Das Aktmodell
fliegend, durch Türen, sogar durch die Zeit fliege ich …
Ich drehe mich um und sehe Madame Chapet und den Gentleman mit dem Zylinder, einem hohen Kragen und perfekt sitzenden Anzug. Sie unterhalten sich, lachen, und dabei sieht er mich die ganze Zeit an. Der Mann strahlt eine gewisse Euphorie, ein Entzücken aus, das weit über ein Interesse an Kunst hinausgeht. Dann wird es mir schlagartig klar: Das muss der Duke of Malmont sein.
Was übergibt er da gerade an Madame Chapet? Geld, glaube ich. Und sie steckt es in ihr Mieder. Jetzt hält Monsieur Gromain seine Hand auf. Und auch er erhält Geld. Wie seltsam.
Ein Mann mit einer Melone tritt hinzu. Wieso er wohl einen Verband um seinen Arm trägt?
Ich fahre fort, mich vor den Künstlern zur Schau zu stellen, und ich muss gestehen, dass mir der Duke gefällt, mich erregt. Inzwischen habe ich jegliches Schamgefühl verloren. Stattdessen kokettiere ich mit meinen Kurven, lasse meine Hüften kreisen und gebe ihnen eine Show, die sie nicht vergessen werden.
Ich klimpere einige Male mit meinen Augenlidern, und mit der Kraft der grünen Fee fühle ich mich leichter als Luft, schwebend. Ich werfe meinen Kopf zurück, strecke meine Arme nach oben und seufze tief. Ich gleite von einer verführerischen Position in die nächste, mein Körper findet seinen Rhythmus in langen eleganten Bewegungen. Meine Hände liegen auf meinen Schenkeln, auf meinen Hüften, ich berühre mich zwischen den Beinen, liebkose meine Pflaume und stecke zwei Finger tief in sie hinein.
Sie ist feucht und heiß. Ich umkreise meine Klit und stöhne vor brennendem Verlangen. Ich höre, wie Monsieur Gromain sich räuspert. Mit einem frechen Blick in seine Richtung ziehe ich meine Finger wieder heraus, aber fahre mit der lasziven Bewegung meiner Hüften fort. Ich beobachte mein Spiegelbild in der schimmernden Fensterscheibe. Paul, Monsieur Gromain und die anderen Künstler habe ich längst vergessen und tanze mit dem Laken einen sinnlichen Reigen.
Ich fühle mich so gut, entspannt, dass ich mir keine Gedanken über den Engländer mache, der mit langen Schritten auf die Plattform zukommt. Seine Absichten spiegeln sich in seinen Augen. Es geht alles sehr schnell, und bevor ich weiß, was geschieht, springt er ohne ein Wort oder eine warnende Geste zu mir auf das Podest.
“Monsieur, was macht Ihr …”, frage ich erschrocken.
“Ruhig, Mademoiselle, oder ich werde Euch einen Knebel in den Mund stecken”, droht er mir. Bevor ich meinen geöffneten Mund schließen kann, verpackt er mich in das Laken, hebt mich auf und wirft mich über seine Schultern. Ich höre, wie die Maler nach Luft schnappen, als ich den Rücken des Engländers mit den Fäusten bearbeite und ihn wild trete. Aber keiner bewegt sich und kommt mir zu Hilfe. Geschockt, verwirrt, verblüfft scheinen sie wie erstarrt, unsicher darüber, was das alles zu bedeuten hat.
“Paul!”, rufe ich und schaue mich nach ihm um, aber er scheint verschwunden zu sein. Wo ist er?
“Vergesst ihn. Ich werde es nicht zulassen, dass er Euch bekommt”, sagt der Engländer lachend.
“Lasst sie sofort wieder herunter, Monsieur, oder ich werde Euch töten”, befiehlt Paul dem Engländer. Er scheint aus dem Nichts aufgetaucht zu sein und öffnet jetzt den Knauf seines Stocks, um das Messer zu zeigen.
“Ich glaube, dazu seid Ihr nicht Manns genug, Monsieur Borquet”, erwidert der Gentleman.
“Wir werden gleich sehen, wie viel Mann
Ihr
seid, Monsieur, nachdem ich Euren Schwanz abgeschnitten …”
Paul stürzt auf uns zu, als der Mann mit der Melone ihm von hinten mit einem Rohr auf den Kopf schlägt. Paul fällt sofort ohnmächtig auf den Boden.
Ich schreie mir die Seele aus dem Leib, aber der Engländer, der mich gefangen hält, schert sich nicht darum. Schnell rennt er mit mir über der Schulter zu der Hintertür, ohne sich noch einmal umzudrehen.
“Lasst mich runter!”, schreie ich.
“Damit Ihr entfliehen könnt? Ich glaube kaum, Mademoiselle. Viel lieber erfreue ich mich an einer Frau, die sich so schamlos zeigen kann und von hemmungsloser Natur ist.”
“Dafür werdet Ihr bezahlen, Monsieur.”
“Das habe ich bereits getan, Mademoiselle”, sagt er. “Und nun seid still.”
“Auf keinen Fall werde ich das … Lasst mich los!”
“Hört auf, Euch so zu winden”, kommandiert er.
Zur Hölle mit ihm. Ich zerre an seiner Jacke, versuche sie ihm vom Rücken zu reißen.
“Lasst meine Jacke los.”
“Englischer Bastard!”
Ich muss
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