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Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
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sprang den Mann an, ehe er erneut ausholen konnte. Das scharfe Metall bohrte sich in den rechten Oberarm des Angreifers. Die Axt fiel zu Boden. Sie rollten in einem verbissenen Zweikampf über den Weg. Der Räuber war größer und schwerer als Julian, und Julian wurde zu Boden gedrückt. Große, schwielige Hände legten sich um Julians Kehle. Seine Finger tasteten verzweifelt über den sandigen Boden der Straße und stießen an etwas Hartes. Julians Hand schloss sich um den Stein, und mit letzter Kraft hob er seinen Arm und schlug den Stein, so hart er konnte, auf den Kopf seines Gegners. Stöhnend sackte der in sich zusammen, der Druck der Hände ließ nach, und Julian tat einen schmerzhaften Atemzug. Er blickte hoch und sah im gleichen Moment einen weiteren Räuber auf ihn zustürmen. Julian wollte sich bewegen und den Körper des Bewusstlosen von sich herabschieben, aber er lastete schwer auf ihm. Er hatte keine Waffe, um sich zu verteidigen, und lag wehrlos auf dem Boden. Der Räuber hatte ihn erreicht, ein wütendes Grinsen zog sich über sein Gesicht, als er mit seiner Axt ausholte. Im gleichen Moment, in dem das scharfe Metall auf ihn niedersauste, stemmte Julian den schlaffen Körper, der auf ihm lag, der Axt entgegen. Mit einem fürchterlichen Geräusch drang sie in den Rücken des anderen Räubers. Der Mann mit der Axt stieß ein wildes Brüllen aus, packte seinen toten Kumpanen am Arm und riss ihn von Julian herab, der nicht mehr genug Kraft hatte, um aufzuspringen. Wieder hob der Mann die Axt, als plötzlich etwas aus der Dunkelheit schoss. Viviana sprang dem völlig überraschten Räuber von hinten gegen den Rücken, sodass er strauchelte und auf die Knie fiel. Ehe er sich besinnen konnte, hatte sie ihn an den Haaren gepackt, riss seinen Kopf hoch und schnitt ihm mit einer einzigen Bewegung die Kehle durch. Blut spritzte pulsierend aus der klaffenden Wunde. Julian starrte Viviana mit offenem Mund an und erhob sich mühsam. Sie stand still neben dem toten Mann und starrte fassungslos auf den blutigen Dolch in ihrer Hand.
    »Viviana?«
    Der Dolch glitt aus ihren Fingern und fiel zu Boden. Julian fasste sie am Arm.
    »Viviana?«
    Sie blickte ihn mit riesigen Augen verstört an.
    »Komm, Viviana.« Er drehte sie sanft von dem Toten weg und führte sie ein Stückchen weiter.
    »Setz dich hier ein kleines Weilchen hin und ruh dich aus.« Er drückte sie ins Gras. »Ich bin gleich wieder da. Du bleibst hier brav sitzen, verstanden?«
    Viviana nickte apathisch. Sie hat einen Schock, dachte Julian und strich ihr beruhigend über die Wange. Er humpelte zurück zum Kampfplatz und untersuchte die Männer, die dort lagen. Es waren fünf, und sie waren alle tot. Von Rinaldo oder den Reittieren keine Spur, so weit er das im Dunkeln erkennen konnte. Er blickte über die Schulter zu Viviana, die bewegungslos im Gras saß. Hier gab es vor Tagesanbruch nichts mehr zu tun, und er musste sich dringend um Viviana kümmern. Julian wusste, dass Menschen an einem schlimmen Schock sterben konnten. Er hatte gehört, dass einmal eine Frau vor Schreck tot umgefallen war, als der Kopf eines Hingerichteten anstatt in den dafür vorgesehenen Korb vor ihre Füße gerollt war. Er ging zurück zu Viviana und kniete sich neben sie. Sie sah ihn immer noch mit diesem seltsam unbeteiligten Blick an.
    »Viviana, es ist alles gut.« Er nahm sie in die Arme und wiegte sie leicht hin und her. Nach einem Augenblick entspannte sich ihr Körper, und sie begann zu zittern. Er hörte sie schluchzen.
    »Es ist alles gut«, wiederholte er leise und streichelte ihr über den Rücken. Nach einer Weile beruhigte sie sich.
    »Wo ist Rinaldo?«
    »Ich weiß es nicht, aber er ist nicht unter den Toten.«
    Sie standen auf.
    »Bist du verletzt, Viviana?«
    »Nein. Aber du bist verletzt.«
    »Es ist nicht so schlimm, wie es wahrscheinlich aussieht.« Julian stieß einen Pfiff aus und lauschte. Er pfiff noch einmal, und sie hörten ein Geräusch im Wald. Der Fuchs tauchte vorsichtig aus dem Unterholz auf.
    »Komm schon, mein Junge, die Luft ist rein«, lockte Julian sein Tier, das zutraulich zu ihm hintrabte.
    Julian hob Viviana in den Sattel und stieg dann selbst auf. Er dirigierte das Tier auf die Straße und in Richtung Haxwell. Er hatte einen Arm um Viviana gelegt, mit der anderen Hand hielt er die Zügel. Viviana saß quer vor ihm, hatte beide Arme um ihn geschlungen und lehnte mit geschlossenen Augen an seiner Brust. Sie hatte ihm das Leben gerettet! Doch

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