Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand
die Heilige Schrift in ähnlicher Weise attackieren wie Darwins Lehre. Wie deutlich ein etwas tieferer Einblick in das Evolutionsmodell und auch in die Bibel den Vorwurf der Kriegstreiberei entkräftet, sollten die vorangegangenen Ausführungen beleuchtet haben.
Kindstötung und Kannibalismus - Mord im Tierreich?
Darwins gegenwärtige Opponenten lassen die Bibel als Bewertungsobjekt außen vor und fokussieren ihre Kritik voll auf die Deszendenztheorie. Unser biblischer Exkurs zeigt aber, dass das Thema Krieg, Tötung und Mord bis zum heutigen Tag eng mit der menschlichen Geschichte verbunden ist. Das wirklich Einzigartige, Anthropospezifische daran ist die verwerfliche Art der Motive. Denn gezielte Tötung, die nicht der Nahrungsbeschaffung dient, hat auch im Tierreich einen festen Platz. Wenngleich wir hier über die wirklichen Auslöser nur spekulieren können, scheiden Rachsucht und Machtgier als Beweggründe sicher aus. Insbesondere Kindstötungen – teilweise sogar kannibalistisch – sind in der Natur nicht ungewöhnlich und kommen in den verschiedensten Varianten vor. Es gibt „passive“ Formen wie etwa bei Seelöwenkühen, die in Zeiten knapper Nahrung der eigenen Sättigung Vorrang geben und den Nachwuchs verhungern lassen. Direkte aktive Tötungen sind besonders bei Tierarten verbreitet, die in Haremsgruppen organisiert sind. Ein Männchen mit absolutem Paarungsmonopol lebt mit mehreren „Damen“ zusammen. Der Haremsherr akzeptiert ausschließlich den von ihm gezeugten Nachwuchs und tötet Junge, die aus der Paarung einer seiner Haremsdamen mit einem anderen Männchen hervorgegangen sind. Die Mutter leistet keinerlei Widerstand, paart sich sogar mit dem „Chef“ und kümmert sich dann liebevoll um den neuen Nachwuchs. Sollte der Haremsherr, der ständig von haremslosen Männchen attackiert wird, von einem stärkeren Rivalen abgelöst werden, wiederholt sich das ganze Drama, sodass eine Mutter durchaus mehrere Würfe verlieren kann. Diese Verhaltensstruktur ist besonders bei afrikanischen Löwen, aber auch bei bestimmten Affenarten wie den indischen Hanuman-Languren bekannt. Wir selbst wurden ja erst in jüngster Zeit im Zusammenhang mit den zu Medienstars avancierten Zoo-Eisbärenbabys Knut und Flocke mit dem Phänomen der Kindsverstoßung und -tötung konfrontiert. Mögen hier auch die unnatürlichen Lebensverhältnisse ihren Einfluss haben, töten Bären und Eisbären ihre Jungen unter bestimmten Bedingungen auch in freier Wildbahn. Womöglich spielen hier andere Faktoren eine Rolle als im Tierpark. Wissenschaftlich untersucht werden solche regelmäßigen Kindstötungen erst seit wenigen Jahren. Gesicherte Erklärungen können noch nicht gegeben werden. Im Falle der Haremsmännchen ist primär von einem instinktiven Verhalten auszugehen, das der Sicherung der eigenen Fortpflanzung dient. Die Gesamtzusammenhänge dürften jedoch um einiges komplexer sein. So hat man etwa bei Löwen beobachtet, dass auch die Weibchen manchmal den eigenen Nachwuchs totbeißen. Dies geschieht aber nicht mit der Regelmäßigkeit wie beim Wechsel des Haremsmännchens, sondern scheint interessanterweise immer in Zusammenhang mit einer anstehenden Nahrungsknappheit im Folgejahr zu stehen. Wir wissen heute noch nicht, wie Tiere die kommende Ernährungslage so genau erahnen können, dass sie ihren Nachwuchs töten, um ihn quasi prophylaktisch vor dem Hungertod zu bewahren (diese manchem zu euphemistisch erscheinende Formulierung sei entschuldigt). Dieses Phänomen ist aber durchaus verbreitet. Kaninchen etwa haben die Fähigkeit, bei Nahrungsknappheit ihre Embryonen im Mutterleib zurückzubilden oder abzutreiben. Bei einigen Greifvögeln hackt prinzipiell das erstgeschlüpfte Küken das jüngere tot. Wahrscheinlich können die Eltern nur ein Junges optimal ernähren. Stellt sich die Frage: Warum wird dann überhaupt mehr als ein Ei gelegt? – Vielleicht um im Falle eines Kindstodes trotzdem die Folgegeneration zu sichern. Hier haben die Verhaltensbiologen noch ein weites Arbeitsfeld zu beackern.
Um den Evolutionsgegnern endlich einmal ein „Stückchen Zucker“ zu reichen, soll nicht unerwähnt bleiben, dass Charles Darwin solche natürlichen Tötungen des eigenen Nachwuchses wohl verborgen blieben. So schrieb er etwa im Zusammenhang mit der Abstammung des Menschen von äffischen Ahnen: „Unsere halbmenschlichen Vorfahren werden den Gebrauch des Kindesmordes nicht ausgeübt haben; denn die Instinkte der tiefer stehenden
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