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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jina Bacarr
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Strichen über das Papier geführt werden, bildet eine seltsame, furchterregende Begleitung zu dem musikalischen Klang der Regentropfen, die gegen das Fenster klopfen.
    “Ich könnte dich ewig so anschauen, ohne zu essen, ohne zu trinken, ohne zu schlafen”, sagt Paul schließlich lächelnd und berührt seinen Hut. Er glüht vor Leidenschaft. Seine Finger sind voller Schwielen, wahrscheinlich vom stundenlangen Halten der Pinsel. Ich zittere allein schon bei der Vorstellung, wie diese Finger langsam an meinen Schenkeln nach oben zu meinen geöffneten Schamlippen wandern, dann wieder herunter, mich foltern, bis ich ihn anbettele, mit einem Finger in mich einzudringen und meine Klitoris so lange zu reiben, bis ich mich in den Wellen eines Orgasmus verliere.
    “Ohne dabei mit mir zu schlafen?”, frage ich lächelnd zurück. Dabei stelle ich mir wieder vor, wie er in mich hineinstößt und mein Körper sich seinem Rhythmus anpasst. “Das wäre doch nur der halbe Spaß,
n’est-ce pas?”
    Paul lacht. “Du bist nicht nur die schönste Frau von Paris, sondern auch die schamloseste.”
    “Du schmeichelst mir, Paul. Ich bin doch nur ein Modell für Künstler.”
    “Ah, aber du bist mein Modell, mit einem Gesicht und einem Körper jenseits von Perfektion.”
    Etwas verlegen schüttele ich das Kompliment ab, kann es aber nicht lassen, ihn herauszufordern. “War es nicht Delacroix, der sagte, dass das Modell nur ein Anhaltspunkt für den Maler ist?”
    Benutz deinen Verstand. Halte sein Interesse wach.
    “Du hörst dich an wie Monsieur Gromain, Mademoiselle. Er war ein Schüler von Delacroix”, kommentiert Paul trocken. “
Mais oui
, ja, das waren noch Tage.”
    Ich bin ein wenig irritiert. Was redet er? Er ist doch noch jung. Nicht älter als Mitte zwanzig.
    “Ich kenne Monsieur Gromain, seit ich ein
rapin
, ein Student war”, fährt er fort. “Damals trug ich noch meine unverkauften Skizzen unter meinem Mantel mit mir herum, schlief auf Parkbänken, gab mein Geld für Farbe anstatt für Essen aus.”
    Ich lächle schwach. Ich kann mich nicht auf das konzentrieren, was er sagt. Mein Magen knurrt, dann beginnt mein Kopf zu pochen, und mir wird schwindlig. Ich habe hier den ganzen Morgen gestanden, posiert, mich bewegt, meine Arme nach oben gehalten, nach unten, ohne Pause.
    Ich schlinge das Laken wieder um meinen Körper und wische mir den kühlenden Schweiß vom Gesicht. Ich würde jetzt alles für ein Glas Wasser geben. Paul hört auf zu reden und schaut mich an. Ein besorgter Ausdruck huscht über sein Gesicht und lässt seine dunkelblauen Augen in einem kräftigen Blauviolett strahlen.
    “Du siehst erschöpft aus,
ma chérie.
Ich werde dich jetzt von hier wegschaffen.”
    “Nein, Paul”, flüstere ich, “nicht wenn uns alle zusehen.”
    Ich fühle den harten Blick von Monsieur Gromain, der jede meiner Bewegungen beobachtet. Mit oder ohne Kleider – er hat einfach nur ein geschäftliches Interesse an mir. Bevor die Maler nicht fertig sind mit ihren Skizzen, wird er mich nicht ausruhen lassen. Zeit ist Geld, höre ich ihn sagen. Das hört sich in jeder Sprache gleich an.
    Ich wickle das Tuch fester um meinen Körper, versuche mich von meinem armen, kranken Magen abzulenken und schaue aus dem Fenster. Silberne Regenfäden rinnen an dem Glas herunter, aber mein Blick fällt auf eine Pferdekutsche, die vor dem Studio anhält. Jemand steigt aus. Ein Mann und eine Frau. Die Frau trägt ein langes blaues Wollcape, das von Federn umsäumt ist, aber nass und schwer vom Regen an ihr herabhängt. Madame Chapet. Aber wer ist der Mann an ihrer Seite?
    “Trink das, Autumn.”
    Paul hält eine kalte Metallflasche an meinen Mund, und ein angenehm grünes Getränk benetzt küssend meine Lippen. Absinth. Ich wehre die Flasche ab, aber meine Kehle ist trocken und heiß. Trockener Mund. Trockene Lippen. Ich habe so einen Durst. Ich gebe meinem Verlangen nach und nehme einen tiefen Schluck, dann noch einen. Das Zeug rinnt erstaunlicherweise ganz weich die Kehle herunter. Nicht wie beim ersten Mal.
    Ich erinnere mich vage daran, dass Paul mir die Flasche wieder abnimmt und mir verspricht, mit mehr Absinth zurückzukehren. Ich nicke und lasse dann mein Laken über meinen nackten Körper gleiten, zeige meine aufgerichteten Nippel und meine schlanken Hüften. Das Prasseln des Regens nimmt zu, aber ich beachte es nicht. Der Alkohol nimmt von mir Besitz. Ich bin in meinem eigenen Universum, segelnd, schwimmend, durch Wände

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