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Das Alabastergrab

Titel: Das Alabastergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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ließen sich von Lagerfelds Begeisterung mitreißen
und folgten ihm. Das reich verzierte Grab des heiligen Otto am anderen Ende des
Kirchenschiffs war mit einem Durchlass versehen, durch den man gebückt gerade
so gehen konnte und der angeblich Rückenleiden heilen konnte. Ein richtiger
Kreuzgang, im wahrsten Sinne des Wortes. Lagerfeld, Newman und Haderlein
krochen erst durch ihn hindurch, dann auch unter und selbst über das Grab. Ein
Buch allerdings fanden sie nicht. Erst als alle drei erschöpft neben dem Grab
des heiligen Otto standen, vor Rückenschmerzen stöhnten und Habermehl verständnissuchend
ansahen, meldete sich dieser wieder zu Wort.
    »Sind Sie jetzt fertig?«, fragte der Professor grinsend. »Jetzt
seien Sie doch nicht so ungeduldig und schalten bitte einmal Ihr Gehirn ein,
ja? Natürlich werden Sie das Buch hier nicht finden. So einfach hat es uns das
junge Genie nicht gemacht. Und jetzt kommen Sie wieder da runter, bitte, Sie
werden sich sonst noch wehtun.«
    Kleinlaut versammelten sich alle wieder um den Professor.
    »So, jetzt passen Sie mal auf. Gleich haben wir es.« Habermehl legte
den Zettel auf den Boden der Kirche und zückte einen Bleistift. Dann fing er
an, Buchstaben abzuzählen, und schrieb einen nach dem anderen unter Clemens’
Text. Als er fertig war, nickte er voller Bewunderung. Ob über sich oder über
Clemens, konnte man nicht so genau sagen. »Gut versteckt, Clemens, wirklich gut
versteckt. Gerade gut genug für mich.«
    Die anderen drei schauten hilflos auf die Buchstabenfolge, die der
Professor notiert hatte.
    »Und was hat das zu bedeuten?«, machte Dr. Newman, dem die Kirchen
nicht ganz geheuer waren, zum ersten Mal den Mund auf. Die Gotteshäuser lösten
unangenehme Erinnerungen aus. Seit dem Schulausflug damals war er nicht mehr
hier gewesen.
    Habermehl pochte mit dem Bleistift auf das Papier. »Aber das ist es
doch. Können Sie es denn nicht sehen?«
     
    Der tote Bischof von Rom
    Begraben in Ludwigs Dom
    Im Hort mit dem Garten am Fluß
    Zertreten von schwedischem Fuß
    3 – 3
    1 – 20
    2 – 17
    1 – 8
    4 – 25
    Auf Alchimie gelegt als
Laster
    Der Tod aus Eisen und
Alabaster
    H
M S B F
    »Die erste Ziffer bezeichnet
die Zeile des Textes, eins bis sechs, von oben nach unten. Die zweite Zahl die
Stelle im Satz, an welcher der Buchstabe steht, den wir nach Clemens zu
notieren haben.«
    »Und was heißt das jetzt?«,
Lagerfeld war mittlerweile nicht nur ungeduldig, sondern auch genervt. »Das
ergibt doch schon wieder kein vernünftiges Wort. H M S B F ? Der will uns doch nur verarschen!«
    »Natürlich scheint das für
den Laien keinen Sinn zu machen«, meinte Habermehl. »Aber Clemens legte diese
Spur für jemanden mit Sinn für Kirchenhistorie.«
    »Ja, aber – wo zum Teufel
ist jetzt das Buch?«, fragte Dr. Newman, dem überhaupt nicht mehr wohl in
seiner Haut war. Die Kirche versank langsam im Dunkel der Nacht.
    »Nun, wenn ich mich nicht
völlig irre, ist der Hinweis jetzt relativ eindeutig. Ich weiß, wo Clemens das
Buch versteckt hat. Er war in Eile, er war verzweifelt, und er war allein. Doch
trotz allem war er noch in der Lage, dieses geniale Versteck in einem Rätsel zu
verklausulieren. Das Buch ist dort«, sagte Habermehl schlicht und deutete nach
links in das dunkle Seitenschiff der Michaelskirche.
    »Dort? Aber wo?«, fragte
Haderlein.
    »Kommen Sie mit«, forderte
Habermehl ihn auf. Im immer düsterer werdenden Seitenschiff blieb er vor einem
über vier Meter großen Steinrelief stehen. »Sehen Sie hier«, sagte er und
deutete auf den Sockel des Epitaphs, auf dem groß und deutlich » H M S B F « eingemeißelt war.
    »Hans Matthes Sebert. Er
baute dieses Epitaph für Melchior Otto Voit von Salzburg, dem mutmaßlichen
Gründer der Universität Bamberg. Und jetzt kommt das Beste, der letzte Beweis.«
Habermehl kniff die Augen zusammen, um im letzten Licht die untersten Zeilen
auf dem Blatt lesen zu können. »Passen Sie gut auf! ›Auf Alchimie gelegt
als Laster / der Tod aus Eisen und Alabaster‹: Schauen Sie genau hin, da haben
Sie Ihren Tod aus Alabaster.«
    Alle folgten seinem Blick
nach oben. Auf Kopfhöhe war ein Skelett auf dem Epitaph zu sehen, das mit Draht
zusammengehalten wurde. Der Schädel des Skeletts lag auf einer Alabasterkugel,
die mit fremdartigen, alchemistischen Schriftzeichen verziert war.
    »Wahnsinn«, sagte Dr.
Newman. »Alchemistische Schriften in einer katholischen Kirche. Und wo ist
jetzt das Buch?«
    »Tja, ach ja, das

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