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Das alte Königreich 01 - Sabriel

Titel: Das alte Königreich 01 - Sabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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verlagerte ihren Griff ein wenig und machte sich daran, die Geistform zurück zum Leben zu ziehen. Es war anstrengend und viel schwieriger, als sie erwartet hatte. Die Strömung schien für diese Seite des Ersten Tores viel zu stark zu sein, und der kristallisierte Geist – oder was immer es war – erwies sich als viel schwerer, als irgendein Geist sein konnte.
    Sabriel konzentrierte sich mit aller Kraft darauf, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren und in die rechte Richtung zu stapfen. Beinahe wäre ihr entgangen, dass der Lärm endete, ein Phänomen, das immer eintrat, wenn irgendetwas das Erste Tor passierte. Doch während der letzten Tage hatte Sabriel gelernt, wachsam zu sein, und ihre bewussten Ängste hatten sich in unterbewusste Vorsicht gehüllt.
    Sie lauschte aufmerksam und hörte das Platschen von etwas, das sich halb watend, halb kriechend stromauf bewegte, so leise es konnte. Etwas, das auf sie zukam.
    Etwas Totes, das sie zu überraschen hoffte…
    Anscheinend war jenseits des Ersten Tores Alarm geschlagen worden, und was immer auf sie zu pirschte, kam herbei, um nachzusehen. Sabriel war wütend über ihre Dummheit und blickte auf ihre Last hinunter. Tatsächlich verlief eine schwarze Linie, so fein wie Baumwollgarn, vom Arm ins Wasser – und von dort zu den tieferen, dunkleren Regionen des Todes. Es war kein leitender Faden, sondern einer, der irgendeinen fernen Adepten wissen ließ, dass der Geist bewegt worden war. Zum Glück würde Rannas Stimme die Nachricht verzögert haben. Doch war sie, Sabriel, dem Leben nahe genug?
    Sie beschleunigte ihre Schritte ein wenig, allerdings nicht zu sehr, weil sie vortäuschen wollte, den Jäger nicht bemerkt zu haben. Was immer er war – er schien sich ihr nur widerstrebend zu nähern.
    Wieder ging sie ein bisschen schneller; Furcht und Anspannung verliehen ihr neue Kraft. Wenn der Jäger sie überfiel, müsste sie den Geist unweigerlich fallen lassen – und dann würde er davongetragen und für alle Zeit verloren sein. Welche Magie auch immer diesen Geist hier an der Grenze am Leben erhielt – jenseits des Ersten Tores konnte sie ihm wahrscheinlich nicht mehr helfen. Wenn ihm etwas zustößt, dachte Sabriel, wäre mein Einschreiten keine Rettungsaktion, sondern Mord.
    Vier Schritte zum Leben – dann drei. Der Jäger kam näher. Sabriel konnte ihn fast am Grund des Flusses sehen. Er kroch noch, jetzt aber schon viel schneller. Offenbar war er ein Bewohner des Dritten oder sogar eines noch späteren Tores, denn sie konnte seine ursprüngliche Gestalt nicht erkennen. Jetzt sah er jedenfalls aus wie eine Kreuzung zwischen Schwein und Wurm; halb rennend, halb sich dahinschlängelnd, kam er näher.
    Zwei Schritte. Sabriel verlagerte ihren Griff erneut und schlang den linken Arm nun ganz um die Brust des Geistes. Dadurch konnte sie sein Gewicht auf ihre Hüfte verteilen und den rechten Arm frei bekommen. Trotzdem vermochte sie weder ihr Schwert zu ziehen noch an die Glocken heranzukommen.
    Die Kreatur begann zu grunzen und zu zischen und bewegte sich schneller. Seine langen gelben Stoßzähne glitten durchs Wasser und sein langer Körper schlängelte sich hinterdrein.
    Sabriel machte einen Schritt zurück, drehte sich um und warf sich mit ihrer kostbaren Last kopfüber ins Leben. Sie musste all ihre Willenskraft aufbringen, um durch die Bannzauber des Schlucklochs zu gelangen. Einen Augenblick schien es ihr, sie würden abgestoßen; dann aber waren sie wie eine Nadel durch ein Gummiband hindurch.
    Schrilles Quieken folgte ihr, doch nichts weiter. Sabriel bemerkte, dass sie mit dem Gesicht auf dem Boden lag. Ihre Hände waren leer. Eiskristalle knirschten, als sie von ihrem kalten Körper fielen. Sie bewegte leicht den Kopf und sah Mogget, der sie anstarrte, dann aber wieder die Augen schloss und weiterschlief.
    Sabriel rollte herum und erhob sich ganz langsam. Sie spürte, wie ihre Schmerzen wiederkehrten, und wunderte sich, weshalb sie sich auf eine so hastige und unüberlegte Rettungsaktion eingelassen hatte. Trotzdem hatte sie es geschafft. Der Geist des Mannes war, wo er hingehörte: zurück im Leben.
    Dachte Sabriel zumindest, bis sie die Galionsfigur sah. Rein äußerlich hatte sie sich nicht verändert, obwohl sie jetzt den lebenden Geist darin spüren konnte. Verwundert berührte sie das unbewegliche Gesicht, und ihre Finger folgten der Holzmaserung.
    »Ein Kuss«, murmelte Mogget schläfrig. »Eigentlich würde schon ein Atemzug genügen. Aber

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