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Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand

Titel: Darwin im Faktencheck - moderne Evolutionskritik auf dem Prüfstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Graf
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alle naturwissenschaftlichen Disziplinen existent. Die Biologen aber haben viel mehr mit einem anderen Grenzzieher zu kämpfen, dem Markenzeichen lebendiger Strukturen schlechthin. Es heißt: Komplexität!
Die Komplexitätsgrenze
    Unsere gesamte Naturwissenschaft ist also geprägt von der Suche nach Kausalitäten. Klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen – das ist es, was uns zufriedenstellt. Das gilt natürlich auch und gerade, wenn es um Evolution geht – besonders die eigene. Wie schön wäre es doch, wenn wir genau sagen könnten, die Ursache X führt zu jener Veränderung, die Ursache Y bewirkt das Auftreten einer neuen Art und so weiter. Noch besser wäre es, wenn wir konstatieren könnten, gleiche Ursachen zögen immer gleiche Effekte nach sich. Und das höchste der Gefühle wäre die Erkenntnis, dass ähnliche Ursachen zu ähnlichen Wirkungen führten. Im letzten Fall könnten wir nämlich nicht nur die Hintergründe des Ist-Zustandes erklären, sondern uns auch an Prognosen wagen. Dann wären beispielsweise konkrete Aussagen möglich, um welchen Betrag sich die globale Durchschnittstemperatur wohl verändert, wenn wir unseren Kohlendioxid(CO 2 )-Ausstoß um einen definierten Betrag erhöhen. In der Realität sieht es aber anders aus. Die Natur kennt keine einfachen Wirkungszusammenhänge. Vernetzung heißt das Stichwort. Alles in der Welt ist in einem Grad vernetzt, der selbst modernste Hochleistungscomputer um Größenordnungen übersteigt. Bleiben wir zunächst bei unserem Klimabeispiel. Die Erderwärmung, der so heiß diskutierte Klimawandel, ist eben nicht allein vom CO 2 abhängig – schon gar nicht vom dem durch den Menschen produzierten. Daher können wir gar nicht sagen, wie hoch unser Anteil, unser Verschulden, an der Erhöhung der mittleren Temperatur, die uns gegenwärtig so beunruhigt, tatsächlich ist. Schon lange vor unserem Auftauchen hat es Warm- und Kaltperioden gegeben. Unzählige, miteinander verwobene Faktoren fließen hier ein, deren komplexe Wirkungszusammenhänge von uns gar nicht fassbar sind. Da gibt es das Eis der Polkappen. Schmilzt es, steigen die Meeresspiegel an. Vereiste und beschneite Oberflächen haben ein anderes Reflexionsverhalten als dunkle. Letztere absorbieren viel stärker die Sonnenwärme, heizen die Erde auf. Weiterhin spielen die diversen Meeresströmungen für den Wärmetransport eine wichtige Rolle. Die Strömungen ihrerseits sind vom Salzgehalt des Wassers abhängig. Dieser wird wiederum stark durch die Gletscherschmelze beeinflusst, da sich das hierbei verflüssigte Süßwasser in die Meere ergießt. Aber hier ist mit den Verwebungen noch lange nicht Schluss. Wollte man dieses Netzwerk zu Ende spinnen, könnte man einige Bücher füllen, ohne wirklich alle Einflussparameter berücksichtigt zu haben. Worum es an dieser Stelle aber geht, ist die Einsicht, dass unserem Verständnis für komplexe, vernetzte Systeme relativ enge Grenzen gesetzt sind. Was hier für den Klimawandel exemplarisch angedacht wurde, ist noch harmlos im Vergleich zur Komplexität unserer Erde. Unser Planet ist ein extrem vernetztes System, das Leben auf ihr ist noch ungleich stärker vernetzt. Und den Gipfel des Verwobenen tragen Sie, lieber Leser, als Vertreter der Gattung Homo sapiens in Ihrem Kopf. Das menschliche Gehirn ist in puncto Vernetzung wohl das höchste, was das Universum zu bieten hat. Die Vernetzungen werden also immer intensiver, je mehr wir uns einzelnen Details des Phänomens Leben zu nähern versuchen. Und in dieses schier unvorstellbare „Gestrüpp“ von Verbindungen platzen wir als Wissenschaftler nun mit unserem Anspruch hinein, Kausalitäten aufdecken zu wollen, also zwischen Ursachen und Wirkungen unterscheiden zu können. Dieses Vorhaben ist kläglich zum Scheitern verurteilt. Als Homo sapiens das Licht der Welt erblickte, wurde er in ein hochgradig verwobenes Vielschichtsystem hineingeworfen, das während einer mehrere Milliarden Jahre zurück reichenden Entwicklungsgeschichte ausreifen konnte. Dem zu diesem Zeitpunkt bereits erreichten enormen Ausmaß an Komplexität ist das menschliche Verständnispotenzial bis zum heutigen Tage einfach nicht gewachsen. Bestenfalls gelingt es uns, kleinste Areale aus dem unüberschaubaren Meganetzwerk zu beleuchten. Im Falle der Evolution scheint dies im Rahmen unserer Möglichkeiten relativ gut gelungen, wenngleich noch sehr, sehr viele Fragen offen sind. Insgesamt aber zeigt uns das globale Netzwerk eine echte Grenze unserer

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