Das Aktmodell
Seufzer.
“Kein Wort mehr. Das Mädchen kommt mit mir.”
Ich fühle, wie ich von starken Männerarmen aufgehoben werde. Eine warme Decke liegt über mir, und auch wenn sie sich an meiner Wange etwas rau anfühlt, so ist sie doch warm und trocken. Ich kuschle mich an die muskulöse Brust des Mannes, greife nach einem Ende des langen Schals, und der vertraute männliche Geruch meines Künstlers umweht meinen schmerzenden Kopf. Ich muss im Delirium sein. Ich bin in Pauls Armen.
Das Angenehmste daran ist nicht die Wärme, auch nicht, wie perfekt mein Kopf in seine Halsbeuge passt oder die Stärke und Sicherheit, die seine Arme mir vermitteln. Sondern mehr als alles andere liebe ich das Gefühl, dass er sich um mich sorgt und ich ihm wichtig bin.
“Paul … Paul …” Leise flüstere ich die Worte, aber er hört mich nicht. Verdammt sei der Engländer, dass er mich entführt hat. Ich bin benommen und desorientiert, bis auf die Knochen durchnässt, angeschlagen und halb tot.
Ich bewege mich. Ein schmerzverzerrtes Stöhnen kommt mir über die Lippen. Mein Gesicht tut ziemlich weh, meine Kehle fühlt sich rau an, und sprechen kann ich auch kaum. Ein stechender Schmerz schießt meine Wirbelsäule hoch. Jeder Atemzug tut weh. Wahrscheinlich sind ein paar Knochen gebrochen. Aber wenigstens bin ich am Leben.
Ich werde es schaffen.
Ich bin ein Stehaufmännchen.
15. KAPITEL
M imosen. Ich löse das Bündel welker Blumen von meinem Morgenmantel und erfreue mich an diesen kleinen Blumen mit ihren pinkfarbenen und weißen Blütenblättern, die gerade aus der feuchten Erde gewachsen zu sein scheinen, um auf den Baumstümpfen nur für mich zu tanzen.
Die meisten Dirnen ziehen Veilchen vor. Große Sträuße, die den Gentlemen zunicken und winken, wenn sie mit den Mädchen nach oben gehen und dabei unter ihre Petticoats greifen.
Ich bin da anders. Der leichte, süße Duft dieser Blumen ist mein Lieblingsgeruch. Seit zwei Wochen bringt mir Paul jeden Tag Mimosen mit, und es ist ihm egal, ob die Madame die Erlaubnis gibt für seinen Besuch oder nicht. Er geht jedes Risiko ein, mich zu sehen, mich in seinen Armen zu halten, mit seinen Fingern zwischen meine Beine zu fahren und sie in einer intimen Weise in mir zu bewegen, sobald die aufgeblasene Puffmutter das Zimmer verlassen hat. Ich kann seinen Berührungen weder widerstehen noch ihnen entfliehen. Oje, oje.
An diesem Morgen fühle ich mich ohne frische Mimosen auf meinen Brüsten ganz nackt.
Paul ist heute spät dran.
Ich sitze auf dem Diwan im großen Wohnzimmer, schließe meine Augen und halte die delikaten Blumen an meine Nase, genieße die schönen Erinnerungen, die bei ihrem Duft in mir aufsteigen.
Ich sehe sein schönes Gesicht.
Schmecke seine salzige Haut mit meiner Zunge.
Oh, wie gerne ich vor ihm Modell stehe. Meinen Körper in alle Richtungen bewegend. Ihn verführend. Ich liebe es, meine Zunge über seine sinnlichen Lippen gleiten zu lassen.
Gestern hat er mich kaum berührt, aber trotzdem war ich so feucht, dass meine Säfte seine Finger benetzten. Als er seine Knöpfe öffnete und meine Hand in seine Hose führte, fühlte ich die unglaubliche Größe seines pochenden Schwanzes, und ich wünschte, ich läge in seinen Armen, seine nackte Brust würde über meine entblößten Nippel reiben. Hart und braun, sich nach dem Biss seiner Zähne sehnend, den Zärtlichkeiten seiner Zunge. Ich, nackt wie an dem Tag, an dem ich im Künstleratelier Modell stand, und er, nur seinen männlichen Stolz tragend, Seite an Seite beieinanderliegend, uns gegenseitig neckend mit unseren Lippen, unseren Fingern. In Ekstase seufzend, wenn sein tiefer Kuss mich entflammt und ich mehr und mehr will.
Meine Finger zittern, als ich meinen Morgenrock enger um mich ziehe. Ein anderes Gefühl überkommt mich. Jede Minute wird
Le Docteur
zu seiner täglichen Visite vorbeikommen. Ich hasse seine fummelnden Hände und gelispelten Fragen, wenn er mich über den Rand seiner kleinen Brillengläser lüstern ansieht.
“Ihr habt solch perfekte Zähne, Mademoiselle, und Eure Haut ist so rein”, sagt er. “Niemals zuvor habe ich ein Mädchen mit solch schönen Brüsten gesehen. Woher kommt ihr,
ma jolie?”
Seine Hände und die kalten Finger betasten meine Haut, und wieso kneift er meine Nippel? Doktor hin oder her … ich habe keine Lust mehr, dass er meine Brüste drückt, während er vorgibt, mein Herz mit seinem hölzernen Stethoskop zu untersuchen.
Ich lächle. Aber nicht heute. Heute
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