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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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hatte. »Das Problem hier ist
womöglich das größere von beiden«, sagte er. »Ich habe gerade die Ergebnisse
der Spurensicherung vom Löwensaal bekommen. Zwei Fingerabdrücke aus der
Künstlergarderobe und dem Auto stimmen mit den Fingerabdrücken von meinem
damaligen Fall aus München überein.«
    Haderlein schaute in
Driesels plötzlich gealtertes Gesicht und wusste, was das für seinen Kollegen
bedeuten musste.
    »Der Mann heißt Nikolai.
Nikolai Dassajew. Siebenunddreißig Jahre alt, geboren in Gießen, Deutschland.
Sohn russlanddeutscher Eltern. Nach mehreren Verurteilungen nach dem
Jugendstrafrecht wegen Raub, Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer
kriminellen Vereinigung ist er aus Deutschland verschwunden und im
Tschetschenienkrieg wieder aufgetaucht. Machte sich in der russischen Armee
einen Namen durch besondere Kaltblütigkeit und als ausgezeichneter
Scharfschütze. Inzwischen sehr gut bezahlter Auftragskiller, der europaweit
tätig ist. Gesucht vom Bundeskriminalamt, Interpol und so ziemlich allen
internationalen kriminalpolizeilichen Organisationen dieser Welt. Er ist der
Beste seiner Zunft und auch der Teuerste. Er wird nur angeheuert von
Auftraggebern, die keine Zeit, aber viel zu verlieren haben. Wo er auftaucht,
gibt es kein Entkommen und viele Tote. Bis jetzt hat er angeblich noch jeden
Auftrag erfolgreich abgeschlossen. Und gerade heißt sein Auftrag offensichtlich
Dr. Max Newman.« Driesel schwieg einen kurzen Moment, schaute den Doktor an und
ließ seine Worte wirken. »Nikolai Dassajew. Das ist unser Mann.«
    Für Dr. Max Newman waren die
Informationen über seinen Verfolger mehr, als er verkraften konnte, sodass er
sich neben den Tisch auf den taubenblau gefliesten Boden des Polizeipräsidiums
übergab.
    *
    Nikolai stellte den Kleintransporter der Band am Nürnberger
Hauptbahnhof ab. Zügig und ohne sich umzuschauen, betrat er die Bahnhofshalle.
Mehrere Reisende betrachteten seinen Aufzug schmunzelnd und kichernd. Er sah
aus wie ein Rockmusiker in viel zu kurzen Hosen. Sofort lenkte er seine
Schritte in Richtung der Schließfächer am Ende der Halle. Unauffällig sah er
sich um. Niemand war ihm gefolgt, und niemand konnte ihn vom Eingang aus
beobachten. Er zog seinen rechten Schuh aus, dann folgte der Strumpf. Schon
seit Beginn des Auftrags hatte er unter seiner Fußsohle einen Schlüssel
versteckt gehabt. Einen Schlüssel für Plan C, den Plan, der in Aktion treten
würde, wenn etwas fürchterlich schiefgelaufen war. So wie jetzt. Er öffnete das
dritte Schließfach von oben und von rechts. So brauchte man sich keine Nummern
zu merken. Nikolai zog alles wieder an, bevor er die schwarze Ledertasche aus
dem Fach holte. Schnell verschwand er im Toilettenbereich und schloss sich in
der Kabine für Behinderte ein. Hier hatte er wenigstens den Platz, den er
brauchte.
    Als er sich der schwarzen Lederkleidung des Musikers entledigt
hatte, nahm er den Akkurasierer mit dem Langhaarschneider und stellte ihn auf
zehn Millimeter ein. Er setzte das Gerät an und kürzte seine Haare. Als
Nächstes griff er nach dem durchsichtigen Plastikbeutel, der eingeschweißtes
Gel enthielt. Das würde jetzt mit Sicherheit brennen. Aber Nikolai war wütend,
sehr wütend sogar, und mit Wut im Bauch ließ sich einiges ertragen. Mit der
Flüssigkeit in den Haaren sammelte er die abgeschnittenen Haarbüschel ein und
stopfte sie zusammen mit den Ledersachen in einen robusten Müllbeutel. Dann zog
er sich die frische Kleidung an, die er als Back-up-Maßnahme im Schließfach
deponiert hatte. Eine helle Leinenhose, ein rosafarbenes Hemd und ein Leinensakko,
das farblich zur Hose passte. Als er auch noch die randlose Sonnenbrille
aufsetzte, ähnelte er dem blonden Bullen aus »Miami Vice«.
    Mit warmem Wasser wusch er das Wasserstoffperoxid aus, die reinste
Wohltat! Als er die Haare frottiert hatte, blickte ihm aus dem Spiegel ein
lässig gekleideter Tourist mit hellblonden, sehr kurzen Haaren entgegen.
    Zufrieden stopfte Nikolai die verschmierte Plastiktüte zum Rest in
den Müllsack, den er fest verschnürte. Schnell überprüfte er nochmals den
restlichen Inhalt der Tasche: eine Walther P22 Target mit Munition 5,6
Millimeter, fünfzigtausend Euro in Scheinen, Travellerschecks, drei
Kreditkarten, ein Handy, zwei gefälschte Ausweise auf seinen Namen und mit
seiner jetzigen kurzen, blonden Haarpracht. Dazu noch eine kleine,
elektronische, mit wichtigen Nummern und Kontaktadressen versehene Datenbank,
die nur mit

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