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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Schnelle keine Zivilkleidung zu besorgen gewesen, sodass
er mit einer Polizeiuniform hatte vorlieb nehmen müssen. Einerseits fühlte er
sich wie neugeboren, andererseits total beschissen. Um ein Haar wäre sein Leben
heute zu Ende gewesen. Und das nur aufgrund einer Episode von damals, als er
noch nicht einmal volljährig gewesen war. Dankbar trank er das kühle Bier, das
man ihm gereicht hatte, und versuchte sich zu beruhigen.
    »Ich muss mich bei Ihnen
bedanken. Sie haben mir im letzten Moment das Leben gerettet«, sagte er nun
schon zum zigsten Mal.
    »Es war uns eine Ehre«,
erwiderte Lagerfeld lässig.
    »Leider ist Ihr Verfolger
entkommen«, knirschte Haderlein grimmig.
    »Aber wir haben immerhin
einen wichtigen Teilerfolg erzielt«, stellte Lagerfeld zufrieden fest. »Sein
wichtigstes Ziel lebt noch.«
    Haderlein fixierte Driesel,
der sich die ganze Zeit schweigend den Bart rieb. Dann stand er auf, stützte
die Hände auf dem Tisch, an dessen gegenüberliegender Seite Max Newman saß, und
sah ihn ernst an.
    »Ich möchte ja nicht
drängeln, aber es wird nun, glaube ich, höchste Zeit, dass Sie uns sagen, wo
das Buch ist.«
    »Genau, dieses ominöse Buch,
das diesen ganzen verdammten Fall endlich aufklären kann«, unterstützte
Lagerfeld seinen Chef.
    Erstaunt blickte Newman von
einem zum anderen, stellte das Bier neben sich auf den Boden und erhob sich.
    »Aber ich habe das Buch
nicht«, sagte er.
    Haderlein runzelte
verständnislos die Stirn. Aber warum dann der ganze Aufstand? Warum dann dieser
brutale Mörder?
    »Wie? Was soll das heißen:Sie haben das Buch nicht?«, regte sich Lagerfeld auf. »Aber dieser
Teppichhändler aus Kronach hat uns doch angerufen und gesagt, wir sollen Sie
aufsuchen und das Buch finden.« Haderlein legte ihm beschwichtigend die Hand
auf die Schulter.
    »Aber ich habe Clemens’ Buch
wirklich nicht«, beteuerte Max Newman.
    »Wer ist denn schon wieder
Clemens?«, fragte Lagerfeld frustriert.
    Mozart schaute nochmals in
die Runde, dann griff er mit beiden Händen unter sein Hemd, holte eine silberne
Kette mit einer Lederkapsel hervor und legte sie zum Erstaunen aller vorsichtig
in die Tischmitte.
    »Ich habe nur das hier«,
sagte er. Dann setzte er sich mit dem erleichterten Gefühl wieder auf seinen
Stuhl, das auch Frodo empfunden haben musste, als er Saurons Ring endlich in
der Vulkanglut versinken sah.
    »Und was ist das?« Jetzt kam
auch Hannes Driesel an den Tisch, um sich die Kette genauer zu betrachten.
    »Das«, sagte Mozart
nachdenklich, »ist Clemens’ letzte Botschaft.«
     
    Als Dr. Max Newman seine
Geschichte über die Zeit im Ottonianum beendet hatte, saßen alle schweigend um
den Tisch herum.
    »Was könnte da vorgefallen
sein?«, fragte Haderlein nach einer Weile.
    »Tja, genau die Frage hab
ich mir auch immer gestellt«, antwortete Newman. »Misshandlungen, Demütigungen,
Züchtigungen? Keine Ahnung. 1974 waren noch ganz andere Zeiten. Da hatte man in
unserem Gottesdienst gerade erst die Geschlechtertrennung abgeschafft, und kurz
zuvor wurde die Messe noch auf Lateinisch gelesen. Damals widersprach man nicht
einfach so seinem Regens, da fragte man nicht einmal nach. Clemens und ich, wir
waren die Einzigen, die sich das manchmal getraut haben. Aber so konsequent wie
er bin ich nie gewesen. Und er hat mir gegenüber auch nie die leiseste
Andeutung gemacht, was da zwischen ihm, Peter und dem Regens vorgefallen ist.
Ich weiß nur, dass sie an unserem letzten Abend spurlos verschwunden sind. Als
ob sie sich in Luft aufgelöst hätten. Noch nicht einmal bei der Zeugnisübergabe
wurden sie noch erwähnt. Ich hab wirklich keine Ahnung, was da damals los war.«
Sichtlich mitgenommen von der Erinnerung griff Mozart sich sein halb volles
Bier und trank es in einem Zug aus. Die Kommissare brachten kein Wort raus.
    »Nun«, ergriff Haderlein
nach ein paar Minuten des Schweigens das Wort, »was auch immer es war,
irgendjemandem ist das, was passiert ist, jedenfalls so viel wert, dass er den
bestbezahlten Mörder, den man finden kann, auf die Vernichtung der Hinweise
ansetzt. Und, meine Herren, ich finde, dass wir auch aufgrund der Aussagen von
Dr. Newman hier immer dringender davon ausgehen müssen, dass dieser
Auftraggeber Umweltminister Kolonat Schleycher ist. Leider haben wir außer der
Tatsache, dass er Kontakt zu Edwin Rast hatte und der damalige Regens war,
bisher keinerlei Beweise.«
    Der Hauptkommissar griff zum
Telefon, wählte die Nummer der Dienststelle in Bamberg

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