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Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
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nicht meine Sache, und ich habe auch nicht das Recht, mich in deine Angelegenheiten zu mischen.«
    Er räusperte sich und fuhr fort: »Aber es freut mich sehr, dass du mir endlich dein Vertrauen schenkst. Ich werde es niemals missbrauchen, das verspreche ich dir.« Er nahm ihre Hand und drückte sie kurz. Viviana holte tief Luft.
    »Ich weiß nicht, wer ich bin. Viviana ist nicht einmal mein richtiger Name. Ich erinnere mich nicht an meinen Namen. Rinaldo hat ihn mir gegeben.« Sie schluckte hart und blinzelte ein paar Tränen aus den Augen.
    »Vor etwa einer Woche bin ich an einen Strand in Devon gespült worden. Das ist alles, was ich weiß. Rinaldo war zufällig auch in dem kleinen Fischerdorf. Er war sehr freundlich zu mir und hat mir angeboten, ihn nach Saint Albans zu begleiten, in der Hoffnung, dass ich auf dem Weg mein Gedächtnis wiederfinde.«
    Julian hörte ihr schweigend zu. Er hatte sich alles Mögliche vorgestellt und war auf vieles vorbereitet gewesen, aber diese Geschichte war eine echte Überraschung.
    »Und bisher ist dir nichts bekannt vorgekommen?«
    »Nein, gar nichts.«
    »Ist außer dir noch etwas anderes angespült worden?«
    Viviana schüttelte den Kopf.
    »Ich hatte auch nichts bei mir. Nur mein Kleid und dieses Medaillon.« Ihre Finger berührten das schlichte Schmuckstück an ihrem Hals. »Es ist leer. Was immer darin gewesen sein mochte, ist verloren gegangen.«
    »Darf ich mal sehen?«
    Viviana nahm die Kette ab und reichte sie Julian. Auch seine eingehende Untersuchung brachte keinen Hinweis zutage.
    »Ich habe von keinem Schiffsunglück in letzter Zeit gehört«, sagte Julian gedankenverloren. »Du bist wahrscheinlich über Bord gegangen. Es wäre sinnvoller, an der Küste zu suchen.«
    »Wie denn? Ich besitze nichts, und jetzt habe ich auch noch Rinaldo verloren!« Plötzlich quollen Tränen aus ihren Augen. Meine Güte, wie unsensibel er war, dachte Julian ärgerlich und ergriff schnell wieder ihre Hand.
    »Wir werden morgen nach Rinaldo suchen. Wir werden ihn finden. Und komme, was wolle, ich werde dich nicht im Stich lassen, Viviana.«
    Viviana wischte sich mit der anderen Hand über die Augen.
    »Es tut mir leid. Ich bin eine Last, aber ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll.«
    »Unsinn, du bist keine Last. Morgen werden wir weitersehen. Am besten, du gehst jetzt schlafen, und ich sollte das auch tun.«

• 9 •
    A ls am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang der Hahn krähte, hatte Julian Mühe, aufzustehen. Er fühlte sich wie zerschlagen, und ein Blick auf seine zahlreichen blauen Flecke und Verletzungen bestätigten dieses Gefühl. Gestern Abend war er, kaum dass er sich hingelegt hatte, auch schon eingeschlafen. Er saß auf der Bettkante und versuchte, seine Gedanken zu ordnen, denn er hatte noch keine Zeit gehabt, über alles nachzudenken. Stöhnend erhob er sich und zog sich an. Das Mädchen hatte über Nacht seine Jacke geflickt, und Julian nahm sich vor, ihr ein Silberstück extra zu geben. Als er in den Schankraum hinunterkam, saß Viviana bereits an einem der Tische und trank einen Becher warmer Milch.
    »Guten Morgen. Du bist schon auf?«
    »Ich konnte nicht schlafen, und wir müssen nach Rinaldo suchen.«
    Julian runzelte die Stirn.
    »Willst du wirklich mitkommen? All die toten Räuber sind sicher kein schöner Anblick. Wer weiß, was die wilden Tiere während der Nacht mit den Leichen angestellt haben.«
    »Selbstverständlich komme ich mit.«
    Julian setzte sich zu ihr.
    »Wie du meinst.«
    Der Wirt kam, brachte eine riesige Pfanne mit Rührei und Speck und stellte sie auf den Tisch. Während sie ihr Frühstück aßen, kamen nach und nach die Männer des Dorfes in den Gasthof. Sie würden Julian und Viviana zu der Stelle des Überfalls begleiten. Eine Räuberbande so nahe bei Haxwell war auch ihre Angelegenheit.
    Zwanzig Minuten später brachen sie auf. Viviana ritt mit Julian. Sie saß quer hinter ihm auf dem Pferderücken und hatte die Arme um seine Mitte geschlungen. Die Strecke, die Viviana letzte Nacht schier endlos vorgekommen war, war nicht mehr als ein Ritt von vielleicht drei Meilen. Julian hob die Hand und drehte sich zu den Männern des Dorfes um.
    »Ehe wir alle hier herumstapfen, würde ich gerne die Stelle einmal allein abgehen. Wir könnten sonst zu leicht etwas übersehen, was wichtig ist.«
    Er stieg ab, hob Viviana vom Pferd und drückte ihr die Zügel in die Hand. Der Anblick, der sich ihnen im klaren Licht des frühen Tages bot, war wahrlich

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