Das Alabastergrab (Krimi-Edition)
hinein.
*
Max Newman hielt vor dem Haupteingang an. Es herrschte ein Riesengedränge. Mehrere Schulklassen wollten gleichzeitig in den Nürnberger Zoo. Plötzlich schoss ein grauer BMW mit quietschenden Reifen auf den Parkplatz. Im Inneren saß ein einzelner Mann mit Sonnenbrille.
Newman wurde abwechselnd heiß und kalt. Er hatte ihn also mitnichten abgehängt. Jetzt musste er improvisieren. Gehetzt blickte er sich um, dann stieg er aus und rannte nach links um den Haupteingang herum und Richtung Nebeneingang eine kleine Anhöhe hinauf. Er warf einen Blick über die Schulter und musste mit ansehen, wie der BMW wieder ausparkte und hinter ihm den geteerten Weg herauffuhr. Verdammt. Gegen ein Auto hatte er keine Chance, es bis zum Nebeneingang zu schaffen. Außer Atem blieb er vor dem alten Hotel stehen, das den Tiergarten auf der Rückseite begrenzte. Wieder blickte er sich um. Mit einem Affenzahn bog der BMW um die Ecke. Newman hatte keine andere Wahl. Er sprintete zum alten Hotelgebäude, aus dem gerade irgendwelche Rockmusiker ihr Equipment vom Auftritt des letzten Abends heraustrugen. Der Löwensaal war in Nürnberg sehr beliebt bei berühmten Bands und solchen, die es noch werden wollten. Newman kannte sich ein wenig in dem Gebäude aus, da hier die Feierlichkeiten und Ehrungen des Tiergartens stattfanden. Damals hatte er die Ehre gehabt, seine Antrittsrede hier halten zu dürfen. Jetzt aber stürzte er in die Mitte des kreisrunden Saals und überlegte fieberhaft, wie er weiterverfahren sollte. Eine zehnköpfige Musikgruppe schaute ihn verwundert an, aber er kümmerte sich nicht darum und rannte die halbrunde Bühne hinauf, überquerte sie nach hinten rechts und flüchtete dann hinunter in die Katakomben. Die rüden Kommentare der Roadies hörte er nicht.
Nikolai brachte seinen BMW vor dem Eingang des Löwensaals geräuschvoll zum Stehen. Das war’s. Jetzt saß Max Newman in der Falle. Nur diese Musikerfiguren, die hier rumliefen, störten ihn ein wenig. Zeugen konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen. Alles, was er wollte, war, endlich seinen Job zu erledigen. Entschlossen ging er auf den Eingang des Hotelsaals zu.
Newman durchsuchte einen Raum nach dem anderen. Hier unten gab es aber auch nichts, wo er sich verstecken konnte. Vielleicht fand er ja so etwas wie einen Hinterausgang? Plötzlich stand er im Aufenthaltsraum der Künstler. Ein Tisch brach unter Whiskeyflaschen beinahe zusammen, und zwei der Herren Musiker lagen im alkoholischen Wachkoma auf abgewetzten Sesseln und schnarchten laut. Angewidert wollte er wieder verschwinden, machte dann aber an der Tür auf dem Absatz kehrt. Er blickte die schlafenden Musiker an und schlug sich an den Kopf.
Als Nikolai durch die Eingangstür ging, lag seine Hand bereits an der Waffe.
»Pass doch auf, Alter«, wurde er angepöbelt, als einer der Roadies mit einem Flightcase an ihm hängen blieb. Nikolai ignorierte ihn. Von diesen Rockern ging keine Gefahr aus. Wichtig war, dass Max Newman sich hier irgendwo rumdrückte und ihm nun nicht mehr entkommen würde.
Der runde Saal des Hotels war genauso wie die Nebenräume relativ übersichtlich. Er durchsuchte einen nach dem anderen und musste feststellen, dass sich der Herr Doktor wohl in den Keller verkrümelt hatte. Er grinste. Großer Fehler. Er ließ noch zwei weitere Kistenschlepper an sich vorbei, dann schlich er sich mit gezogener Waffe die kleine Treppe hinunter und begann sich durch die Räume vorzuarbeiten. Da. Aus dem nächsten Zimmer hörte er Geräusche. Mit der Waffe im Anschlag stürzte er durch die Tür.
Doch von Max Newman war nichts zu sehen. Dafür schnarchten auf den Sesseln zwei Rocker, von denen einem seine Lederklamotten fehlten. Immerhin lagen neben ihm eine Jeans und ein gebatiktes Hemd. Newmans Hemd. Wütend schrie Nikolai auf. Dieses miese Hippieschwein hatte ihn schon wieder versetzt. Voller Zorn trat er gegen einen der verschlissenen Sessel. Von draußen drang leise eine Polizeisirene an sein Ohr. Schnell wurde sie lauter. Verdammt, jetzt war er es, der er in der Falle saß.
Max Newman hatte die Mikrofonständer geschultert, die er in der Künstlergarderobe gefunden hatte, und eine Sonnenbrille aufgesetzt. Am Treppenabsatz hatte ihn sein Verfolger höchstpersönlich vorbeigelassen. Das Herz hatte ihm bis zum Hals geklopft, als er ihn mit gesenktem Kopf passiert hatte. Als er sich vorsichtig umschaute, sah er, wie der Mann in den Tiefen der Bühne verschwand. Noch vor Erreichen des
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