Das Amulett der Pilgerin - Roman
Waffendienst.
»Ich habe lieber ein Stück Land zu bewirtschaften und kann meine Familie ernähren, als eine Freiheit, die keine ist. Stolz kann man nicht essen.«
»Das ist verständlich.«
»Nicht für meinen Schwiegervater. Schließlich sind nun auch seine Enkel Hörige, und ich habe sie um ihre Freiheit betrogen.«
»Sie hätten nicht viel von ihrer Freiheit gehabt, wenn sie vorher verhungert wären.«
Harold blieb stehen.
»Ich weiß auch nicht, warum ich Sie mit meiner Geschichte belästige. Wir begegnen selten Fremden hier draußen. Verzeihen Sie mir.«
»Wofür? Ich verstehe Ihre Gründe. Es ist einfach, am Ende seines Lebens eine unumstößliche Meinung zu haben. Es ist nicht so einfach, wenn das Leben noch vor einem liegt und gemeistert werden will.«
»Ja, da haben Sie recht. Dort ist Ihr Gepäck. Gute Nacht und bis morgen.«
»Gute Nacht.«
Trotz seiner Erschöpfung lag Julian wach, starrte in die Dunkelheit und konnte durch eine Luke im Dach den Sternenhimmel sehen. Irgendwo da draußen in der Nacht war Viviana. Julian betete, dass es ihr gut ging, dass sie nicht verletzt oder verängstigt war. Er hatte sie in Yeovil abgewiesen, und das hatte ihn seine ganze Selbstbeherrschung gekostet. Er hatte gesagt, dass er es nicht ertragen würde, sie zu besitzen und dann wieder zu verlieren. Jetzt hatte er sie verloren, und obwohl sie nicht sein war, war es trotzdem kaum auszuhalten. Er musste sie unbedingt wiederfinden, und dann würde er sie nie mehr gehen lassen.
Julian hatte am nächsten Tag Unterstützung von Paul und einem seiner Enkel, aber die Suche nach Viviana blieb erfolglos. Zudem stellte sich heraus, dass der Apfelschimmel am Vortag gegen drei Ziegen und zwei Sack Saatgut eingetauscht worden war. Es blieb Julian also nichts weiter übrig, als am Nachmittag Pauls Angebot, ihn auf seinem Karren nach Shaftesbury zu fahren, anzunehmen, in der Hoffnung, dass er dort ein Ersatzpferd für den Fuchs auftreiben könnte.
Shaftesbury war eine große Stadt mit einem überaus wohlhabenden Benediktinerinnenkloster und eigenem Münzrecht. Die Gebeine des Heiligen Edward lagen hier und waren ein Anziehungspunkt für viele Pilger von nah und fern. Möglicherweise war auch Rinaldo unter ihnen, aber Julian glaubte nicht an seine Wallfahrtsgeschichte, und so erwartete er auch nicht Rinaldo oder Viviana zu finden, als er in den zahlreichen Herbergen nach ihnen fragte.
»Einen großen Ausländer mit heller Stimme suchen Sie?« Der Wirt blickte Julian neugierig an. »Da sind Sie nicht der Erste heute, der fragt.«
»Tatsächlich?«
»Vor einer halben Stunde war ebenfalls jemand hier.«
»War es eine Frau?«
Der Wirt schüttelte den Kopf, und der Funken Hoffnung, eine Spur von Viviana gefunden zu haben, erlosch in Julians Herzen ebenso schnell, wie er aufgeflammt war.
»Wie sah der Mann aus?«
»Hm, durchschnittlich, würde ich sagen. Hier kommen jeden Tag so viele Leute rein.« Der Wirt verschwand kurz unter dem Tresen, um eine Anzahl frischer Bierkrüge hervorzuholen. »Die kann ich mir nicht alle merken.«
»Und den Südländer haben Sie nicht gesehen?«
Der Wirt schüttelte den Kopf.
Jemand fragte nach Rinaldo! Das war eine heiße Spur, und er musste sie unbedingt verfolgen. Aber er musste auch Viviana wiederfinden. Solange er beides miteinander verbinden konnte, würde er keine Entscheidung treffen, sagte Julian sich und setzte zielstrebig seine Suche fort. Wer auch immer nach Rinaldo suchte, ging ebenso gründlich vor wie er selbst. Obwohl niemand Viviana gesehen hatte, hörte er mehrmals, dass bereits jemand nach Rinaldo gefragt hatte. Es gab eine Unmenge an Unterkünften für die vielen Pilger, und es würde ewig dauern, bis er sie alle abgeklappert hatte. Es war bereits spät, als er schließlich eine etwas andere Antwort als bisher bekam.
»Sie suchen auch den Südländer? Ihr Freund war schon hier, und ich habe gerade eine Nachricht in den ›Gelben Hund‹ geschickt.«
»Großartig! Wo ist er?«
»Der Südländer?«
Julian nickte.
»Weiß ich nicht.«
»Das nützt mir nicht viel.«
»Er hat nicht gesagt, wohin er wollte, und ich habe nicht gefragt. Aber er hat gut für das Pferd gezahlt. So ein Riesenkerl wie der braucht auch einen kräftigen Gaul.«
Julians Geduld wurde arg strapaziert.
»Wann hat er das Pferd gekauft?«
»Gegen Mittag. Er hat mit meinem Burschen gesprochen, der hat mir erst jetzt davon erzählt.«
Julian wandte sich zum Gehen.
»He, was ist mit dem Silbertaler,
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