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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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aus dem Ei und wies nach und nach all jene zellulären Vorgänge nach, die der Evolutionstheorie den entscheidenden Rückhalt lieferten. Darwin konnte somit von all diesen sein Modell stützenden Erkenntnissen noch nichts wissen. Umso mehr Beachtung verdienen seine allein aufgrund makroskopischer Beobachtung aufgestellten Postulate des Auftretens zufälliger „variations“ (Mutationen, Rekombinationen) und der richtungweisenden Selektion.
Publikation mit Verzögerung – Wallace sei Dank!
    Erst die Befürchtung Darwins, der in engem Kontakt mit ihm stehende Alfred Russel Wallace (1823–1913) könnte durch Publikation seiner eigenen Arbeit als Erster die Evolutionstheorie der Öffentlichkeit zugänglich machen, gab ihm den entscheidenden Anstoß, nun endlich sein Hauptwerk „On the origin of species“ auf den Markt zu bringen – mehr als zwanzig (!) Jahre nach Abschluss der Beagle-Reise.
    Im Gegensatz zu dem finanziell praktisch unabhängigen Darwin stammte Wallace aus weit weniger wohlhabenden Verhältnissen. Als zweitjüngster Spross einer elfköpfigen Familie in der Grafschaft Monmouthshire – dem heutigen walisischen Gwent – geboren, musste er seine spätere Karriere als Naturforscher durch harte Arbeit in verschiedenen Metiers, etwa als Uhrmacher, Landvermesser und Lehrer, finanzieren. Auch hatte er nicht das Glück, als Crewmitglied kostenlos an einer staatlich subventionierten Forschungsreise teilnehmen zu dürfen. Dennoch unternahm Wallace zwei große Überseereisen, die er freilich selbst organisieren und bezahlen musste. Die erste Fahrt führte ihn 1848 in Begleitung des Zoologen H. W. Bates nach Südamerika ins Amazonasgebiet, wo er vier Jahre verweilte. Tragischerweise ging das dort umfangreich gesammelte Material auf der Heimreise 1852 bei einem Schiffbruch komplett verloren, sodass Wallace sich geradezu verpflichtet sah, möglichst bald noch einmal auf große Fahrt zu gehen. So brach er bereits zwei Jahre später (1854) erneut auf, diesmal allein. Über Singapur verschlug es ihn auf den Malaiischen Archipel, wo er acht (!) Jahre mit ausgiebiger sammlerischer Aktivität verbrachte. Die überwältigende tierische wie pflanzliche Formenvielfalt ließ hier in Wallace völlig unabhängig von seinem prominenten Landsmann seine schon früher gereifte Idee des Artwandels und der Wirkung der natürlichen Auslese im Kampf ums Dasein geradezu aufblühen. Glücklicherweise verlief die Heimreise diesmal weniger verlustreich. Ähnlich wie bei Darwin waren es die auf diesen Auslandreisen gemachten Naturbeobachtungen, die in Wallace den Gedanken der Veränderlichkeit der Arten und die Idee des Selektionsprinzips auf Grundlage eines Kampfes ums Dasein aufkeimen ließen. In zwei Aufsätzen (1856 und 1858) formulierte Wallace die Grundzüge seiner Theorie.
    Es ist erstaunlich, wie das von Wallace entwickelte Evolutionsmodell dem Darwins selbst in Detailfragen ähnelt. Zwar verwendet Wallace nicht explizit den Begriff „natural selection“, doch ist seine Umschreibung derart unmissverständlich, dass das Ausleseprinzip, das Überleben der bestangepassten im Kampf ums Dasein (diesen Ausdruck gebraucht auch Wallace), klar zutage tritt.
    Im Nachhinein mag es als schicksalhaft erscheinen, dass der wahrlich nicht auf der Sonnenseite des Lebens aufgewachsene Wallace das Manuskript seiner Theorie zur Begutachtung ausgerechnet an seinen vermeintlichen Konkurrenten Darwin sendete. Von ihm glaubte Wallace sich verstanden. Darwin muss überaus beeindruckt gewesen sein, als er die eigenen Modellvorstellungen in nahezu identischer Weise äußerst klar und präzise formuliert vor Augen geführt bekam. Sein langes Zögern, sich nicht zur Publikation seines eigenen Werkes entschließen zu können, mag Darwin in diesen Augenblicken Anlass zu einigen Selbstvorwürfen gegeben haben. Wie konnte er jetzt noch die Ehre des alleinigen „Begründers“ des Evolutionsmodells für sich beanspruchen, ohne dadurch das Gesicht zu verlieren, wenn er die Arbeit von Wallace zurückhielt. Auf Anraten seines Mentors Charles Lyell (1797-1875) reichte Darwin daher einen Auszug seines eigenen Manuskriptes gemeinsam mit dem Elaborat Wallaces beim „
Journal of the Proceedings of the Linnean Society
“ zum Abdruck ein. Auf diese Weise wahrte Darwin seine moralische Integrität, und beide Autoren erfuhren die ihnen gebührende Gerechtigkeit. Ein Prioritätsstreit war somit vermieden. Freilich beeilte sich Darwin, nun endlich sein nach zwei

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