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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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freiwillig hineingelassen wurde.
Selbstzufrieden wartete er auf den Türsummer.
    Max Newman alias Schiller alias Mozart saß wie versteinert auf
seinem Bett. Seine Gedanken hetzten von der einen Ecke seines Verstands in die
nächste, sein Herz hämmerte. Die Polizei in Bamberg suchte ihn. Und zwar unter
seinem alten Namen. Was hatte das zu bedeuten? Seit Kalifornien gab es den
Namen Max Schiller nicht mehr. Damals hatte er seine Freundin in San Diego
geheiratet und ihren Namen angenommen. Und woher kannte die Polizei seinen
alten Spitznamen? Zitternd legte er sich aufs Bett. Es gab nur eine
Möglichkeit: Die Polizei musste ihn von einem seiner alten Schulkameraden
bekommen haben. Er dachte an die CADAS und griff sofort wieder nach der Kette. Ein kalter Schauer durchlief ihn.
Sollte die Vergangenheit ihn ausgerechnet jetzt einholen?
    Es klingelte an der Tür. Panisch fuhr Newman herum. Der Doktor aus
Kiew! Den hatte er ja ganz vergessen. Verdammt, der fehlte ihm gerade noch.
Zitternd drückte er auf den Schalter der Gegensprechanlage.
    »Hallo?«, rief er hinein.
    »Ja, hier Dr. Rasputin«, kam es von draußen. »Wir waren kurzfristig
verabredet.«
    »Ja, einen kleinen Moment noch«.
    Nikolai trat einen Schritt zurück. Max Newman war also tatsächlich
zu Hause. Jetzt konnte nichts mehr schiefgehen. Seine rechte Hand lag bereits
auf dem Kolben seiner Sonderanfertigung, die er unter seiner Jacke trug. Bald
würde er sie ein letztes Mal in diesem Auftrag abfeuern.
    Max Newman zog sich hektisch an. Diesen Doktor aus Kiew musste er
schnellstmöglich loswerden. Er hatte jetzt wirklich anderes zu tun, als sich
mit diesem Rasputin über Delphine in der Ukraine zu unterhalten. Was war
Rasputin überhaupt für ein bescheuerter Name? War das nicht ein russischer
Tyrann gewesen, der reihenweise Leute umgebracht hatte? Newman hielt inne.
Voller Angst starrte er auf die Gegensprechanlage. Verdammt, von diesem
Rasputin hatte er in Fachkreisen noch nie etwas gehört. Zitternd drückte er
wieder die Sprechtaste.
    »Dr. Rasputin?«, fragte er.
    »Ja, ich warte«, hörte er eine freundliche Stimme.
    »Sagen Sie, haben Sie Ihnen in Kiew auch diese überteuerten
Süßwasserdelphine aus Vietnam anzudrehen versucht?« Er ließ die Taste los und
wartete auf eine Antwort, die Klarheit schaffen würde.
    Es klickte: »Ja, genau, die ziehen mit diesen Viechern anscheinend
von Haustür zu Haustür. Irgendwann werden sie bestimmt einen Dummen finden, der
die ihnen abkauft.«
    Zufrieden mit seiner Antwort ließ Nikolai die Taste los und wartete.
Wozu brauchte der Typ eigentlich so lange? Wieder drückte er die Taste der
Gegensprechanlage. »Dr. Newman, jetzt machen Sie doch auf, ich werde Sie schon
nicht umbringen«, scherzte er ins Mikrofon. Natürlich war das glatt gelogen,
aber langsam verließ ihn die Geduld. Wahllos drückte er alle Klingelknöpfe an
der Hausfront, bis sich die Tür zum Treppenhaus endlich öffnete. Im ersten
Stock gelangte er an eine Tür, an der wie schon am Hauseingang ein namenloses
Schild prangte. »Dr. Newman?«, rief er und klopfte.
    Niemand öffnete. Da war doch etwas faul. Er zog seine Waffe und warf
sich kurz und heftig gegen die Tür. Krachend flog das Schloss aus dem Türfutter
in den Wohnraum. Nikolai spürte den warmen Luftzug und folgte ihm bis zu dem
geöffneten Fenster, das in den Innenhof ging. Unten sah er ein Hemd im Gras
liegen, das jemand in aller Eile verloren haben musste. Mit den wüstesten
russischen Flüchen, die ihm einfielen, sprang Nikolai vom Fenstersims hinunter
auf den Rasen. So schnell er konnte, rannte er Richtung offene Toreinfahrt. Max
Newman durfte ihm nicht entkommen.
    Im zweiten Stock des Mietshauses saß Mozart auf den alten, hölzernen
Treppenstufen und zitterte am ganzen Körper. Mit seiner rechten Hand hielt er
krampfhaft die lederne Kapsel umklammert, die er seit über dreißig Jahren um
den Hals trug. In Vietnam gab es keine Süßwasserdelphine. Hatte es dort noch
nie gegeben. Dafür wollte ihn dieser Typ da offensichtlich umbringen.
    Nikolai hatte die Toreinfahrt durchquert und schaute sich auf der
Straße um. Rechts und links gab es nur eine circa hundert Meter lange gerade
Häuserzeile. Nirgends war jemand zu sehen. Er war wütend. Versuchte der
Blödmann, ihn zu verarschen? Ruckartig drehte er sich um und betrachtete
nachdenklich das offene Fenster von Newmans Wohnung im ersten Stock. Dann
rannte er über die Wiese des Innenhofs zurück zum Haus.
    Mit weichen Knien ging

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