Das Alabastergrab
beiden Streifenbeamten wieder herbei, damit sie sich um
Manuela Rast kümmern konnten, und verließ dann eiligst seine Wohnung.
*
Nikolai hatte heute Nacht eine Doppelschicht zu erledigen. Dieser
Wirt war eine leichte Übung gewesen, das hatte ihm sein Auftraggeber schon
prophezeit. Was für ein erbärmlicher Mensch dieser Brauer gewesen war. Wie
konnte man nur so um sein Leben winseln? Verächtlich spuckte er aus dem
Fenster. Nun ja, ihm konnte das letztendlich egal sein. Er hatte sich nur um
seinen Auftrag zu kümmern. Es blieben noch zwei Objekte übrig, von denen eins
das Buch haben musste. In dieser Nacht würde er sich noch demjenigen zuwenden,
der nur wenige Kilometer entfernt wohnte. Bis Kronach war es nur ein
Katzensprung.
*
Als Haderlein auf der Dienststelle eintraf, herrschte dort schon
reges Treiben. Honeypenny kam mit dem Telefon in der Hand auf ihn zugelaufen,
und ihre Lippen formten ein lautloses »Siebenstädter«, während sie mit einer
Hand die Sprechmuschel abdeckte.
Haderlein stöhnte auf, der hatte ihm gerade noch gefehlt. Genervt
griff er sich das Telefon.
»Was wollen Sie, Siebenstädter?«, raunzte er ihn unfreundlich an.
»Sie arbeiten doch um diese Zeit offiziell gar nicht mehr. Gerichtsmediziner
haben doch amtliche Arbeitszeiten, oder etwa nicht?«
Siebenstädter beschloss, die nächtliche Provokation mit Gelassenheit
zu ertragen. Schließlich war er in puncto Erkenntnis weit im Vorteil. »Also«,
erwiderte er mit außerordentlicher Ruhe, »ich wollte Ihnen nur mitteilen, Herr
Kommissar, dass ich hier zwei weitere Leichen aus Hof habe, die vom selben
Täter erschossen wurden wie Ihr verbrannter Bösewicht, den Sie mir geschickt
haben.«
Haderlein brauchte einige Sekunden, um diese Nachricht zu verdauen.
»Sind Sie ganz sicher, Siebenstädter?«, fragte er gefasst.
»Völlig sicher«, erwiderte dieser nicht ohne eine gehörige Portion
Arroganz in der Stimme. »Ihr Fall hat sich um zwei weitere Abgelebte vermehrt,
Herr Kommissar. Ich bin dafür, dass Sie morgen hier vorbeikommen, dann kann ich
Ihnen alles genauestens erläutern.«
Haderlein brauchte nicht lange zu überlegen. »Sind Ihre Beweise
gerichtsfest, Siebenstädter?«
»Selbstverständlich«, kam es beleidigt zurück.
»Dann sind wir um circa zwölf Uhr bei Ihnen.« Haderlein legte auf,
ohne die Antwort abzuwarten.
Sofort klingelte das Telefon erneut. Haderlein verdrehte die Augen.
Er war jetzt wirklich gestresst und hatte keine Zeit mehr für
gerichtsmedizinisches Geplänkel. »Siebenstädter, Sie können mir für heute den
Buckel runterrutschen!«, fauchte er ins Telefon.
»Äh, bin ich richtig bei der Kriminalpolizei in Bamberg?«, ertönte
aus dem Hörer eine dunkle Stimme, die so gar nicht zum Pathologen passte.
»Oh, Entschuldigung, ich habe Sie verwechselt. Bitte verzeihen Sie.
Kriminalhauptkommissar Haderlein am Apparat.«
»Sind Sie der, der die Ermittlungen im Fall Rast leitet?«, fragte
die Stimme.
»Ja, der bin ich«, antwortete Haderlein. »Um was geht’s denn?«
Mit einem Auge schielte er schon ins Büro. Jeden Tag riefen hier
etliche Spinner an, die sich wichtigmachen wollten. Wahrscheinlich zählte auch
der Anrufer dazu. Um diese Uhrzeit war er sicherlich auch noch betrunken.
»Haben Sie irgendwelche Hinweise?«, fragte er ungeduldig.
»Sie müssen sich um jemanden in Kulmbach kümmern, er ist in
allerhöchster Gefahr.« Die Stimme klang unaufgeregt und souverän.
Haderlein stellten sich die Nackenhaare auf. Sofort schaltete er auf
Freisprechen, sodass alle mithören konnten. »Können Sie mir den Namen nennen?«,
fragte er so unbefangen wie möglich.
»Der Mann heißt Pankraz Peulendorfer und leitet die Kommunbräu
unterhalb der Plassenburg. Bitte beeilen Sie sich, wahrscheinlich schwebt er in
Lebensgefahr!« Jetzt wurde der Mann drängender.
Haderlein bekam von Honeypenny eine Aktennotiz gereicht.
Tatsächlich. Das gerade aufgefundene Mordopfer in Kulmbach hieß Pankraz
Peulendorfer, Wirt der besagten Brauerei. Haderlein stockte kurzfristig der
Atem. Er hatte hier jemanden in der Leitung, der ganz offensichtlich mehr über
diesen Fall wusste. Auf gar keinen Fall durfte er auflegen. Ehrlichkeit schien
ihm die beste aller Varianten zu sein, um weiter mit dem Mann zu reden.
»Ihr Anruf kommt leider zu spät. Pankraz Peulendorfer wurde heute
Abend erschossen aufgefunden … Hallo? Sind Sie noch dran?« Haderlein wartete
angespannt.
»Ja«, kam schließlich eine leise Antwort.
»Was ist mit
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