Das Alabastergrab
und besprach sich kurz
mit Fidibus, der die Meinung vertrat, dass es auch nach so vielen Jahren und
trotz miserabler Erfolgsaussichten besser wäre, sofort eine Fahndung nach
Clemens Martin und Peter Nickles einzuleiten.
»Okay«, sagte Lagerfeld
schließlich, nachdem Haderlein aufgelegt hatte, kurz entschlossen. »Okay,
spricht also irgendetwas dagegen, dieses kleine Lederding aufzumachen, damit
wir endlich erfahren, was auf dem Zettel steht?«
»Nein, überhaupt nicht«,
sagte Dr. Newman. »Aber Sie werden es genauso wenig begreifen wie ich, dessen
bin ich mir sicher. Und ich denke jetzt schon über dreißig Jahre darüber nach.«
Mit einer schnellen, geübten Handbewegung griff er nach der Kapsel und öffnete
sie mit einer Hand. »Sie ist wasserdicht, und das noch nach Jahrzehnten. Ohne
Gummi, ohne Plastik. Indianische Handarbeit aus Kalifornien.« Er nahm das klein
zusammengefaltete Stück Papier heraus, legte es auf den Tisch und strich es mit
der rechten Hand glatt. Die Schrift darauf war irgendwann einmal mit
dokumentenechtem Filzstift nachgezeichnet worden und deswegen noch gut
leserlich.
»Hier ist es. Vielleicht
sagt Ihnen das ja mehr als mir.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und
verlangte das nächste Bier. Irgendwie war ihm nach diesem Tag danach, sich
sinn- und hemmungslos zu besaufen.
Die drei Ermittler beugten
sich über das so lange gesuchte Stück Papier. Aber in der Tat, was darauf
geschrieben stand, machte offenkundig keinen Sinn. Haderlein grübelte stumm vor
sich hin, während auch Driesel und Lagerfeld das Geschriebene zu deuten
versuchten.
Der tote Bischof von Rom
Begraben in Ludwigs Dom
Im Hort mit dem Garten am
Fluß
Zertreten von
schwedischem Fuß
3 – 3
1 – 20
2 – 17
1 – 8
4 – 25
Auf Alchimie gelegt als
Laster
Der Tod aus Eisen und
Alabaster
Haderlein stellte schon nach
kurzer Zeit seine Überlegungen ein. Das konnte alles oder nichts bedeuten. Er
versuchte lieber, die Sachlage zu ordnen.
»Das heißt, wenn ich das
richtig verstehe, hat dieser Clemens sein Tagebuch an dem Tag des
Klassenabschlussausfluges irgendwo versteckt. Richtig?« Haderlein schaute
Newman fragend an.
»Sicher weiß ich nur, dass
er das Buch noch hatte, als wir am Morgen in den Bus stiegen. Und als er mir
den Zettel am Brunnen gegeben hat, war es verschwunden. Was dazwischen passiert
ist, kann ich nicht sagen. Aber in jeder Kirche ist Clemens in den hintersten
Ecken herumgekrochen. Was er da gemacht hat?« Hilflos hob er die Schultern.
»Keine Ahnung.«
Hannes Driesel nahm den
Zettel in die Hand und ging zum Scanner. »Ich werde das Teil jetzt mal für
jeden von uns kopieren, und dann geb ich es runter zu unseren Spezialisten.
Vielleicht ist da ja noch auf andere Art und Weise eine Botschaft versteckt.
Und wenn das wirklich so ein cleveres Kerlchen war, wie der Doktor behauptet,
dann finden wir vielleicht noch andere Spuren.«
Haderlein war zum
Haareraufen zumuten. Dieser Clemens hatte der Nachwelt eine geheime Botschaft
hinterlassen, um sein Buch zu finden, so viel war klar. Doch es schien beinahe
so, als hätte das junge Genie zu gut gearbeitet. Da half nur System.
»Wo genau hielt sich die
Klasse denn bei diesem Ausflug auf?«, fragte Haderlein und zückte seinen
Notizblock. »Wissen Sie das noch, Dr. Newman?«
Der musste nicht lange
überlegen. Diesen Tag würde er sein Leben lang nicht vergessen. »Wir waren eigentlich
nur im Bus und haben drei Kirchen besucht«, sagte er. »Zuerst haben wir die
Gangolfskirche besichtigt, dann waren wir auf dem Michelsberg und zum Schluss
im Dom. Am längsten haben wir uns, glaub ich, in der Gangolfskirche
aufgehalten, weil wir da an Rast und Graetzke Rache genommen haben.« Er
lächelte bei dem Gedanken. »Die mussten ja erst noch gesucht werden. Leider hat
man die zwei Idioten dann doch irgendwann gefunden.«
»Das wäre eine gute
Gelegenheit gewesen, etwas zu verstecken«, meinte Lagerfeld nachdenklich,
während ein Polizist hereinkam, Driesel etwas ins Ohr flüsterte und ihm einen
Zettel übergab.
Haderlein konzentrierte sich
auf Lagerfelds Vermutung und schüttelte den Kopf. »Das ist nur eine Ahnung,
Bernd. Drei so große Baudenkmäler können wir nicht auf bloßen Verdacht hin
untersuchen lassen. Wir müssen das Rätsel dieser Zeilen hier lösen. Das ist
unser Problem.«
»Das ist leider nur das eine
Problem«, warf Driesel mit ernster Miene ein, während er besorgt den Text auf
dem Zettel studierte, den man ihm gerade gereicht
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