Das Aktmodell
habe gesehen, wie seine Augen leuchten, wenn er Euch betrachtet. Dann schwingt er seinen Pinsel über die Leinwand, mit einem so leidenschaftlichen Blick, um den jedes Mädchen Euch beneiden würde. Ein Blick so voller Befriedigung, dass Ihr ihm gehört und ganz allein ihm.”
“Ist das wirklich so, Delphine? Oder gehöre ich der seltsamen schwarzen Magie, die mich hierher geführt hat?”, sage ich gedankenverloren. Ich weiß, dass Delphine natürlich keine Ahnung hat, wovon ich rede.
“Ich fühle Magie, wenn mein Tristan mich berührt. Eine Frau und ihr Petticoat sind wie Blütenblätter, sagt er, liebkost und bewundert von ihrem Liebhaber, wenn er sie eine nach der anderen langsam entblättert.”
Ich kann es mir nicht verkneifen, sie zu fragen: “Und wie viele Petticoats hat Euer Tristan entfernt, Delphine?”
“Alle bis auf den letzten, Mademoiselle”, sagt Delphine und senkt verlegen den Blick. Sie ist immer noch Jungfrau. Ich bin amüsiert, dass es das noch gibt im Haus der Madame. Hier, an einem Ort, an dem die Mädchen ständig bis aufs Äußerste erregt sind, jederzeit für ein Bad in Champagner zur Verfügung stehen und mit den Gästen nach oben steigen, um ihnen Befriedigung zu verschaffen.
“Ich habe gute Neuigkeiten, Mademoiselle”, kündigt Delphine stolz an. Dann schaut sie sich genau um, um sicherzugehen, dass wir ungestört sind. “Ich habe
votre soutien-gorge
, Euren Büstenhalter, fertiggestellt.”
Sie streckt ihre jungen Brüste raus und hält den kleinen Brustverstärker hoch, den sie für mich aus zwei Taschentüchern und einer Satinschleife gefertigt hat. Nach meiner kleinen Skizze hat sie das weiche Material in der Mitte zusammengebunden, um die natürliche Mitte zwischen den Brüsten zu betonen, und dann Träger angenäht, die über der Schulter befestigt werden.
“Oh, das ist perfekt, Delphine!” Ich nehme ihr das Teil aus der Hand und halte es über meine Brüste.
“
Hélas
, Mademoiselle, keine französische Frau würde so etwas tragen wollen.”
“Wieso nicht?”
“Es ist skandalös und bedeckt nicht die Taille.”
“Ein
brassière
soll auch nichts anderes bedecken als die Brüste.”
“Brassière?” Delphine lacht. “Das bedeutet
unter dem Arm
oder auch ein Unterhemd für ein
bébé.”
“Nicht dort, wo ich herkomme”, scherze ich. “Hilf mir beim Anziehen, Delphine.”
Als sie die Schnüre des Büstenhalters hinter meinem Rücken festzieht, sehe ich, wie vor dem Haus eine elegante Kutsche hält. Sie gehört dem Doktor, und die schwarz glänzenden Türen sehen aus wie frisch polierte Schuhe.
“Schnell … wir haben keine Zeit zu verlieren.” Ich straffe die Schultern, justiere die Träger und drücke meine Brüste nach oben.
Delphine kichert. “Was meint Ihr, was
Le Docteur
sagen wird, Mademoiselle, wenn er versucht, Euch zu untersuchen?”
“Ich kann es kaum erwarten, sein Gesicht zu sehen.”
“Ist unsere Patientin bereits wach, um Docteur Bourges zu empfangen?”
“Ah,
mais oui
, es geht ihr viel besser, Madame Chapet. Sie hat sich bereits heute Morgen aufgesetzt und alles gegessen, was ich ihr zum Frühstück gebracht habe.”
Ich spiele nervös mit den verwelkten Blumen herum, reiße die Blütenblätter ab und lasse sie achtlos auf meine pinkfarbenen Pantoffeln fallen.
Ich unterdrücke meine Ungeduld mit dem Doktor, nicht weil ich unbedingt von ihm untersucht werden will, sondern weil ich es kaum erwarten kann, bis er wieder gegangen ist. Auf keinen Fall darf Madame erfahren, dass es mir schon wieder so gut geht, dass ich zu einem ihrer Mädchen werden könnte.
“Wann kann sie
ouvrir ses jambes
, ihre Beine breit machen und für mich arbeiten, Monsieur?”
“Das kann ich nicht genau sagen, Madame”, sagt der Doktor, wobei er meine Handgelenke hält und mir dabei in die Augen schaut. Seine neurologischen Fähigkeiten scheinen sich darauf zu beschränken, meinen Puls zu finden und meine Pupillen zu untersuchen. Er ignoriert meine Fragen, tut so, als ob er mein Französisch nicht versteht, und behandelt mich, als ob ich nur einen Ohnmachtsanfall gehabt hätte. Anschließend verschreibt er mir komplette Bettruhe für die nächsten beiden Wochen. Er genießt seine Besuche bei mir und möchte nicht, dass sie so schnell enden.
“
S’il vous plaît, Monsieur le docteur
, ich muss eine Antwort haben.” Madame Chapet sagt ihre Meinung stets klar, deutlich und mit wenig Takt, sodass es mich nicht groß überraschen sollte, als sie ihn
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