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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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herbeordern. Sollten die Herren doch mal
sehen, wozu die moderne Gerichtsmedizin fähig war und wie wertlos jegliche
Ermittlungsarbeit in Franken ohne ihn wäre, ohne Professor Dr. Thomas
Siebenstädter.
    *
    Pankraz Peulendorfer überprüfte am offenen Sudkessel die Konsistenz
seines künftigen Biers. Er war davon überzeugt, dass es eine weitaus bessere
Reifung erfuhr, wenn man ihm eine liebevolle Behandlung angedeihen ließ – so
ähnlich wie bei Pflanzen auch. Es kam nicht selten vor, dass er mit seinem Sud
sprach. Wie mit einem guten Freund plauderte er dann gute Stimmung ins Gebräu.
Er wusste, dass Bier eine Seele hatte. Die Zuwendung würde man am Ende der
Gärung auch rausschmecken, so predigte er schon seit vielen Jahren. Ob es nun
tatsächlich stimmte oder nicht – der Erfolg gab ihm jedenfalls recht. Die
fränkische Mehrheit war von seinem Bier begeistert.
    In der Gaststube erhob sich derweil ein elegant gekleideter Mann und
machte sich mit zügigem Schritt auf den Weg zu den Toiletten. Kurz vor der Tür
mit der Aufschrift »Herren« schaute sich der große Mann noch einmal um. Niemand
beobachtete ihn. Dann stieß er schnell die metallene Tür auf, die nach rechts
führte. Beißender Maischegeruch schlug ihm aus dem schummrigen Gebäude
entgegen, und vom anderen Ende der Brauhalle konnte er ein Klappern und die
leise Stimme eines Manns hören. Nikolai zog seine Waffe und schraubte
gewissenhaft den Schalldämpfer auf.
    »Du wirst ein ganz ausgezeichnetes Bier werden«, prophezeite Pankraz
Peulendorfer seinem Sud. »Ein richtig schönes Sommerbier, mein Liebes«,
turtelte er verliebt. »Nicht zu stark und auch nicht zu schmalbrüstig im
Geschmack. Mit dir wird nicht lange gefackelt werden«, flötete er, während er
den Inhalt gleichmäßig umrührte.
    »Sehr richtig bemerkt«, hörte er plötzlich eine Stimme von hinten,
und kaltes Metall schmiegte sich an seinen Hinterkopf. »Umdrehen«, befahl die
Stimme.
    In der Gaststube klingelte hinter der Theke das Telefon, doch
niemand kümmerte sich darum. Das war Sache der Wirtsleute, und die waren nicht
da. Also hallte das Klingeln so lange gedämpft durch den Lärmpegel des gut
besuchten Wirtshauses, bis es schließlich wieder unbeachtet verstummte.
    Pankraz Peulendorfer drehte sich langsam um. Ihm war kalt, er konnte
nicht mehr atmen. Vor ihm stand ein großer, dunkel gekleideter Mann und hielt
ihm eine Pistole mit Schalldämpfer an die Stirn.
    »Pankraz Peulendorfer?«, fragte der Mann, als ob er ein Einschreiben
abgeben wollte.
    Er nickte, während der Mann ihn mit einem Foto verglich, das er in
der Hand hielt.
    »Du weißt, warum ich hier bin?«, fragte er Peulendorfer und drückte
ihm den Schalldämpfer fester gegen die Stirn. Der Brauer nickte wieder,
unfähig, auch nur die kleinste Silbe über die Lippen zu bringen. Gedanken
schossen ihm durch den Kopf: Warum denn jetzt? Nach über dreißig Jahren war die
ganze Geschichte doch vergeben und vergessen – oder nicht? Todesangst
übermannte ihn, und er begann am ganzen Leib zu zittern.
    »Also, was ist? Ich frage dich nur ein Mal. Wo ist das Buch?«,
erkundigte sich der Mann mit schneidend kalter Stimme.
    Pankraz Peulendorfer konnte nicht mehr an sich halten. Ein dunkler
Fleck erschien zwischen seinen Beinen und breitete sich aus. Er begann zu
schluchzen. Dann brach die Anspannung als einziger Wortschwall aus ihm heraus.
    »Ich hab das Buch nicht. Ich hatte es noch nie in der Hand. Ich weiß
nur, dass etwas Gefährliches drinsteht, aber nicht was. Ich hab den ganzen
Schmarrn doch nur mitgemacht, war Mitläufer. Um Gottes willen, ich habe doch
Frau und Kinder, lassen Sie mich leben, bitte! Das ist doch alles schon so
lange her!« Er fiel auf die Knie und umklammerte die Knöchel des Mannes, der
ihn mit der Waffe bedrohte.
    Nikolai stieß ihn mit den Füßen weg und trat einen Schritt zurück.
»Also gut. Aber wenn du das Buch nicht hast, wer hat es dann?« Er zielte mit
der Waffe wieder auf den Kopf des Braumeisters, während dieser sich wackelig
wieder erhob.
    Pankraz Peulendorfer verließ der Mut. Schwankend und mit blutleerem
Gesicht stand er da und zuckte nur hilflos mit den Schultern. »Da müssen Sie
andere fragen. Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen, aber …«, flehte er
verzweifelt, wurde aber unterbrochen.
    »Das scheint mir leider auch so«, pflichtete Nikolai ihm bei und
drückte ab.
    Vom Treffer der Kugel in die Stirn wurde Peulendorfers Kopf nach
hinten gerissen und schlug mit einem dumpfen

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