Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
gibt, die sich nicht mit der Vorstellung einer im Hintergrund die Spielregeln festlegenden Gotteskraft identifizieren (der Autor gehört nicht zu dieser Fraktion). Auch steigt die Zahl sogenannter Agnostiker, die sich nicht in der Lage fühlen, in der Frage nach der Gottesexistenz eine Antwort zu finden. Die Überzeugung vom evolutionären Wirken von Mutation und Selektion bleibt jedoch von dieser Glaubensfrage unbeeinflusst. Wer den Darwinismus unbedingt als atheistisches Modell darstellen möchte, der darf nur insoweit Zustimmung erwarten, als das Wirken einer göttlichen Kraft kein direkter Bestandteil der Deszendenztheorie ist. Das Evolutionsmodell befasst sich mit den Mechanismen von Veränderung und Wandel, nicht mit primärer Entstehung und „Hintergrundenergie“. Letzteres ist wirklich reine Glaubenssache und damit kein Objekt für die Wissenschaft. Vom Vorwurf der Gottesfeindlichkeit jedoch ist der Darwinismus ohne Wenn und Aber freizusprechen . Wer dennoch daran festhält, hat Entscheidendes nicht verstanden.
Wie verhalten sich nun die nicht-kreationistischen Darwin-Kritiker mit ihrem angeblich wissenschaftlichen Anspruch in dieser Frage? Natürlich mischen auch sie sich angriffslustig in die Debatte ein, starten einen weiteren Versuch, das Darwin’sche Modell der Evolution aus den Schuhen zu hebeln. Und wieder einmal bildet eine auf Ignoranz beruhende Falschaussage die Basis. Diese kardinale „Ente“ lautet: „Darwinist = Schein-Atheist“. Der Vorwurf lautet, der Darwinismus versuche vordergründig Gott über Bord zu werfen, um ihn sogleich durch die Hintertür quasi als „blinden Passagier“ wieder an Deck zu holen. Sein neuer Name? – „Gestatten: Mutation und Selektion“. Es handele sich bei dem gesamten Darwin-Konstrukt also bloß um einen Mythos, ein durch nichts belegbares Ammenmärchen.
Das Einzige, was an diesem Vorwurf wirklich märchenhaft erscheint, ist die Gleichsetzung des Mutations-/Selektionsmechanismus mit dem biblisch schöpferischen Wirken Gottes. Mutationen sind Veränderungen von DNA-Sequenzen, die heute zweifelsfrei nachzuweisen sind und sogar mit gentechnischen Methoden erzeugt werden können. Und ebenso lassen sich Selektionsprozesse sowohl in vivo beobachten – denken wir an den „Strahlen-verliebten“ Micrococcus radiodurans im Reaktorkühlwasser, die ostafrikanischen Buntbarsche oder die Sichelzellanämiker in Malariaregionen – als auch unter Laborbedingungen induzieren. Mutation und Selektion sowie alle anderen neodarwinistischen Evolutionsfaktoren, die Rekombination der Erbanlagen während der Keimzellreifung und die Gendrift (Veränderung des Genpools einer Population nach Umweltkatastrophen oder Neubesiedlungen durch Gründerpopulationen – z. B. Darwinfinken) sind FAKTEN und haben nichts mit einer Glaubensfrage im Sinne einer göttlichen Existenz zu tun. Jeder, der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, sollte dies verinnerlichen. Wer in den Darwinismus eine Paradoxie in Form eines Ersatzes des Gottesglaubens durch den Glauben an einen „neuen“ Gott zu konstruieren versucht, der ist schlecht beraten, hier ausgerechnet die glaubensunabhängigen Tatsachen von Mutation und Selektion auszuwählen. Die Anzahl der Eigentore der Kontra-Darwin-Mannschaft erhöht sich damit um ein weiteres.
„Des Starken Spiel ist des Schwachen Tod“–wirklich kein Platz für Schwächere?
„Auf Sand gebaut – dumm geschaut“, sagt ein altes Sprichwort mit biblischem Hintergrund. 12 Wenn das Fundament schon brüchig ist, lässt sich nichts Stabiles darauf errichten, und je höher man zu bauen versucht, desto wackliger wird die Sache. Diese Weisheiten spiegeln recht gut das grundlegende Manko der aktuellen Anti-Darwin-Bewegung wider. Der entscheidende „Kasus knacktus“ ist die Fehlinterpretation des Grundgerüstes des Abstammungsmodells, der basalen Prinzipien, auf denen die Mechanismen von Veränderung, Auslese und langfristigem Wandel beruhen. Wenn das Zusammenspiel von Mutation und Selektion in seiner Gesamtheit als Zufallsgeschehen missdeutet, der Überlebenskampf zum Tötungsfeldzug degradiert wird und das Überleben der am besten Angepassten nach dem Alles-oder-nichts-Gesetz nur die Optionen „sofort tot“ oder „lebendig“ zulässt, sind alle auf diesen Missverständnissen aufbauenden Ableitungen von vornherein fehlerbehaftet. Analog der Stabilitätsabnahme mit Zunahme der Bauhöhe, potenzieren sich auch die Fehlinterpretationen, je weiter man sich von der
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