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Das alte Kind

Das alte Kind

Titel: Das alte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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über das Hutchinson-Gilford-Syndrom. Nichts, was ihr der Kinderarzt nicht schon erzählt hätte.
    Sie rief ihn an und fragte, ob sie die Medizinische Bibliothek im Benjamin-Franklin-Krankenhaus benutzen durfte. Zwei Stunden später saß sie auf einem wackeligen Holzstuhl in der Bibliothek und wälzte Forschungsliteratur. Sie verstand auf Anhieb nicht viel, aber sie sah die Fotos der Kinder, zerbrechliche, haarlose junge Greise, sah die Zukunft von Fliss und weinte still und regungslos, bis Dr. Bartholomay kam und sie sanft aus der Bibliothek führte, direkt zu einem Kollegen in der Psychiatrie, wo man ihr, ohne viele Fragen zu stellen, eine Beruhigungstablette und einen Becher Wasser reichte.

Berlin, Dezember 1979
     
    »Das ist doch der Beweis«, sagte Carla und tippte mit dem Finger auf eine Stelle in dem Medizinbuch, das sie sich ausgeliehen hatte. »Diese Krankheit ist ein Gendefekt. Fliss ist nicht unser Kind.«
    Dr. Bartholomay schüttelte den Kopf. »Sie verwechseln da etwas. Es ist nichts, was Sie oder Ihr Mann an Erbinformationen weitergegeben haben. Er beugte sich vor, schob das Buch ein wenig zur Seite und klappte es sanft zu. »Es handelt sich um einen Fehler, der in einem ganz frühen Stadium bei der Teilung der befruchteten Eizelle entstanden ist. Unterbrechen Sie mich, wenn ich Ihnen etwas erklären soll.«
    Sie stützte ihren Kopf schwer auf ihre Hände und seufzte. »Nein, ich verstehe, was Sie sagen, aber ich glaube es nicht. Wie können Sie so sicher sein? So oder so, Fliss ist nicht meine Tochter. Haben Sie endlich diesen Test gemacht?«
    Sie saßen in Carlas Bibliothek. Sally hatte ihnen Kaffee gebracht und sich dann wieder zurückgezogen, um sich um Fliss zu kümmern. Carla brachte es immer noch nicht über sich, mit dem Kind zu spielen, ihm vorzulesen, es zärtlich in die Arme zu schließen. Sally sagte immer wieder: »Ich bin nicht ihre Mutter.« Und Carla antwortete für gewöhnlich: »Ich auch nicht.«
    Dr. Bartholomay rührte Zucker in seinen Kaffee. »Ich habe die Blutgruppenbestimmung gemacht, ja.«
    »Und? Was ist dabei rausgekommen?« Sie rutschte aufgeregt in ihrem Sessel nach vorn.
    »Sie haben A. Ihr Mann hat die seltene Blutgruppe AB. Und Fliss hat, genau wie Sie, A.«
    »Aber viele Menschen haben A, richtig? Über vierzig Prozent, ich habe das irgendwo gelesen…« Sie blätterte nervös in dem Medizinbuch, das vor ihr lag. »Irgendwo stand das doch…«
    »Frau Arnim, Sie haben recht, es ist kein Beweis dafür, dass Fliss Ihre Tochter ist, aber es heißt auch, dass sie durchaus Ihre Tochter sein kann.«
    »Sie ist nicht meine Tochter!« Carla erschrak über die Heftigkeit in ihrer Stimme. »Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht anschreien. Verzeihen Sie. Ich bin nur…Es ist einfach alles viel zu viel für mich.«
    Dr. Bartholomay nickte. »Ein krankes Kind ist immer eine schlimme Nachricht. Und ich habe wirklich sehr lange über Ihren Fall nachgedacht. Mich mit Kollegen beraten. Darf ich Sie etwas fragen? Und, bitte, lassen Sie es uns für den Moment nur als Gedankenspiel sehen. Werten Sie es nicht als Angriff auf Ihre Glaubwürdigkeit.«
    Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Ich habe mich dran gewöhnt, dass Sie und Ihre Kollegen denken, ich sei wahnsinnig. Mein Mann hat mir mehr oder weniger verboten, mit irgendjemandem, der keinen hippokratischen Eid abgelegt hat, darüber zu reden. Die einzige Vertraute, die ich hatte, ist…« Sie stockte. »…ist momentan verhindert. Ich habe also die Wahl, mit Leuten zu reden, denen ich etwas vormachen muss, damit sie denken, mein Leben sei ganz wunderbar. Oder mit Leuten, die davon überzeugt sind, dass ich spinne. Sie sehen, es bringt mir gerade nicht so viel, bei meinen sozialen Kontakten mit den Gesprächsthemen wählerisch zu sein. Also ja, lassen Sie uns Gedankenspiele machen, von mir aus. Spielen Sie mit einer Verrückten.«
    »Ich glaube keineswegs, dass Sie verrückt sind.«
    »Ach nein?«
    »Ich sage Ihnen, was möglicherweise passiert ist.«
    »Da bin ich aber mal gespannt. Sind wir also schon bei Ihrem Gedankenspiel angelangt?«
    »Jetzt, wenn Sie gestatten. Ich stelle mir Folgendes vor: Eine Mutter kennt ihr Kind wie niemand sonst auf der Welt. Sie sieht es jeden Tag rund um die Uhr. Man kann ihr nichts vormachen, jede noch so kleine Veränderung des Säuglings wird von ihr registriert, sogar winzigste Veränderungen, die einem Außenstehenden niemals auffallen würden. Die Mutter wird nun von ihrem Kind eine Weile

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