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Das Alabastergrab (Krimi-Edition)

Das Alabastergrab (Krimi-Edition)

Titel: Das Alabastergrab (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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hielt er inne. Der Artikel von der Rhön- und Saalepost in Bad Neustadt/Saale war wiederum ein ganzes Stück älter als der zuvor. Es ging um Renovierungsarbeiten am Kreuzweg eines Klosters. Vandalen hatten anscheinend eine Station des Wegs so stark zerstört, dass diese wiederaufgebaut werden musste. Da das Kloster arm war, war es an den Brüdern hängen geblieben, die Reparatur in Eigenregie durchzuführen. Auf dem Foto sah man einen fleißigen Pater, der mit einer Maurerkelle in der Hand in die Kamera lächelte, während er am gekippten steinernen Relief der Kreuzwegstation lehnte und kurz davor war, eigenhändig den Sockel des Kreuzwegs zu betonieren. Der Pater war eindeutig Kolonat Schleycher. Und das arme Kloster, erfuhr Haderlein im Artikel, war das Franziskanerkloster auf dem Kreuzberg in der Rhön.
    *
    »Also, Herr Schmitt, was wollen Sie denn nun wirklich von mir wissen? Ich meine, außer meinem Familienstand …«, fügte sie süffisant lächelnd hinzu.
    Sogleich stieg Lagerfeld wieder die Schamesröte ins Gesicht. Ohne seine Brille war er ja faktisch nackt!
    »Äh … also, ich bin heute eigentlich hier, weil ich Auskünfte über einen Ihrer Angestellten brauche, sein Name ist Hubertus Graetzke. Wie ich schon erfahren habe, ist er heute nicht zur Arbeit erschienen?«, fragte Lagerfeld, jetzt darauf bedacht, kompetent, sachlich und hochdeutsch zu wirken.
    »Ja, das stimmt. Auch zu Hause oder auf seinem Handy konnten wir ihn nicht erreichen«, entgegnete Frau von Heesen. »Und das ist in der Tat merkwürdig. Wissen Sie, ich kenne Herrn Graetzke schon, seit ich die Leitung der Revisionsabteilung übernommen habe. Ich kam mit ihm immer sehr gut zurecht, auch wenn es zu Beginn Probleme zwischen ihm und mir gab.«
    Lagerfeld schaute überrascht von seinen Notizen auf. »Probleme? Was denn für Probleme?«
    »Nun, es ist mir sehr unangenehm, darüber zu reden. Außerdem ist es schon lange her und eigentlich auch schon längst vergessen.«
    »Erzählen Sie es bitte trotzdem, man weiß ja nie«, ermunterte er sie.
    »Na gut«, entschloss sie sich. »Eigentlich war er es, der meinen Posten hier bekommen sollte. Dementsprechend war er wohl sehr enttäuscht, als er mitbekam, dass jemand anderes ihm vorgezogen wurde. Insbesondere dass fortan eine Frau sein Chef sein sollte, schien ihn mehr als zu irritieren.«
    »Ich weiß, Frauen machen ihm zu viele Geräusche …«, entfuhr es Lagerfeld.
    »Wie bitte?«
    »Äh … gar nichts. Und hatten Sie ansonsten Schwierigkeiten mit ihm?«
    »Überhaupt nicht«, winkte sie ab, »Hubertus Graetzke ist ein sehr in sich gekehrter Mensch und nimmt auch nicht sonderlich am Sozialleben der HUK -Coburg teil, wenn Sie verstehen, was ich meine. Aber über seine Arbeit kann man sich als Vorgesetzte wirklich nicht beklagen. Warum fragen Sie das eigentlich alles? Ist Herrn Graetzke etwas zugestoßen?« Ute von Heesen wirkte ernsthaft besorgt.
    »Nein, nein, leider … äh, ich meine natürlich, nicht dass wir wüssten, nein. Wir hätten ihm einfach nur gerne ein paar Fragen gestellt. Aber das wär’s jetzt auch eigentlich«, seufzte er und erhob sich aus seinem Sessel. Als er Ute von Heesen seine Karte reichte, blickte er ihr wieder in die wundervollen Augen. Mein Gott, was für eine Schönheit, schmachtete er. »Und sollten Sie noch Fragen, Wünsche oder Anträge haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an mich, ich bin für alles … zu haben.« Er hatte die ganze Bedeutungskraft seiner Stimme in das »zu haben« hineingelegt.
    »Natürlich, sehr gern, Herr Schmitt«, lächelte sie ihn an. »Und wenn Sie irgendetwas über Herrn Graetzke herausfinden, lassen Sie es mich bitte wissen. Ich mache mir immer Sorgen, wenn ich einen Kollegen nicht erreichen kann.« Ihre Stirn legte sich in kaum wahrnehmbare Falten. »Meine Vorzimmerdame wird Ihnen die Wohnungsanschrift von Herrn Graetzke gerne mitteilen.«
    Lagerfeld war eigentlich schon draußen, aber er konnte es sich nicht verkneifen. Er musste es jetzt einfach wissen, ansonsten würde er nächtelang unter Schlaflosigkeit leiden. Also wandte er sich noch einmal um und fragte so unschuldig wie möglich: »Frau von Heesen? Ich bräuchte dann noch Ihr Geburtsdatum. Sie wissen schon, für die Akten.« Trotz aller gespielten Gleichmütigkeit merkte er, wie er erneut rot anlief.
    Die Abteilungsleiterin senkte den Kopf, verschränkte die Arme und blickte zu Boden. Ihre Schultern zuckten. Lagerfeld war verwirrt. Weinte sie? Das hatte er nicht gewollt.

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