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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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stand. Bryan sah nun insgesamt neun oder zehn Gebäude, von denen immer zwei durch weiß gestrichene, hölzerne Korridore verbunden waren. Sie bewegten sich auf einen dieser Komplexe zu, und zwar auf den hintersten der Zwillingsblocks.
    Der schwache Schein einer einfachen Lampe über dem Eingang gab etwas Licht, ansonsten lag das Gebäude vollständig im Dunkeln.
    Eine Krankenschwester mit Haube trat vor die Tür, sie zitterte im eisigen Wind. Durch Handzeichen gab sie zu verstehen, dass die eigentümliche Prozession abbiegen und ihr zu den beiden Holzbaracken gleich links folgen sollte. Die Krankenträger protestierten zwar, folgten ihr dann aber doch.
     
    Die Holzbaracken waren nur einstöckig, aber dennoch recht hoch. Gleich unter der Traufkante befanden sich gelblich schimmernde, vereiste Fenster. Fensterläden und schwere Vorhänge sollten den Raum wohl von dem Licht der Scheinwerfer an den turmhohen Masten draußen abschirmen.
    Die Barackentür führte direkt in einen Saal, in dem Dutzende flacher Matratzen dicht an dicht auf dem Fußboden lagen. An den Seiten waren Sprossenwände angebracht, unter der Decke hochgezogen hingen Schwebebalken, Ringe und Trapeze. An der hinteren Wand der Turnhalle befand sich lediglich eine Tür zum nächsten Gebäude. Dort standen vier Kübel, die den Männern offenbar als Latrinen dienen sollten. An der Seite war mit Leinwand so etwas wie Kabinen abgetrennt, dort standen dunkle, schlichte Holzstühle.
    Etwa in der Mitte der Turnhalle ließen die Krankenträger Bryan auf eine Matratze rollen und steckten seine Krankenakte darunter. Ohne sich auch nur zu vergewissern, ob ihr Patient richtig lag, verschwanden sie mit der Trage hinter den anderen, nachrückenden Patienten.
    Der Strom der Gestalten, die mit leerem Blick in die Halle schlurften, ebbte bald ab. James, nur wenige Matratzen von Bryan entfernt, beobachtete die nach ihm Eintreffenden. Als alle saßen oder sich auf ihrer harten Unterlage ausgestreckt hatten, klatschte eine Krankenschwester in die Hände, schritt zwischen den Reihen auf und ab und wiederholte immer wieder denselben Satz. Bryan verstand ihn nicht, konnte aber an der Unruhe der Mitpatienten und an ihren Bemühungen ablesen, dass sie sich ausziehen und ihre Kleidung neben die Matratze legen sollten. Nicht alle folgten der Aufforderung. Ihnen wurde von den Krankenträgern unsanft geholfen. Auch James und Bryan reagierten nicht und ließen sich das Hemd über den Kopf zerren, dass ihnen die Ohren brannten. Erleichtert stellte Bryan fest, dass James Jills Halstuch nicht mehr trug.
    Einer der nackten Männer stand auf und urinierte völlig geistesabwesend auf seine Matratze und seinen Nebenmann, der träge auswich.
    Die Krankenschwester stürzte auf ihn zu und schlug ihm auf den Hinterkopf, woraufhin der Strahl sofort versiegte. Dann führte sie ihn zu den Kübeln.
    In dem Moment schätzte Bryan sich glücklich, mehrere Tage nichts zu essen und zu trinken bekommen zu haben.
    Die Tür zum hinteren Gebäude öffnete sich und ein mit Decken beladenes Wägelchen wurde hereingeschoben.
    Zwar war der Fußboden in der Halle nicht kalt, aber von der Eingangstür zog es ungemütlich herein. Bryan krümmte sich zusammen, um nicht zu sehr auszukühlen.
    Irgendwann begann der eine oder andere der nackten Männer zu jammern. Die meisten zitterten erbärmlich. Die beidenKrankenschwestern, die sie bewachten, schüttelten gereizt den Kopf und zeigten auf den Handwagen. Ein paar gebeugte, magere Männer stürzten los und rissen wahllos Decken an sich.
    Die restlichen Männer blieben, wo sie waren.
     
    Etliche Stunden lag Bryan so da. Mit zunehmender Kälte wurde das monotone Zähneklappern immer lauter. Die Krankenschwestern auf ihren Schemeln nickten immer wieder ein. Die Patienten hatten sie ohnehin sich selbst überlassen.
    Im schwachen Licht der Deckenlampen konnte Bryan den zusammengerollten James zwischen all den anderen Gestalten auf ihren Matratzen kaum erkennen. Aber er sah ein Stück von Jills Halstuch unter der Matratze hervorlugen. »Lass es bloß dort liegen!«, betete er.
    Da sprang James mit einem Mal auf und rannte zu den Kübeln. Seine Entleerung dauerte nur einen Augenblick, doch die Nachwirkungen des Durchfalls   – Schweißausbruch und tröpfchenweises Pinkeln   – ließen James noch lange in der gekrümmten Haltung verharren. Schließlich schnaufte er und tastete den Boden rund um die Kübel ab auf der Suche nach Papier. Vergeblich.
    Dann rannte James zum

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