bestand hinsichtlich des Grundprinzips der Evolution – dem kontinuierlichen Artenwandel.
Ab Beginn des 20. Jahrhunderts mehrten sich die
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