Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
Kollegen starben, einer wurde schwer verletzt, der Zeuge mit Kopfschuss getötet. Ich habe nur überlebt, weil ich schon fast im Gericht war und mich auf die Treppe werfen konnte. Der Mann war nur mit einer Pistole bewaffnet, hat aber unglaublich zielsicher und kaltblütig agiert. Obwohl ich sein Gesicht nicht richtig sehen konnte, werde ich nie vergessen, wie er seine Waffe hielt. Als wäre sie sein verlängerter Arm. So unglaublich ruhig und konzentriert, mit leicht geneigtem Kopf. Als würde er nichts um sich herum wahrnehmen.« Die Stimme von Driesel stockte, und er musste schlucken, bevor er weitererzählen konnte. »Aus über dreißig Metern hat er einem nach dem anderen in den Kopf geschossen. Gegen so eine Zielsicherheit hilft auch keine schusssichere Weste. Nicht mal ein Helm.«
Haderlein sah seinen früheren Kollegen an. »Und wie heißt er? Wer ist der Kerl?«
Aber Driesel winkte nur ab. »Zuallererst muss ich ein paar Erkundigungen einholen, bevor ich die Pferde scheu mache. Das Bild hier sieht ihm zwar ähnlich, aber das allein ist mir zu vage. Vielleicht weiß Interpol was über ihn, zum Beispiel wo er sich gerade aufhält.« Damit tippte er ein paar Zugangsdaten in die Maske der Homepage von Interpol ein. Noch bevor die nächste Seite des Intranets von Interpol auftauchte, klingelte das Telefon des Hauptkommissars.
»Haderlein«, meldete er sich kurz angebunden.
»Hallo, Chef, Huppendorfer hier. Wir haben gute Neuigkeiten. Sitzen Sie?«
Haderlein stand der Sinn gerade überhaupt nicht nach Komfortdiskussionen. »Huppendorfer, wir sind hier weder bei Pilawa noch bei Jauch. Wenn Sie was zu sagen haben, dann sagen Sie es einfach – und zwar gleich!«
»Okay, dann übergebe ich mal an den großen Chef«, hörte er den Halbbrasilianer noch sagen, dann war Fidibus in der Leitung.
»Haderlein, wo sind Sie gerade?«
»Im Polizeipräsidium Mittelfranken in Nürnberg. Wir stimmen uns mit dem Kollegen Driesel ab. Was gibt’s denn?« Jetzt wurde Haderlein doch neugierig. Wenn Suckfüll persönlich mit ihm sprechen wollte, musste es etwas Wichtiges sein.
»Es gibt Neuigkeiten in Sachen Mozart«, verriet ihm Fidibus.
»Und welche?«, rief er aufgeregt und sprang auf. Driesel und Lagerfeld schauten gespannt zu ihm herüber.
»Ich habe mit dem FBI in den USA Kontakt aufgenommen, und dort konnte man mir weiterhelfen«, berichtete Suckfüll. Haderlein glaubte sich verhört zu haben. Sein Chef verblüffte ihn immer wieder. Zu zerstreut, die eigene Haustür zu finden, aber telefonierte einfach mal so mit dem FBI in den USA . »Es war eigentlich ganz einfach«, wurde dem Hauptkommissar mitgeteilt. »Dieser Max Schiller hat nach seiner Ausreise aus Deutschland 1977 in San Diego Zoologie studiert und war dort jahrelang in einem Delphinarium angestellt. Dann hat er an der Universität von Princeton seinen Doktor gemacht, wo er auch seine spätere Frau Nicole Newman kennenlernte, heiratete und ihren Namen annahm. Anschließend ging er mit ihr wieder zurück ans Delphinarium von San Diego. Seit der Scheidung leitet es seine Exfrau alleine. Max Newman lebte von da an von Gastvorlesungen und Gutachten mehr schlecht als recht. Er tingelte regelrecht durch Kalifornien.«
Haderlein wartete ungeduldig auf das Ende der Geschichte.
»Sind Sie noch dran, Haderlein?«, fragte Fidibus besorgt.
»Ja, natürlich«, antwortete Haderlein und nickte seinen beiden Kollegen zu, die ihn fragend anschauten.
»Also«, fing Fidibus wieder an, »vor zwei Jahren kam Dr. Max Newman wegen eines lukrativen Arbeitsvertrages nach Deutschland zurück.«
»Haben Sie auch die Adresse herausgefunden, Chef? Da muss man doch sofort jemanden hinschicken!«, ereiferte sich Haderlein. Lagerfeld und Driesel waren jetzt ebenfalls aufgestanden und verhielten sich bereits etwas mehr als nur nervös. Da schien sich etwas Spannendes anzubahnen.
»Deswegen rufe ich Sie ja an, Haderlein«, sagte Fidibus väterlich. »Wir haben gerade herausgefunden, dass Max Newman seit zwei Jahren Leiter des Delphinariums im Nürnberger Tiergarten ist. Na, was sagen Sie jetzt?«
Aber Haderlein sagte gar nichts, sondern legte sofort auf.
»Hannes, Bernd, ich weiß jetzt, wo wir Mozart finden. Erklärungen folgen auf der Fahrt, wir müssen sofort los.«
Er sprintete nach draußen, und Lagerfeld und Driesel folgten ihm auf der Stelle. Im Auto setzte Haderlein das Blaulicht aufs Dach, und Lagerfeld bretterte los. »Nicht mal Zeit, eine zu rauchen«, grantelte er in sich
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