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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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befestigte der Kalendermann seinen kleinen Datumszettel an der Wand hinter sich. 7.   Oktober 1944 stand da.
    Das neue Zimmer war bedeutend kleiner als das alte. Die Geräusche aus der Etage darunter waren gedämpft, der Irrsinn ein Stück weit aus dem Blickfeld gerückt.
    James’ Bett stand etwas abseits an der kurzen Schmalseite, die Aussicht von dort war erschreckend gut. Rechts von ihm lagen Dieter Schmidt und der Breitgesichtige zu beiden Seiten des Kalendermanns auf der Lauer. Am anderen Ende des Raums klapperte die Tür im Luftzug.
    James betrachtete apathisch Bryans Platz zwischen dem Rotäugigen und Kröner. In wenigen Stunden, wenn Bryan von der Schockbehandlung zurückkam, würde er in der Gewalt der Simulanten sein   – genau wie er selbst, aber bewusst- und wehrlos.
    Die Tage, die vor ihnen lagen, würden so zäh verlaufen, dass sie ihnen wie Jahre vorkamen. Jedes Gelenk seines Körpers protestierte. Die inneren Organe arbeiteten auf Sparflamme. Er fühlte sich kraftlos und leer.
    Ich werde dich hier rausholen, Bryan!, dachte er schlapp und glaubte selbst nicht mehr daran.
    Aber vorläufig musste er zusehen, dass er sich erholte.
     
    Kröner hatte mehrmals mit Handzeichen versucht, Horst Lankaus Redestrom abzuwehren. Zum ersten Mal fiel James auf, dass Kröner schwitzen konnte. Sein Blick glitt aufmerksam durch den Raum. Offenbar fühlte er sich beobachtet.
    Erst nach der Abendvisite wagte Kröner, frei zu sprechen. Hier waren keine Abhörgeräte installiert.
    Der Oberarzt schien mit dem Ergebnis seiner Behandlung zufrieden zu sein. Offenbar wollte man ihre Pflege intensivieren. Vielleicht wäre es ja nur eine Frage von Monaten, bis man sie wieder für tauglich befand, dem Führer zu dienen.
    »Thieringer hegt keinen Verdacht«, begann Kröner gedämpft und sah zwischen Lankau und Schmidt hin und her. »Aber die Aussichten sind nicht gut. Ehe wir es uns versehen, sind wir wieder auf unseren Posten. Was glaubt ihr, wie es weitergehen soll? Hat der Postbote eine Lösung für das Problem, Schmidtchen?«
    »Himmelherrgott, ich werde schon dafür sorgen, dass ich nicht an die Front komme. Das könnt ihr doch wohl auch!«, brummte Lankau und senkte die Stimme. »Wenn ihr mich fragt, haben wir hier ganz andere Probleme!« Er stand auf und baute sich vor dem Kalendermann auf.
    »Steh auf, Fricke. Du liegst jetzt da«, sagte er und klopfte auf das Bett. Der Kalendermann machte keine Anstalten, sich zu bewegen. Er hatte nicht erkannt, wie ernst es dem Breitgesichtigen war. Nachdem er zum dritten Mal geklopft hatte, hielt Lankau ihm die geballte Faust vors Gesicht. »Beim nächsten Mal bleibt es nicht bei der flachen Hand, ist das klar? Dann kommt die hier. Ziehst du jetzt um?«
    »Was glaubst du, wie die Krankenschwestern diese dauernden Bettenwechsel finden? Musst du jetzt auch noch bestimmen, wo du liegst?« Kröner wirkte müde.
    »Das merken die doch gar nicht, Hauptsache, das richtige Krankenblatt steckt im richtigen Halter. Basta!« Er schlug die Klappen auf und drehte sich zu Dieter Schmidt um, der nun erneut sein Nebenmann war. »Jetzt sind wir wieder eine kleine Familie. Und jetzt antwortest du auf unsere Fragen, Kamerad! Spuck aus, wo der Postbote steckt und was du in drei Teufels Namen von seinen Plänen weißt. Anschließend kannst dumir dann auch erzählen, was wir mit den beiden Typen da machen!« Der Breitgesichtige deutete auf Bryans leeres Bett und dann mit dem Daumen in Richtung James, ohne dabei den Blick von Dieter Schmidt abzuwenden. »Die beiden wissen zu viel, das glaube ich auch. Die sind derzeit unser größtes Problem.« Er sah zu James hinüber, der die Augen geschlossen hatte. »Was wird passieren, wenn der dämliche von der Leyen wieder versucht, abzuhauen? Glaubst du, der Postbote kann mir das sagen?«
    »Vermutlich.« Dieter Schmidt sah ihn eiskalt an.
    »Dann sag uns das, verdammt!«
    Die Schritte auf dem Gang alarmierten Lankau.
    Als Schwester Petra bei ihnen hereinschaute, lagen alle stumm in ihren Betten. Petra reagierte nicht auf Lankaus neuen Platz. Sie hatte nur Augen für James.
     
    In der Nacht setzten die Simulanten ihr Gezänk um die Schätze im Güterwaggon und um den Postboten fort. Und um Bryan.
    James konnte sich kaum noch rühren. Das latente Gefühl, sich erbrechen zu müssen, war inzwischen ein Dauergast geworden. Er wurde unruhig. So lange war Bryan noch nie zu einer Schockbehandlung weg gewesen. Alle im Raum waren besorgt, allerdings aus höchst

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