Darwinia
kennen das Magazin – National Geographic?«
»Ich habe dafür gearbeitet.«
»Häh? Wann?«
»Letztes Jahr. Deep Creek Canyon, Montana.«
»Das waren Ihre Bilder? Dezember 1919?«
Guilford besah sich den Mann genauer. »Sind Sie Mitglied der National Geographic Society, Mr…, äh… Erasmus?«
»Sagen Sie einfach Erasmus. Und Sie?«
»Guilford Law.«
»Tja, Mr. Guilford Law, ich bin kein Mitglied dieser ehrenwerten Gesellschaft, aber das Magazin kommt hin und wieder den Fluss herauf. Ich nehme es in Zahlung. Lesestoff ist schwer zu bekommen. Ich kenne Ihre Photographien.« Er zauderte. »Diese Bilder von meiner Herde – werden sie veröffentlicht?«
»Vielleicht«, sagte Guilford. »Das entscheiden andere.«
»Verstehe.« Erasmus überlegte. Dann sog er lange und kräftig von der strengen Kralluft. »Hätten Sie Lust, in meine Hütte zu kommen, Guilford Law? Jetzt wo Finch fort ist, könnten wir plaudern.«
Guilford bestaunte die Sammlung auf dem Wandbrett, alles in allem fünfzehn Ausgaben des National Geographic, die meisten mit Wasserflecken und Eselsohren, ein paar wurden durch Bindfaden zusammengehalten, darunter ramponierte, obszöne Postkarten, billige Wildwestromane und ein noch relativ junges Argosy, das er noch nicht kannte.
Er sprach sich anerkennend über die dürftige Bibliothek aus und schwieg über den festgetretenen Erdboden, den Gestank nach gepökelten Fellen, die brütende Hitze, das trübe Licht und den schmutzigen Tisch mit alten Essensspuren.
Angeregt durch Erasmus, erging Guilford sich eine Weile in Erinnerungen an Deep Creek Canyon, den Gallatin River, Walcotts winzige, versteinerte Krustentierchen: Flusskrebse aus dem Kieselschiefer, unvorstellbar alt – wenn man sich über Finchs Vorbehalt hinwegsetzte. Ironischerweise fand Erasmus, ein alter darwinischer Fuchs, der in Milwaukee geboren war und flussab von Rheinfelden lebte, die Idee von Montana-Flussbetten ungemein exotisch.
Die Unterhaltung lief dann doch auf das Anliegen von Preston Finch hinaus. »Nichts für ungut«, sagte Erasmus, »aber er ist ein großspuriger Angeber, damit das klar ist. Will zwanzig Tiere für zehn Dollar das Stück, stellen Sie sich vor?«
»Der Preis ist nicht fair?«
»Oh, der Preis ist fair – mehr als das, wirklich; das ist es nicht.«
»Sie wollen keine zwanzig verkaufen?«
»Sicher will ich. Zwanzig Tiere zu dem Preis brächten mich über den Winter.«
»Und wo, wenn ich fragen darf, liegt dann das Problem?«
»Finch! Finch ist das Problem! Er kommt in meine Hütte, trägt die Nase in der Luft und behandelt mich wie ein Kind. Preston Finch! Dem werd ich keinen Rossapfel verkaufen, und wenn er mir ein Vermögen bietet. Lieber würde ich verhungern.«
Guilford suchte nach einem Ausweg. »Erasmus«, sagte er schließlich, »mit diesen Tieren erreichen wir mehr, mit diesen Tieren kommen wir weiter voran. Je erfolgreicher die Expedition, umso wahrscheinlicher werden Sie meine Photographien gedruckt sehen. Vielleicht sogar im Geographic.«
»Meine Tiere?«
»Ihre Tiere und Sie selbst, wenn Sie sich photographieren lassen.«
Der Viehzüchter strich sich über den Bart. »Na ja. Na ja. Ich würde mich ja photographieren lassen. Aber nein. Ich bleibe dabei. Ich verkaufe nicht an Finch.«
»Einverstanden. Und wenn ich Sie nun bitte, die Tiere mir zu verkaufen?«
Erasmus blinzelte und lächelte träge. »Dann kämen wir womöglich ins Geschäft. Aber hören Sie, Guilford Law, so einfach ist das nicht. Die Tiere werden eure Boote über den Rheinfall tragen und ihr könntet wahrscheinlich bis zum Bodensee fahren, aber wenn ihr Packtiere in den Alpen braucht, dann müsst ihr sie vom Rheinfall bis ans Seeufer treiben.«
»Sie wären der richtige Mann dafür.«
»Jaja, das wäre nicht das erste Mal. Viele Herden überwintern dort. Von da hab ich die meisten Tiere. Für Sie würde ich es tun, klar – umsonst natürlich nicht.«
»Ich habe keine Vollmacht zu verhandeln, Erasmus.«
»Blödsinn. Bereden wir die Einzelheiten. Und dann machen Sie damit, was Sie können.«
»In Ordnung… nur eins noch.«
»Was?«
»Könnten Sie sich von dem Argosy trennen?«
»Äh? Nein. Glaube nicht. Es sei denn, Sie könnten etwas in Zahlung geben.«
Guilford fragte sich, ob Dr. Farr seine Diluvian and Noachian Geognosy überhaupt vermissen würde.
Unterhalb von Rheinfelden die Farm von Erasmus. Der Kral, die Wollschlangen. Erasmus bei seiner Herde. Sturmwolken im NW; Tom Compton sagt, es
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