Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das achte Opfer

Das achte Opfer

Titel: Das achte Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
Sie irgend etwas hier angefaßt?«
    »Nein.«
    »Gut.« Sie kniff die Lippen aufeinander, kniete sich vor die Tote, die nicht älter als drei- oder vierundzwanzig zu sein schien. »Die Leute von der Spurensicherung werden sich freuen. So wie das hier aussieht. Mein Gott, wie kann jemand in so einem Müllhaufen leben?« Sie erhob sich wieder, ging in das Zimmer, wo das Baby in einem Bett lag. Es hatte die Augen weit aufgerissen. Bis auf eine Windel war es nackt, es war kühl in dem Raum. Es machte einen verkümmerten, unterernährten Eindruck.
    »Ein Krankenwagen soll kommen und das Baby ins Krankenhaus bringen. Es sieht sehr vernachlässigt aus.« Sie kam zurück aus dem Kinderzimmer und sagte achselzuckend: »Dann werden wir uns mal um die Personalien und die Nachbarn kümmern. Wie heißt die Tote?«
    »Verona Tietgen, geboren am 23. 4. 74.«
    »Wohnt sie schon lange hier?«
    »Keine Ahnung.«
    »Gut, befragen wir die Nachbarn.«
    Durant, Hellmer und Kullmer stellten die routinemäßigen Fragen, ob irgendwer aus dem Haus die Tote näher gekannt hatte, mit wem sie verkehrte, ob sie einen festen Freund hatte, ob sie arbeitete. Bereits nach einer halben Stundewußten sie, daß Verona Tietgen seit etwas über einem Jahr hier wohnte, das Baby etwa fünf Monate alt war und sie ständig wechselnde Männerbekanntschaften hatte. Allerdings gab es einen Mann, der regelmäßig bei ihr verkehrte und der auch letzte Nacht im Haus gesehen worden war. Julia Durant glaubte nicht, daß es schwer sein würde, diesen Mann, der eventuell auch der Täter war, ausfindig zu machen. Dem ersten Eindruck nach zu urteilen, war die Getötete Alkoholikerin, wahrscheinlich sogar drogenabhängig. Zumindest schlossen die herumliegenden Spritzen diese Möglichkeit nicht aus. Verona Tietgen war, so glaubte die Kommissarin, mit ziemlicher Sicherheit von einem ihrer vielen Bekannten getötet worden, womöglich im Alkoholoder Drogenrausch. Die Kollegen von der Spurensicherung hatten ihre Arbeit aufgenommen, auch der Arzt war eingetroffen und untersuchte die Leiche.
    »Der Tod ist vor etwa fünf bis sechs Stunden eingetreten«, sagte er. »Allem Anschein nach stand sie unter Drogen- und Alkoholeinfluß. Auf jeden Fall gibt es eine Menge Einstichstellen an den Armen und Beinen. Und sie hatte kurz vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr. Mehr kann ich im Augenblick nicht sagen. Sie erfahren die Details nach Abschluß der Autopsie.«
    »In Ordnung«, sagte Durant. Das Baby war inzwischen von einem Krankenwagen abgeholt worden, die erste Befragung der Nachbarn beendet. Gegen elf Uhr verließen die Kommissarin und ihre Kollegen den Tatort, die Spurensicherung würde noch eine Weile in Anspruch nehmen, danach würde die Wohnung versiegelt werden. Sie fuhren zurück ins Präsidium, wo sie einen ersten, kurzen Bericht ablieferten. Noch im Laufe des Tages würden sie sich um die Bekannten von Verona Tietgen kümmern und vielleicht schon am Abend den Täter ermitteln können. Ein Routinefall, mehr nicht.
    Berger hörte dem Bericht zu, nickte nur und zündete sich eine Zigarette an. Er sagte nichts, er reichte nur wortlos Durant einen Brief. Sie zog die Stirn in Falten.
    »Was ist das?«
    »Keine Ahnung, lesen Sie, ist an Sie adressiert.«
    Sie öffnete den Umschlag, holte ein Blatt heraus. Sie las.
Dann sah ich: Das Lamm öffnete das erste der sieben Siegel; und ich hörte das erste der vier Lebewesen wie mit Donnerstimme rufen: Komm! Da sah ich ein weißes Pferd; und der, der auf ihm saß, hatte einen Bogen. Ein Kranz wurde ihm gegeben, und als Sieger zog er aus, um zu siegen.
    Keine Unterschrift, nichts, außer diesen ominösen Zeilen.
    »Was soll das?« fragte sie und gab den Brief Berger. Er las, runzelte die Stirn, danach lasen auch Hellmer und Kullmer. »Ein Verrückter«, meinte Kullmer nur. »Oder was meinen Sie?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall ist es ein merkwürdiger Brief.«
    Hellmer nickte nur. »Merkwürdig und trotzdem bescheuert. Ich würde sagen, das Ding gehört in den Papierkorb.«
    Die Kommissarin nahm den Brief wieder an sich, las ihn ein weiteres Mal. Sie schüttelte den Kopf. Ihre Intuition, die sie nur selten im Stich gelassen hatte, sagte ihr, daß dieser Brief eine Bedeutung hatte. Nur welche, das vermochte sie noch nicht zu sagen. Und warum war er an sie adressiert?
    »Nein, ich behalte ihn. Fragt mich nicht, warum, aber irgendwas steckt dahinter.«
    »Wer’s glaubt, wird selig«, meinte Kullmer lakonisch und steckte

Weitere Kostenlose Bücher